Kapitel 49

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~London~

"Darling, ich konnte herausfinden, wer dein Pferd gedopt hat!" wiederholte ich, während ich den Motor meines Autos startete und das munter vor sich hin dudelnde Radio ausschaltete. Valerie blickte immer noch mit leerem Gesicht aus der Windschutzscheibe und gab keinen Mucks von sich. Doch dann drehte sie ihren Kopf und blickte mich mit zusammengekniffenen Augen an. "Wenn das jetzt ein Scherz ist!" krächzte sie und schluckte. Ich fuhr ihr sanft über die Wange und flüsterte: "Hab ich dich schon jemals verarscht?" Doch kurz nachdem ich die Worte ausgesprochen hatte, hätte ich mich dafür ohrfeigen können. Denn ein dunkler Schatten huschte über ihr schönes Gesicht und ich wusste woran sie gerade dachte: unser Desaster Abendessen, das für sie im Krankenhaus geendet hatte. "Ääh, nun ja: Ich habe herausgefunden, dass der Tierarzt eigentlich für befangen erklärt werden müsste!" Sie blickte mich fragend an."Und was hat das jetzt für Auswirkungen?" Ich lächelte geheimnisvoll."Nun ja, sagen wir mal so: Der Tierarzt ist der Onkel der Person, die Olympio am Ende auch das Mittel injiziert hat. Und du wirst nicht glauben, wer es getan hat!" "Hab ich ein Glück, dass du es mir bestimmt gleich sagen wirst!" ätzte sie und verdrehte ihre goldbraunen Augen, wobei sie so süß aussah, dass ich ihr es einfach sagen musste. "Alice Schwarzer ist die Nichte von Herrn Ahrens. Außerdem hat Logan in ihrem Schrank eine sehr starke Schmerzsalbe gefunden. Dreimal darfst du raten, welchen Wirkstoff die hat!" Valeries Gesicht war ausdruckslos geworden. Mit starrem Blick sah sie an mir vorbei aus dem Fenster. "Prinzesschen!" ich rüttelte sie sanft und sofort kam wieder Bewegung in sie."Hast du getankt?" fragte sie und schnallte sich an. Ich zog nur eine Augenbraue nach oben. "Wo willst du hin?" eigentlich hätte ich mir diese Frage sparen können, doch ich wollte nur nochmals sicher gehen. "Ins Internat! Und zeig mir mal, was deine Karre alles drauf hat!" blaffte sie und blickte mich herausfordernd an. Ein siegessicheres Lächeln schlich sich auf meine Lippen. "Dein Wunsch ist mir Befehl!"

Nach nur vier Stunden Fahrt (auf einer Strecke, bei der jeder normal denkende Mensch sechs gebraucht hätte) hielten wir mit quietschenden Reifen auf dem gekiesten Parkplatz unterhalb des Internets. Die Räder waren noch nicht zum Stillstand gekommen, als Valerie auch schon die Beifahrertür aufriss und mit einem großen Sprung aus dem Auto hechtete. "Wenn ich die in die Finger kriege!" Fauchte sie und ich hatte alle Mühe, ebenfalls aus zusteigen, das Auto abzuschließen und hinter meiner Freundin herzuhetzen, die mit erstaunlicher Geschwindigkeit- die ich ihr beim besten Willen nicht zugetraut hätte, schließlich konnte ja nicht jeder Usain Bolt heißen- in Richtung der Stallungen sprintete, in der sich Alice höchstwahrscheinlich gerade aufhielt.

Mit stechenden Seiten und keuchendem Atem kam ich ungefähr eine Minute nach Valerie schließlich am Stalltrakt P an, der inzwischen nur noch von drei Pferden bewohnt wurde. Gerade wollte ich mich erschöpft gegen die Stalltür lehnen, als ich einen wütenden Elefanten- der sich bei genauerem Hinsehen als meine Freundin entpuppte- direkt auf ihre Erzfeindin Alice zurasen sah. "Du!" Fauchte der wild gewordene Elefant und schubste mit vollem Körpereinsatz Alice gegen die Wand, die völlig überrumpelt sogar die Kardätsche fallen ließ. "Du hast Olympio gedopt! Und ich dachte wir wären Freunde!" Schrie Valerie wütend und fing an wild mit den Fäusten auf Alice einzuschlagen, was diese wiederum nicht auf sich sitzen ließ und ebenso hart zurückboxte.

