Kapitel 18

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Kapitel 18

„Dropping The Bait“

Miranda Thomas‘ Haus, Makiki District, Honolulu, Hawaii

Juni 2012

„Das gefällt mir immer noch nicht“, hörte Leah Steves Stimme über ihren Knopf im Ohr. Sie seufzte leicht und warf einen Blick in den Rückspiegel, in dem sie die als Lieferwagen getarnte Einsatzzentrale sehen konnte.

„Mir auch nicht besonders“, gab sie leise zurück und bewegte ihre Lippen so wenig wie möglich. „Aber du weißt selbst, dass wir keine andere Möglichkeit haben.“

„Ich weiß. Sei trotzdem vorsichtig, hörst du?“, kam seine Antwort und Leah musste etwas lächeln.

„Keine Sorge“, sprach sie sanft, richtete den Blick wieder nach vorn und sah an der Ecke der Straße Chins Auto stehen, wusste, dass Kono dort saß.

Leah holte tief Luft, nahm ihre Handtasche vom Beifahrersitz und stieg aus. Sie tat so, als würde sie etwas auf dem Zettel in ihrer Hand nachsehen und als sie zufrieden war, ging sie langsam auf das kleine Haus zu. Ihre Nervosität musste sie nicht spielen, als sie die wenigen Stufen zur Haustür erklomm. Sie biss sich auf die Unterlippe, zögerte kurz und betätigte die Türklingel.

Es war später Nachmittag und Leah hoffte, dass Mrs. Thomas zu Hause war. Widerwillig hatte Steve schließlich doch zugestimmt, allerdings hatte er darauf bestanden, dass sie noch die Ergebnisse der Spurensicherung und der Autopsie des Wärters abwarten würden, bevor Leah ihren Plan ins Rollen brachte.

Dumpfe Schritte ertönten, die Tür wurde geöffnet und Leah erkannte Miranda Thomas sofort. Die Jahre waren nicht spurlos an ihr vorbei gegangen, trotzdem war sie immer noch eine attraktive Frau. Leah schluckte, bemerkte den überraschten Blick erst, als er schon fast verschwunden war.

„Mrs. Thomas…“, begann sie, doch die Frau fuhr ihr einfach über den Mund: „Du…du wagst es hierher zu kommen?“ Ihre Stimme klang fast wie ein Fauchen und Leah biss sich auf die Innenseite ihrer Unterlippe.

„Sie wissen also, wer ich bin.“ Obwohl sie damit gerechnet hatte, war Leah überrascht. Dazu kam wohl auch diese merkwürdig-absurde Situation. Was sagte man zu der Mutter des ehemals besten Freundes, der versucht hatte die kleine Schwester zu vergewaltigen und durch deine Aussage im Gefängnis gelandet war? So schien es auch Mrs. Thomas zu gehen. Sie ging nicht auf Leahs Feststellung ein, herrschte ihr ein „Was willst du?“ zu.

Gut, da sie nicht um den heißen Brei herumredete, würde Leah es auch nicht tun. Sie presste kurz die Lippen aufeinander, umschloss mit ihrer linken Hand fest die Träger ihrer Handtasche.

„Ich bin auf der Suche nach Cal“, antwortete sie und Mrs. Thomas schnaubte auf.

„Warum? Ich glaube kaum, dass er dir mehr zu sagen hat, als ich.“

„Das denke ich doch“, konterte Leah. „Ich habe ihm schließlich gestern die Nase gebrochen.“

Die Augen der älteren Frau weiteten sich ob dieser Aussage, doch bevor sie etwas sagen konnte, hatte Leah einen Umschlag gezückt.

„Sollte Cal sich bei Ihnen melden, bitte geben Sie ihm das“, teilte sie Mrs. Thomas mit und drückte ihr den Umschlag einfach in die Hand. „Danke. Und bitte entschuldigen Sie die Störung. Es wird nicht wieder vorkommen.“

Sie sah der Frau noch einmal in die Augen, drehte sich dann um und ging zurück zu ihrem Auto. 

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Kumaka - Die ZeuginWhere stories live. Discover now