Kapitel 10 - Eine verändernde Nacht

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Das Feuer war zwar klein, aber es würde ausreichen, um das Fleisch zu braten. Doch eigentlich hatten sie alle keinen Hunger mehr. Düster hing eine knisternde Wolke der Anspannung zwischen den Freunden. Bedrückt saßen sie um das Feuer und starrten in die heiße Glut. Jeder war mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Keiner wollte das aussprechen, was sie alle wussten. Lokhan war noch nicht wieder gekommen. Es war nun ein paar Stunden her, seit er zornig im Wald verschwunden war und den Rest der Gruppe hinter sich gelassen hatte. Sie machten sich Sorgen um ihren Freund. Sie wussten, dass sie die Pflicht hatten, hinter ihm her zu laufen und ihn zurück zu holen. Doch sie hatten Angst. Angst vor ihm und seiner Wut. Allmählich wurde es dunkler, das Feuer verlierte langsam an Kraft. Sie mussten neues Holz holen für die Nacht. Schließlich erhob sich Fares seufzend, ging an den Waldrand und sammelte dort ein paar Zweige und Blätter auf. Ijob tat es ihm nach und schon kurze Zeit später war das Feuer wieder größer geworden. Da sie nichts anderes zu tun hatten, brieten sie das Fleisch dann doch noch. Während Majorie und Fha'dil damit beschäftigt waren das Fleisch zu drehen, regte sich Penelope. Alle sahen zu ihr auf, als sie aufstand und Richtung Wald blickte.

„Du willst ihn suchen gehen“, sagte Fares leise.

Es war keine Frage, sondern eine Feststellung, dennoch nickte Penelope als Antwort.

„Ich fühle mich schuldig, dass er jetzt nicht hier ist“, meinte sie. „Er hat alles für uns getan und ich musste ihn enttäuschen.“

„Das war nicht nur du“, erwiderte Fha'dil bestimmt.

„Trotzdem, er ist mehr auf mich sauer, als auf dich. Ich werde ihn suchen, mich entschuldigen und zurückbringen. Das Fleisch gehört auch ihm. Das Feuer gehört auch ihm. Ich will nicht, dass er verhungert oder erfriert.“

„Sie mag ihn“, meinte Ijob leise.

„Ja, und er mag sie, aber sie wollen es beide nicht zu geben“, erwiderte Fares.

Doch das hörte Penelope schon nicht mehr, da sie zwischen den Bäumen verschwunden war. Sie lief eilig in dem Wald umher und versuchte den blonden Ritter zu erkennen. Doch vergeblich. Die Bäume wuchsen immer dichter nebeneinander und die Tatasche das es bald tiefste Nacht war, half auch nicht sonderlich weiter. Noch eine Weile lief sie stolpernd durch die Dunkelheit, darauf bedacht keinen Lärm zu veranstalten. Doch nachdem sie eine gefühlte Ewigkeit zu herum gegangen war, war es ihr schließlich egal. Sie fing an seinen Namen zu rufen. Erst leise, dann immer lauter und kräftiger. Doch die Bäume verschluckten den Schall.

Weitere Minuten verstrichen, ohne dass sie ihn gefunden hatte. Mittlerweile war ihre Haut auf den Wangen und Händen aufgekratzt. Sie war zweimal über eine Wurzel gestolpert und hatte sich in einem Dornenbusch verfangen. Ihre Knie schmerzten und im Sekundentakt zupfte sie einen Dorn nach dem anderen aus ihrem Fleisch. Sie war froh, dass es dunkel war. Sie wollte gar nicht wissen, wie sie nach dieser Suche aussah. Warum musste der Ritter auch so weit weg rennen? Ihre Sorge wich dem blanken Ärger. Sie spielte mit dem Gedanken wieder umzukehren, doch stapfte sie immer weiter, mittlerweile nur noch auf ihre Füße achtend und nicht mehr ihrer Umgebung. Wütend lief sie so durch die Nacht und murmelte dabei wüste Verwünschungen. Doch auch die ganzen Verwünschungen verhinderten nicht, dass sie am verzweifeln war, sich fragte, ob sie ihn je finden würde. Schließlich bemerkte sie, wie sich eine einzelne Träne über ihre Wange schlich. Sie fraß sich in die wunde Haut und es brannte leicht. Das trieb ihr nur noch mehr Tränen in die Augen und sie setzte sich schluchzend auf eine dicke Wurzel.

Minuten verstrichen, in der sie nur ihre Schluchzer hörte und das hämmernde Herz in ihrer Brust spürte. Doch dann zuckte sie zusammen, als sie eine warme Hand auf ihrer Schulter spürte. Sie vernahm einen vertrauten Geruch und wusste deshalb wer es war, auch ohne dass sie zu ihm auf sah. Noch immer ihr Gesicht in ihren Händen betend, spürte sie we er langsam sich vor ihr hinkniete und seine Hände vorsichtig um ihre dünnen Handgelenke legte. Sanft zog er ihre Hände beiseite, sodass er ihr von Tränen überströmtes Gesicht sah. Nun musste sie ihn ansehen. Traurig und voller Sorge blickte er ihr in die Augen. Gerade wollte er den Mund aufmachen, um etwas zu sagen, da viel sie ihm in die Arme. Schluchzend krallte sie sich an seiner warmen Brust fest.

Perle des LichtesWhere stories live. Discover now