Kapitel 04 ❀ questions

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ALIÉNOR

Ich sah in das Graublau seiner Augen. Dieses so kühle Blau wirkte zugleich unscheinbar, als könnten solche Augen selbst die hässlichsten Lügen verschleiern.

Jedoch konnte die Farbe dieser nicht verhindern, dass er sich alles andere als unschuldig und würdevoll verhielt. Spätestens, als sich ein fast schon hämisches Schmunzeln auf seinen Lippen gebildet hatte, war meine Hoffnung verflogen. „Den exakten Termin kann ich Euch wohl schwer mitteilen, Hoheit", erwiderte er schließlich, sodass ich es nicht unterdrücken konnte, genervt auszuatmen.

„Ihr wisst, wovon ich spreche, Majestät."

Am liebsten hätte ich die Arme vor meiner Brust verschränkt, entschied mich dann aber dafür, Haltung zu bewahren.

Mir kam es in Sinn, dass wir uns in unserer gemeinsamen Nacht gegenseitig geduzt hatten. Selbst ich, die keine Probleme hatte, Menschen vertraut mit „Du" anzureden, empfand das jetzt nur noch als widerwärtig.
Er war kein Freund von mir, noch nicht mal ein guter Bekannter. Klar, wenn man es so sah, hatte er mir nichts getan. Doch etwas in mir konnte feststellen, dass es sich etwas in ihm verändert zu haben schien.

„Und Ihr glaubt, dass ich es Euch erzählen würde. Mein Leben mit Eurer Schwester kann diese Euch doch bestimmt viel besser erläutern." Seine Stimme schien ausgesprochen kühl, einen neckischen Unterton konnte ich trotz alledem herausfiltern.

Stumm presste ich die Lippen aufeinander. Louis-Antoines Augen blitzten triumphierend auf, da ich nichts auf seinen Vorschlag erwiderte.

Ob ich wohl immer noch einen Platz in seinem Herzen besaß? Ich, die er mit einen wunderschönen Rose verglichen hatte, da sie so mutig und gefährlich und zerbrechlich zugleich war?
Ich wusste nicht, was diese Tatsache für mich selbst bedeuten würde.

„Louis, Ihr seid zurück!" Ich wirbelte herum, um meine Schwester am Ende des Ganges zu erblicken. Instinktiv wollte ich einen Schritt von Louis-Antoine zurücktreten, unterließ es jedoch daraufhin. So sah ich zu, wie sie liebevoll eine Hand auf die Schulter unseres Cousins legte, während sie mir zulächelte.

Von der Auseinandersetzung, die beide immer noch führten, erfuhr ich gar nichts. „Ich habe mir gleich gedacht, dass ich dich hier antreffen würde, Aliénor... die Galerie ist wundervoll, n'est-ce pas?"

„Wie ein privates Museum. Ihr könnt Euch sehr glücklich schätzen, über so viele Kunstwerke zu verfügen", erwiderte ich flötend und musste ebenso schmunzeln. Briennes Gegenwart konnte mich nach dieser langen Zeit der Trennung augenblicklich aufheitern.

Einige Zeit blickten wir zu dem Portrait unserer Vorfahrin hinauf, bevor ich mich räusperte. „Ich sollte gehen... Maman wartet auf mich. Außerdem möchtet Ihr sicherlich alleine mit meiner Schwester sein. Es war freundlich von Euch, dass Ihr Euch mit mir unterhalten habt."

Ich knickste vor dem Kaiser, lächelte meiner Schwester zum Abschied zu und schritt dann den Gang hinunter, um den Weg zum Südflügel einzuschlagen. Brienne winkte mir hinterher, nachdem sie ihren rechten Arm um ihren Verlobten geschlungen hatte.

Nach und nach erstarben meine Schritte jedoch. Ich wusste nicht, woran es genau lag, doch war ich neugierig, wie die zwei sich, wenn sie allein miteinander waren, verhalten würden. So spähte ich vorsichtig um die Ecke, die ich soeben eingeschlagen hatte.

PRINCESS OF TULIPS  ᵗᵉⁱˡ ᶻʷᵉⁱWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu