Kapitel 2

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Den ganzen Tag über ging ihr die Musik nicht mehr aus dem Kopf. Leise summte sie sie vor sich hin und wiegte ihren Kopf im Takt, kaum dass sie einmal ungestört war. Was kein Problem war da Miranda, die junge Frau, die sie bei sich aufgenommen hatte und sich um sie kümmerte, die Wohnung immer schon frühmorgens verließ und nicht vor dem frühen Abend zurückkehrte.

So hatte Greybound die ganze Wohnung für sich und konnte sich dort nach Belieben austoben oder sich auf dem Sofa oder dem Bett zu einem Nickerchen zusammen rollen. Das war auch das erste, was sie nach einem ausgiebigen Frühstück tat. Die letzte Nacht steckte ihr noch in den Knochen. Sie suchte sich ein sonnenbeschienenes Plätzchen auf dem Sofa, rollte sich ein und legte den Kopf auf die Pfoten. Sofort fielen ihr Augen zu.

Sie wachte davon auf, dass die Wärme verschwand. Die Sonne war gewandert und ihr Platz, der einst in der Sonne gewesen war, fühlte sich nun im Schatten ganz kalt an. Sie streckte sich und sprang vom Sofa.

Als sie durch das Wohnzimmer tapste hatte sie erneut die Musik im Kopf. Sie summte sie vor sich hin und versuchte sich an die Katzen von gestern Nacht zu erinnern. Wie hatten die noch gleich getanzt? Vorsichtig versuchte sie einige der Tanzschritte, an die sie sich erinnerte. Gestern Nacht hatte das so schwer ausgesehen, aber das war es gar nicht. Schritt, Schritt, Drehung, Sprung.

Mitten in der Luft merkte sie, dass etwas nicht stimmte. Sie würde auf dem Rücken aufkommen, nicht wie die Katzen gestern auf ihren Pfoten. Instinktiv warf sie sich herum und schaffte es gerade noch mit allen vier Pfoten auf dem Boden zu landen. Doch die harte Landung fuhr ihr in die Knochen. Sie hatte immer noch so viel Geschwindigkeit, dass sie über den Boden schlitterte und instinktiv die Krallen ausfuhr, um abzubremsen. Sie hinterließ lange Kratzen im Holzboden.

Ängstlich schaute sie, was sie angerichtet hatte. Miranda würde nicht begeistert davon sein. Sie waren doch gerade erst in die Wohnung gezogen.

Sie wandte sich ab und lief um den Tisch herum, um die Kratzspuren nicht mehr sehen zu müssen. Das Tanzen war doch nicht so einfach wie sie gedacht hatte.

Sie überlegte kurz zu dem Schrottplatz zurückzukehren, um dort weiter zu üben. Immerhin gab es dort eine große freie Fläche und Kratzspuren würden dort niemandem auffallen. Doch dann fiel ihr ein, dass dort tagsüber wahrscheinlich Menschen waren. Und selbst wenn nicht, was wenn sie die anderen Katzen dort entdeckten. Sie würden sie wahrscheinlich von dort vertreiben. Nein, sie musste einen anderen Ort zum Üben finden.

Sie lief zur Tür und quetschte sie durch die Katzenklappe, die Miranda dort für sie angebracht hatte. Doch anstatt wie sonst immer nach unten zur Straße zu laufen, nahm sie die Treppen nach oben. In jedem Stockwerk sah sie sich genau um. Sie war noch nie weiter oben als in ihrer Wohnung gewesen. Doch die Flure sahen alle gleich aus, nichts Interessantes zu entdecken.

Im obersten Stock gab kein Licht. Doch Greybound schlich vorsichtig weiter. Auf diesem Flur war nur eine Tür und sie war nur angelehnt. Vorsichtig huschte sie durch den Türschlitz und sah sich um. Die Wohnung war deutlich kleiner als ihre weiter unten, doch sie hatte ein großes Zimmer. Und vor allem war sie unbenutzt. Überall lag Staub auf dem Boden und die Fenster waren mit großen Kartons verklebt worden. Doch all das störte Greybound nicht. Hier konnte sie ungestört üben.

Wieder summte sie die Musik vor sich hin und versuchte einige der Schritte, die sie gestern gesehen hatte. Schritt, Schritt, Drehung, Sprung. Dieses Mal klappte es schon besser. Sie kam zwar etwas hart auf und musste sich abrollen, um nicht hinzufallen, aber immerhin hatte sie den Sprung geschafft. Begeistert übte sie weiter.

Cats - aus dem Leben einer Jellicle CatWhere stories live. Discover now