Kapitel 23

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Einige Tage später war endlich wieder Ruhe bei den Jellicles eingetreten. Der Schrottplatz stand nicht länger unter Wasser und so konnten sich die Katzen endlich wieder dort treffen. Und auch Macavity und seine Verkleidung hatte in den letzten Tagen niemand zu Gesicht bekommen. Alles schien endlich wieder seinen gewohnten Gang zu gehen.

Doch die Gespräche über den rothaarigen Kater wollten nicht stoppen. Dabei drehten sie sich schon lange im Kreis. Denn niemand wusste mehr, auch nicht Mungojerrie und Rumpleteazer obwohl sie ausführlich befragt worden waren. Und so wurden die abwegigsten Vermutungen darüber aufgestellt, wieso Macavity seit neustem Verbrechen in Greybounds Verkleidung verübte. Und wieso er jedes Mal fast erwischt wurde.

„Das sieht ihm überhaupt nicht ähnlich, das alles.", sagte Demeter irgendwann mal, „Sonst geht er ganz anders vor. Viel vorsichtiger."

Sie und Munkustrap verstanden sich wieder prächtig seit Demeter fast entführt worden war und Munkustrap daraufhin beschlossen hatte, nicht mehr von ihrer Seite zu weichen. Was Greybound nicht unbedingt gefiel. Denn wenn sie jetzt mit Munkustrap reden wollte, war immer auch Demeter dabei. Sie verstand sich inzwischen etwas besser mit der goldenen Katze, wie Munkustrap sie nannte. Doch Demeter schien ihr immer noch nicht ganz zu trauen. Auch wenn sie inzwischen selbst Opfer von Macavitys Angriffen geworden war. Sie bestand darauf, dass es kein Zufall sein konnte, dass Macavity sich gerade als Greybound verkleidete und wenn Greybound zum wiederholten Male versicherte, sie kannte Macavity nicht, sah sie sie nur nachdenklich an.

Greybound fühlte sich wieder unwohl auf dem Schrottplatz. Alle schienen sie zu beobachten und zu überlegen, ob sie mit Macavity unter einer Decke steckte. Also ging sie in der Nacht früher.

Sie lief gerade durch die dunklen Gassen Londons, die so früh am Morgen noch komplett ausgestorben waren, als sie vor sich auf einmal eine Katze bemerkte. Sie saß bewegungslos auf dem Bordstein, so dass Greybound an ihr vorbei musste, um nach Hause zu gelangen.

Vorsichtig wurde sie langsamer und spähte in die Nacht. War es eine der Jellicle Cats? Sie war größer als Jemima oder Etcetera. Konnte es Munkustrap sein?

Vorsichtig ging sie weiter auf die Katze zu. Was sollte sie tun? Die Straßenseite wechseln? Oder darauf hoffen, dass es eine der Jellicles oder eine andere friedlich gesinnte Katze war?

Gerade als sie sich dazu entschlossen hatte, doch lieber auf die andere Seite der Straße zu wechseln, wandte die Katze den Kopf und starrte Greybound an. Erschrocken blieb die kleine Katze stehen.

„Greybound.", zischte der Schatten.

Greybound starrte in die Dunkelheit. Wenn sie die Katze doch nur besser sehen könnte. Anscheinend hatte die sich ausgerechnet den dunkelsten Fleck auf der Straße ausgesucht, um auf sie zu warten.

Aber sie kannte ihren Namen. Also konnte es nur eine der Jellicles sein. Oder?

Ganz ganz vorsichtig schlich Greybound weiter auf die Katze zu. Doch diese bewegte sich nicht und gab sich auch sonst nicht als eine von Greybounds Freunden zu erkennen. Sie starrte Greybound nur an und wartete, bis die Katze zu ihr gekommen war.

Ihr Verhalten machte Greybound Angst.

So blieb sie einige Meter von der Katze entfernt stehen und starrte sie argwöhnisch an. Wer war das? Selbst jetzt von nahem sah Greybound kaum mehr als den Umriss der Katze.

„Greybound.", zischte die Katze erneut. Greybound konnte ihre Fangzähne aufblitzen sehen. Doch sie erkannte die Stimme nicht. Es war niemand mit dem sie sich viel unterhalten hatte.

„Wer bist du?", fragte Greybound vorsichtig. Ihr ganzer Körper war angespannt. Sie war bereit, sich bei der kleinsten Gefahr herum zu werfen und davon zu rennen.

„Erkennst du mich denn nicht?", fragte die Katze hochmütig, „Du müsstest doch inzwischen genug Beschreibungen von Munkustrap gehört haben."

Greybound zögerte und sah die Katze verwirrt an. Von wem sollte sie Beschreibungen gehört haben?

„Ich will dir einen Tipp geben: Ich bin du."

Greybound starrte die Katze nur noch verwirrter an. Wovon sprach sie da?

„Ach Greybound. Bist du wirklich so dumm wie du aussiehst oder tust du nur so?", sagte die Katze und stand auf. Sofort spannte sich Greybound wieder an. Sie wollte flüchten, aber sie wollte auch wissen, wer die Katze war, die da ihren Namen kannte. Es konnte keine der Jellicles sein, da war sie sich inzwischen sicher.

Die Katze kam langsam auf sie zu und Greybound machte einige Schritte rückwärts. Sie meinte sie leise lachen zu hören.

Und dann trat die Katze ins Licht und auf einmal meinte Greybound zu wissen, vor wem sie da stand. Doch da war es schon zu spät.

Die Katze war feurig rot, sehr groß und dünn. Und ihre Bewegungen hatten etwas ... Schlangenhaftes.

Es war Macavity!

Cats - aus dem Leben einer Jellicle CatWhere stories live. Discover now