Kapitel 8

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Nachdem er ausgetrunken hatte, sprang er auf.
„Ich hole meine Maschine?"
Eigentlich war das keine Frage von ihm, viel mehr eine Aussage.
Damit begab er sich zum Tor.
„Bis gleich", zwinkerte er mir zu.
Ich ging kurzerhand nochmal ins Arbeitszimmer und checkte das Handy.

Eine neue Nachricht:
Sehr gute Fortschritte. Weiter so.

Ich ließ das Handy langsam sinken.
Meine Befürchtungen waren wohl wahr. Hier gab es Kameras im Haus. Mir wurde übel. Jetzt war mir nicht mehr wohl. Mein Plan für den Abend war es wohl, das Haus nochmals nach versteckten Kameras zu durchsuchen.

Ich suchte nach dem Schlüssel für die Kawasaki. Mir fiel wieder das Paket vom Postboten ein.
Und genau dort fand ich auch den Schlüssel zum Motorrad.

Ich begab mich in die Garage und staunte nicht schlecht, als ich eine neue und teure ‚Held' Lederkombi sah. Ich hoffte sie würde mir passen.
Schnell zog ich mich um und war stolz wie Bolle. Sie war passend.
Mit Helm und Schlüssel bewaffnet begab ich mich in den Garten. Probeweise setzte ich mich auf das Motorrad. Ganz schön schweres Teil.
Ich schaute mir nochmal alle Bedienteile an. Im Kopf ging ich alles durch, wie was funktionierte.
Bremse, Kupplung, schalten, starten... alles kam mir langsam wieder ins Gedächtnis.

Und da hörte ich auch schon laute Motorgeräusche.
Das war dann wohl wincent.
Ich sah ihn vor der Garagenauffahrt anhalten.
Wow sein Motorrad war wohl doppelt so teuer wie meins. Und die Leistung war wahrscheinlich auch doppelt so hoch.
Er stand dort mit seiner Bmw.
Seine lederkombi betonte seine muskulöse Figur. Nicht schlecht, schoss es durch meinen Kopf.
Grinsend stand ich da.
„Worauf wartest du?", rief er zu mir herüber.

Herzklopfend setzte ich mich auf meine Maschine und startete den Motor.
Meine Hände waren kühl. Das konnte ich durch die Handschuhe spüren. Ich zitterte auch leicht.
Langsam gab ich Gas und ließ die Kupplung kommen. Gleichgewicht hielt ich gut.
Und das Motorrad setzte sich in Bewegung.

Es war gar nicht so schlimm, wie ich es mir vorgestellt hatte.
Wir fuhren diverse Landstraßen und die Warme, frische Luft Bließ mir ins Gesicht.
Ich war glücklich, bemerkte ich.
Als wir Pause machten, parkten wir am Ende eines Feldweges auf einem Berg. Von hier konnte man auf einen See gucken. Die Aussicht war wunderschön.

Wir setzten uns beide auf eine Bank und starrte in die Weite.
An Wincents Stimmung veränderte sich allerdings einiges. Er war nicht mehr so wie heute morgen. Er sah nicht mehr so glücklich aus. Und er lächelte auch nicht mehr.
„Alles gut?" fragte ich, um ihm zu zeigen, dass ich seinen stimmungswandel merkte.
„Ja", gab er genervt von sich.

Oh wow, was war denn jetzt mit ihm los. War doch ein netter Tag, wieso war er so mies gelaunt plötzlich.
Ohne ein Wort zu sagen ging er zu seinem Motorrad.

Ich folgte ihm zu meinem.
Diesmal fuhr er nicht mehr so vorsichtig und vorausschauend wie auf der Hinfahrt. Nein. Er raste förmlich, gab Gas und überfuhr mehrere rote Ampeln. Ich konnte ihm nicht mehr folgen bei der Geschwindigkeit.
Ich ließ mich abhängen und blieb an der Ampel stehen.
Vergeblich versuchte ich ihn einzuholen.
Als ich zu Hause ankam, war ich echt wütend.
Was war in ihn gefahren?
Ich beschloss bei ihm vorbeizuschauen, um sicherzugehen, dass er sicher heimkam.
Ich warf meinen Helm in den Garten und lief die zwei Straßen weiter zu seinem Haus.

Dort stand auch seine Maschine. Er war also zu Hause. Ich klingelte an der Tür. Es öffnete keiner. Ich klingelte also Sturm.

Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und Wincent stand dort. Umgezogen. In schwarzer Jeans und weißem Shirt. Er sah mich grimmig an.
„Was?" brummte er mich an.
„Was ist denn los mit dir? Bist du lebensmüde? Woher der Sinneswandel und warum so schlecht gelaunt?
Jetzt wurde ich lauter. Was bildete sich der Typ ein.
Er stieß mich beiseite und lief auf sein Auto zu.

Mal wieder stand ich mit Mund offen da und starrte ihm nach.
Mit quietschenden Reifen fuhr er vom Hof.
Und lief zur Straße und schaute ihm nach.
„Arschloch", ertönte es zum zweiten Mal aus meinem Mund.

Enttäuscht ging ich zu mir nach Hause zurück.
Ich wurde aus wincent einfach nicht schlau.
Er war heute morgen so nett. Nett und lustig. Und im Laufe des Tages änderte sich seine Stimmung schlagartig. Habe ich was falsches gesagt? Ich konnte mich an nichts erinnern.

Wieder fing ich an: Wincent Weiss zu googeln und aus ihm schlau zu werden.

Damit verbrachte ich mehrere Stunden. Draußen war es dunkel und ich erblickte die Uhr: 00:45.

Ich schloss den Laptop, verschloss das Arbeitszimmer und bewegte mich Richtung Schlafzimmer.
Es durchzuckte mich, als mir wieder bewusst wurde, wonach ich schauen wollte. Nach den Kameras.
Unauffällig tat ich so, als würde ich nach etwas in der Wohnung suchen.
Zwei Kameras konnte ich aufspüren. Eine hing im Wohnzimmer an der Lampe. Eine weitere in der Küche zwischen dem besteck. Da der Schrank eine Art Vitrine war, konnte sie durchs Glas filmen.
Ich wusste, hier müssten noch mehr sein.
Das einzige sichere Zimmer war das Bad.
Und im Schlafzimmer wären sicherlich wanzen. Aber keine kameras.

Zum zweiten Mal an diesem Tag klingelte es an der Tür.

Undercover Cop - Wincent WeissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt