Kapitel 4

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Kapitel 4 – Gespielte Freude

Narie tritt zwei Schritte heraus und sieht zu Boden, wo die Kameras stehen. Sie ist geblendet vom beißenden Licht der Lampen und versucht die Augen nicht zusammenzukneifen. Das Licht verleiht der ganzen Situation noch eine gewisse Kälte, die es für Narie nur noch unangenehmer macht, hier jetzt zu stehen. Sie weiß, dass sie warm genug gekleidet ist, doch sie zittert schrecklich. Krampfhaft versucht sie dieses Zittern zu verbergen und presst die Arme an den Körper. Das Geräusch von Applaus ertönt und Narie weiß, dass es der Applaus aus dem Kapitol ist, der hier per Lautsprecher hin übertragen wird. Wow, wie persönlich.

»Dort ist sie, Narie Summers!«, hört sie Caesar Flickermans Stimme und beginnt zu lächeln. Der Applaus wird stärker und Narie fühlt sich zunehmend unwohler, da sie die ganze Aufregung um ihre Person noch nie gut fand. Ihr gegenüber öffnet sich eine Tür.

»Und dort ist Marvel Sanford!«, verkündet Caesar als er die Treppen herunter geht und ebenfalls auf die Kameras sieht. Dann sieht er auf und sein Blick trifft den von Narie. Augenblicklich setzen sich beide in Bewegung, erst gehen sie, dann laufen sie und fallen sich anschließend in die Arme.

»Oh mein Gott, Marvel!«, murmelt Narie erfreut, noch ungläubig, dass er endlich wieder vor ihr steht.

»Ich bin so froh dich zu sehen.«, meint er und will sie am liebsten gar nicht mehr loslassen, doch Caesars Stimme unterbricht die Wiedersehensfreude.

»Da freuen sich ja scheinbar zwei sich zu sehen.«, stellt er fest und instinktiv sieht Narie zu einer der Kameras, die wahrscheinlich gerade jedes Detail aufnehmen. Sie beginnt gespielt zu grinsen, doch das Kapitol wird ihr ihr Grinsen abkaufen, das weiß sie. Auch Marvel beginnt zu grinsen, allerdings eher, weil er sich freut Narie wieder zu sehen.

»Hallo, Narie. Wie geht es dir?«, beginnt Caesar nun und Narie könnte kotzen. Als ob es irgendjemanden interessiert wie es ihr geht. Doch trotzdem lächelt sie. Sie holt tief Luft bevor sie antwortet und versucht ihre Stimme glaubhaft klingen zu lassen. Sie muss es schaffen Snow zu überzeugen.

»Mir geht es wunderbar, Caesar.«, meint sie und sieht kurz zu Marvel. Dieser sieht ebenfalls zu ihr. In seinem Blick kann Narie Verwirrung erkennen. Verständlich, sie hatte das Kapitol immer wieder schlecht geredet, hatte häufig gesagt wie sehr sie die Menschen dort hasst. Narie sieht mit großen Augen zu Marvel hoch. In ihren Augen erkennt er ihre stumme Bitte und fast unmerklich nickt er.

»Und Marvel? Wie geht es dir?«, wendet sich Caesar nun an Marvel und er sieht zur Kamera.

»Mir geht es auch gut. Ich freue mich hier sein zu dürfen.«, meint er und lächelt, doch Narie erkennt, dass es ein gespieltes Lächeln ist. Doch trotzdem ist sie heilfroh, dass Marvel nicht sofort wieder den Hass des Kapitols auf sich zieht.

»Habt ihr euch zu Hause wieder gut eingelebt?«, fragt Caesar dann die nächste Frage und wieder sieht Narie direkt in die Kamera ehe sie antwortet.

»Es ist schön wieder hier zu sein. Die letzten Tage zusammen mit meiner Familie waren sehr schön.«, Narie stellt sich anders hin um nicht den Eindruck zu machen, als hätte sie keine Lust auf die ganze Sache hier, auch wenn es in Wirklichkeit so ist. Marvel legt ihr einen Arm um die Schultern, wohl wissend wie die Leute im Kapitol darauf reagieren werden.

»Das klingt ja toll. Und Marvel, wie war es bei dir?«, nun wendet sich Caesars Stimme aus dem Lautsprecher neben der Kamera an ihn. Narie hört nur wie er tief durchatmet, wahrscheinlich, weil er sich selber dazu zwingen muss nicht zu verraten, dass er in seinem Distrikt gehasst wird. Das würde Snow erstens gar nicht gefallen und auf der anderen Seite wirft es ein unheimlich schlechtes Licht auf Distrikt 1.

»Es läuft gut. Dank dem Kapitol kann ich nun besser leben als vorher.«, erzählt er und Caesar nickt.

»Gut, dann werden wir uns bald wieder sehen. Viel Spaß auf der Tour.«, meint er noch und der Bildschirm wird dunkel, die Kameras schalten sich aus. Augenblick verschwindet die Kälte, die noch eben mehr als nur deutlich zu spüren war und es wird gespenstisch still, jetzt wo der Applaus fehlt.

Narie wendet den Blick zu Marvel, welcher sie glücklich anlächelt.

»Ich bin so froh dich endlich zu sehen. Snow wollte mich partout nicht gehen lassen.«, erklärt Marvel und Narie nickt nur wissend.

»Das hatte ich ehrlich gesagt auch von ihm erwartet.«, antwortet sie ihm und setzt sich langsam in Bewegung ihres Hauses. Sie weiß, dass Marvel ihr folgt.

»Hätte ja sein können, dass du hier bleibst.«, meint sie nur spöttisch und geht die wenigen Stufen zu ihrem Haus hoch.

»Das wäre auch so schlimm gewesen.«, meint Marvel nur. Genau wie Narie kann auch er nicht verstehen, wieso Snow auf alle Fälle verhindern wollte, dass Marvel Narie besuchen kommt.

Narie öffnet die Tür zu ihrem Haus und sofort kommt ihre Mutter angestürmt.

»Hallo Marvel. Ich bin Alice. Es ist so schön dich endlich mal persönlich zu treffen.«, überfällt sie ihn und zieht ihn sofort in eine Umarmung. Doch zu Naries Überraschung stört das Marvel nicht im Geringsten, nein, er erwidert die Umarmung fröhlich.

»Ich freue mich auch, hier sein zu dürfen.«, meint er und lächelt Naries Mutter an. Sie ist sehr froh, dass ihre Eltern der Meinung sind, dass Marvel kein Karriero ist, und sie ihre Meinung zu ihm teilen.

Es ertönen Schritte und kurz darauf steht auch Naries Vater vor Marvel. Dieser streckt ihm sofort die Hand entgegen.

»Nenn mich einfach David.«, meint er und Marvel nickt fröhlich.

»Danke.«, antwortet er dann noch.

»Wann fahrt ihr los?«, fragt Naries Mutter dann noch und sie sieht auf ihre Armbanduhr, ein weiteres Mitbringsel aus dem Kapitol.

»In genau einer Drei-Viertel-Stunde.«, antwortet sie nur und Alice nickt.

Rebel || Hunger GamesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt