Kapitel 40

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Tränen rannen meine Wangen hinunter und tropften auf den nassen Asphalt. Meine Lungen brannten und mein Atem ging stoßweise, während ich stolpernd durch den Schneeregen rannte. Ich wollte nur weg. Weg von Charly und Logan, die mich nach allen Regeln der Kunst mit meinen Gefühlen gespielt hatten. Meine beste Freundin, die mir sogar ins Gesicht gelogen hatte, dass zwischen ihr und dem Springreiter nichts laufen würde. Doch nun war es zu spät und ich naive Gans hatte mich von ihm einwickeln lassen. „Scheiße!" schrie ich laut in den Wald hinaus, doch nur das heißere Krächzen der Krähen antwortete mir. Mit stechenden Schmerzen in den Seiten und stoßweißem Atem blieb ich schließlich stehen. Da Logan mir auf dem Hinweg eine Augenbinde umgebunden hatte, wusste ich nicht in welche Richtung ich rennen musste, um wieder zum Internat zu gelangen. „Scheiße!" schrie ich wieder und legte all meine Wut und meine Verzweiflung in meine Stimme, so dass sie sich überschlug. Vollkommen von der Wut übermannt kickte ich mit voller Wucht gegen den nächstbesten Baum, was meiner Wut innerlich keinen Abbruch tat, jedoch mein Fuß von einem stechenden Schmerz durchfahren wurde. „Aaau..." kreischte ich und unterdrückte das starke Verlangen nochmals auf den Baum einzuschlagen. Inzwischen hatten meine Tränen zugenommen und rannen nun über meine roten Wangen, bevor sie auf den Schnee fielen. „Ich will nach Hause!" schluchzte ich nun und lehnte mich gegen den malträtierten Baum. Die Kälte kroch langsam durch meinen dünnen Pulli und in meine Schuhe war schon längst Schnee gefallen und alles in mir schrie zu mir ich solle weiter rennen. Doch ich konnte nicht mehr wegrennen. Jetzt nicht mehr.

~London~

„Findet sie! Ihr darf nichts zustoßen!" schrie ich wütend und stieg sofort in meinen Audi um die Straße in Richtung Internat nach ihr abzusuchen. John würde im Park nach ihr suchen und Logan, mein toller Bruder, der sie erst in diese grausame Lage gebracht hatte, würde nach rechts fahren, nur für den Fall, dass sie in die falsche Richtung gelaufen war. Jetzt im Nachhinein war ich selbst sauer auf mich, dass ich sie einfach am Tisch zurück gelassen hatte und mit John mitgegangen war, um eine aufgebrachte Kundin zu besänftigen, die mit einer Pfanne beinahe auf den Martin, den Koch, losgegangen wäre. Das hätte an der ganzen Situation nichts geändert! Fauchte eine böse Stimme in meinem Kopf. Du hättest dich immer noch nicht getraut ihr die Wahrheit zu sagen! Dass du nur der Stallbursche deines Bruders bist und du letztes Jahr nicht mal auf die Nordrhein- Westfälischen Meisterschaften eingeladen wurdest! Schürte die böse Stimme in meinem Hinterkopf weiterhin Schuldgefühle. Wütend umfasste ich das Lenkrad meines Autos fester und trat noch stärker auf das Gaspedal, was mein Audi mit einem tiefen Knurren quittierte. Gerade wollte ich um eine Kurve heizen, als ich am Straßenrand eine zusammengekauerte Person sitzen sah. Valerie! War sie verletzt? Ich riss das Lenkrad herum und zog gleichzeitig die Handbremse herum. Mit einem Satz war ich aus meinem Auto gesprungen und hatte mich neben sie gekniet. Ihre Lippen waren bereits blau von der Kälte, da sie auf ihrer Flucht nicht einmal an ihre Winterjacke gedacht hatte. Als ich an ihrem Arm rüttelte, öffnete sie nur leicht ihre Augen und blickte mich mit einem kalten Blick an, den ich so gar nicht von ihr gewohnt war. „Logan geh! Ich will dich niemals... wieder... se-sehen!" dort versagte ihre brüchige Stimme und sie sackte in sich zusammen. Die Kälte und ihre aufgelöste Wut hatten ihren Tribut gefordert. „Valerie!" schrie ich panisch und rüttelte weiter an ihr, bevor ich sie hochhob und auf den Rücksitz bugsierte. Dann umrundete ich schnell das Auto, stellte die Heizung auf die höchste Stufe und fuhr mit quietschenden Reifen an, in Richtung des nächsten Krankenhauses.

~Valerie~

Ich wurde von einer aufgebrachten Stimme geweckt, die sich unnatürlich nah anfühlte. Erst zwei Sekunden später realisierte ich auch warum. Ich wurde von starken Armen getragen. Logan! Es gab keine andere Möglichkeit. "Ich brauche sofort einen Arzt! Sie ist stark unterkühlt!" brüllte Logan und sofort hörte ich jemanden aufspringen- höchstwahrscheinlich die Frau am Empfang. Kurz darauf wurde ich auf etwas weichem abgelegt, was sich fast wie ein Bett anfühlte. Langsam öffnete ich die Augen und musste sie sofort wieder zukneifen, als mir ein Lichtstrahl ins Auge stach. "Valerie?" hörte ich die verzweifelte Stimme von Logan und ich öffnete wieder langsam die Augen, blinzelte, um die harten Strahlen der Leuchtröhren auszusperren. "Sie ist wieder aufgewacht!" berichtete er so gleich erleichtert der Schwester, die mit einer golden glitzernden Folie auf mich zugehastet kam. "Bleiben Sie ganz ruhig! Sie haben zwar eine starke Unterkühlung, aber sie werden schnell wieder gesund!" sprach die Schwester mit beruhigender Stimme auf mich ein, während sie die golden glänzende Folie um mich herumlegte. Ich selbst nickte nur schwach und ließ alles apathisch mit mir geschehen. Logan hatte mich im Restaurant sitzen gelassen, um sich zwei Minuten später mit Charly an den Tisch zu setzen. Und nun hatten ihn seine Schuldgefühle hergetrieben.

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