Kapitel 31

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"Preisspitze: 16- jährige reitet Weltklassehengst Olympio zu 1, 78 Millionen Euro!"

"Amkum: Valerie Winterhagen tanzt mit Wunderhengst zu Rekordpreis!"

"Ankum: Olympio für 1 780 000 Euro nach Baden- Würtemberg verkauft!"

"Pferdisches Weihnachtsgeschenk: Für rund 1,8 Millionen Euro unter den Weihnachtsbaum!"

"Ankum, Germany: With power, rhythm and capacity to 1 780 000 €!"

All diese sensationshungrigen Pressemitteilungen starrten mich an, als ich mein Handy in die Hand nahm und die neusten Nachrichten checkte. Doch anstatt mich riesig über den Medienrummelzu freuen, der um mich herum veranstaltet wurde, packte mich stattdessen die kalte Wut.
Mit Schwung- vielleicht sogar etwas zu viel Schwung- schob ich den Sattelschrank in den Truck und schloss die Tür mit einem lauten Klatschen. Auf Michis mitleidigen Blick giftete ich nur zurück "Lass uns einfach nur losfahren!" und erklomm die zwei Stufen in die Fahrerkabine.

Als ich mich gerade auf den Sitz pflanzen wollte, fiel mein Blick auf die überdimensional große goldene Schleife. Die hatten Olympio und ich in der Kür am Samstag gewonnen. Liebevoll hob ich sie hoch und strich langsam über die seidige Rosette. Sie würde meine einzige Erinnerung an einen wahren Wunderhengst sein.

Ich hatte mich bereits kurz nach der Auktion von ihm verabschiedet, da ich auf keinen Fall den neuen Besitzer von ihm kennen lernen wollte. Sanft hatte ich ihm ein letztes Mal zwischen den Ohren gekrault, wie er es so gerne mochte und hatte ihm noch eine letzt Banane gegeben, bevor ich mit großen Schritten die Stallungen verlassen hatte.

"Valerie, es tut mir so leid! Ich kann dich echt verstehen, dass du traurig bist, aber du musst unbedingt nach vorne sehen!" Michi hatte auf dem Fahrersitz Platz genommen und sah mich mit seinen schokoladenbraunen Augen an und ausnahmsweise sprach er hochdeutsch mit mir, was vermutlich verdeutlichen sollte, dass es ihm absolut ernst war. "Ich weiß Michi, ich weiß!" gab ich müde zurück und rieb mir über die, von unzähligen Tränen, geschwollenen Augen. Inzwischen war es Abend geworden. So langsam- und vor allem ohne Olympio- war ich es leid an dieser Show teilzunehmen. Doch nach diesem herausragenden Sieg lieferte ich mir gegen Alison ein erbittertes Rennen um den ersten Platz in der Gesamtwertung. Da sie die Kür in München gewinnen konnte und in Ankum den zweiten Platz belegte waren wir gleich auf. Das sprach doch nicht gerade für einen baldigen Rauswurf, oder?

"Valerie! Du hörst mir doch überhaupt nicht zu!" schimpfte Michi, während er den großen Truck geübt auf die Autobahn fuhr. "Doch, doch..." gab ich genervt zurück und handelte mir dabei einen bösen Blick von Michi ein. "Was läuft eigentlich zwischen dir und dem Fischer- Jungen?" fragte er mit hochgezogener Augenbraue und musterte mich mit einem strengen Blick. Logan! schoss es mir durch den Kopf, dicht gefolgt von dem bitteren Gefühl der Enttäuschung. "Ach gar nichts!" gab ich kurz angebunden zurück und sah Michi dabei aber nicht in die Augen, sondern spielte mit einem losen Faden an meiner Weste herum. Warum musste er nun auch noch in meinem nächsten Wunden Punkt herumstochern?!?

"Na dann bin ich ja beruhigt! Die Fischers sind nämlich gar nicht so lieb, wie sie einen am Anfang glauben lassen! Du wärst nicht die erste, die sie wieder fallen lassen, wenn sie das Interesse an dir verlieren!" er blickte mich mit prüfendem Blick an. Spätestens jetzt war mein Herz ein absoluter Scherbenhaufen. Er wird dich wieder fallen lassen, wenn er das Interesse an dir verliert! hallte es in meinem Kopf wieder. "Mach dir keine Sorgen Michi, ich passe schon auf mich auf!" flüsterte ich und schloss die Augen, um einem weiteren Gespräch auszuweichen.

Nach vierstündiger Fahrt waren wir wieder im Internat angekommen und ich führte Danci lustlos aus dem Truck. Sie schien meinen traurigen Gemütszustand zu bemerken, denn sie stupste mich unsanft mit ihrer Nase an und drückte aber sogleich ihren Kopf an meinen Oberkörper, als ich mich zu ihr umdrehte. "Oh Danci! Du bist halt mein kleines Baby! Du wirst mich nie verlassen!" flüsterte ich meiner braven Stute zu und kraulte sie an der Stirn. Weiter an Danci gepresst stand ich so zwei weitere Minuten, bis mich eine entfernt bekannte Stimme aus meinen Gedanken riss.

"Valerie! Dein Pfleger hat mir erzählt, dass ich dich hier finden kann!" Ich drehte mich um, auf der Suche nach der Quelle der Stimme. Ein kleiner, untersetzter Mann mit Nickelbrille kam auf mich zu. "Kannst du dich noch an mich erinnern?" fragte er neugierig und lächelte mich freundlich an. Mist! ich hasste diese Frage. Meistens konnte ich mir Menschen nicht gut merken und mir schon gar nicht ihre Namen merken. Also lächelte ich unschuldig und nickte ihm zu, was er glücklicherweise als Antwort akzeptierte.

"Es tut mir leid, dich heute noch stören zu müssen, aber nach diesem herausragenden Sieg bin ich mir nun einfach sicher, dass meine Firma dich sponsern möchte!" Er strahlte wie ein kleines Kind an Weihnachten. Ach stimmt! Er war der Chef eines Futtermittelherstellers und hatte mir nach dem Sieg einen Sponsoring-Vertrag versprochen.

"Das ist ja super!" Ich rang mir ein kleines Lächeln ab, doch er schien gar nicht zu bemerken, dass es gekünstelt war. Stattdessen beugte er sich leicht vor und raunte mir vertrauensvoll zu: "Ich habe auch noch eine kleine Überraschung für dich aus Ankum mitgebracht!"

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