Und schon war eine Prügelei im Gange, von der sich noch so mancher Schuljunge etwas anschauen könnte. Die beiden kratzten sich, schlugen und traten, was das Zeug hielt und als sie nach fünf Minuten immer noch nicht aufgegeben hatten, regte sich in mir der leis Gedanke, dass ich die beiden mal auseinander bringen sollte. "Ui! Was ist das denn schönes!" Alison war unbemerkt herangetreten und stellte sich neben mich. "Ich glaube, wir sollten die beiden mal trennen!" Wandte ich zaghaft ein und nachdem Alison mir zustimmend zugenickt hatte, Schritten wir die Stallgasse entlang und während Alison sich um Alice kümmerte, schlang ich der vor lauter Wut heulenden Valerie, meine Arme um die Taille und zog sie von ihrer Konkurrentin weg. "London lass mich! Ich bin noch nicht fertig mit dieser blöden Zimtziege!" knurrte diese sogleich und warf sich wieder nach vorne. "Prinzesschen, jetzt ist es aber auch mal wieder gut! Ich weiß ja nicht, wie viele Haarbüschel du ihr noch ausreißen wolltest!" Ich warf einen Blick auf den Boden, auf dem sich blonde und braunhaarige Büschel nur so häuften. "Grrr... Wegen ihr bin ich aus der Show geflogen! Sie hat es verdient!" "Da bist du ja wohl selbst schuld! Hättest du nicht das beste Pferd der Auktion bekommen und wärst der absolute Liebling der Coaches gewesen, wärst du schon längst rausgeflogen!" Keifte Alice, die immer noch von Alison festgehalten wurde.

"Du spinnst ja wohl! Es war reiner Zufall, dass ich Olympio zugewiesen bekommen habe und ich kann dir versichern, dass der Beginn auf keinen Fall ein Zuckerschlecken gewesen ist! Außerdem kann ich doch gar nichts dafür, wenn ich der Liebling der Jury bin! Vielleicht, weil ich nicht die Pferde meiner Konkurrentinnen dope!" Schnappte Valerie zurück und kämpfte schon wieder gegen meinen Klammergriff. "Das glaubst du doch selbst nicht! Und es hat dir doch nur gut getan mal nicht die süße kleine Valerie zu sein, die du immer vorgibst zu sein!" Zeterte Alice zurück.

"Was ist hier los? Valerie, was machst du hier auf unserer Anlage? Ich dachte ich hatte mich unmissverständlich ausgedrückt, dass ich so etwas nicht dulden kann!" Die scharfe Stimme von Georgie ließ die beiden Streithähne- Pardon Streithennen- endlich verstummen und beide blickten entsetzt auf den Bundestrainer. Valerie fing sich schneller und deutete anklagend auf Alice. "Sie hat Olympio gedopt! Ich bin nicht schuld!" "Ach quatsch! Valerie lügt! Warum sollte ich so etwas tun?" Schnaubte Alice sichtlich empört und blickte den Chefjuror hilfesuchend an. "Georgie, du glaubst doch nicht wirklich, dass ich jemandem aus der Show so etwas antun könnte!" "So, jetzt wird es mir aber zu bunt hier!" Fuhr Georgie die beiden an. "London, könntest du mir bitte erklären, was hier vor sich geht?" Wandte der Bundestrainer sich mit entnervter Miene an mich. "Nun ja, Valerie hat nicht unrecht mit ihren Anschuldigungen! Wir haben großen Grund zur Annahme, dass Alice Olympia die verbotene Substanz verabreicht hat."

"Und welche Beweise habt ihr für diese harte Anschuldigung?" Hakte Georgie mit schärfer Stimme nach. "Im Sattelschrank hat sie eine starke Schhmerzsalbe versteckt!" Rief Valerie und deutete auf den großen dunkelgrünen Schrank, vor dem immer noch Alice stand. "Ich glaube ich spinne! Als ob ich in meinem Schrank eine Schmerzhafte versteckt habe!" Keifte diese auch sofort los und stellte sich breitbeinig vor den Schrank. "Alice, bitte! Wenn du wirklich nichts dort drin hast, dann können wir doch auf jeden Fall einen kleinen Blick hineinwerfen!" Und schon hätte sich Georgie an ihr vorbei geschoben und öffnete schwungvoll die Schranktüren. Schabracken, Abschwitzdecken, Gamaschen und viele weitere Reitutensilien quollen nur so aus den Regalen und erschwerten so die Suche nach dem Beweismaterial in Form einer Schmerzsalbe. Regal für Regal wurde von Georgie akribisch durchsucht, doch die Salbe War unauffindbar.

"Sie muss sie haben!" Heulte Valerie auf und lehnte sich hilfesuchend an mich. Doch schließlich wurde der Bundestrainer doch fündig. Hinter einem Sack verschlüsselter Karotten zog er eine kleine weiße Tube heraus. "Das ist nicht meine!" Versuchte sich Alice sofort zu rechtfertigen, doch Georgie glaubte ihr kein Wort und wandte sich an Valerie.

"Wir müssen die neue Sachlage erst noch prüfen, aber ich glaube, dass du bald wieder im Internat Birkenstein einziehen darfst!"

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