Kapitel 9 - Eine böse Nachricht

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Er hasste diese Stadt. Für viele war sie die schönste Stadt der Welt, doch er konnte diese Schönheit nicht erkennen. Sie war groß und unübersichtlich, auch wenn er sich in ihr aus kannte wie in seiner eigenen Westentasche. Doch das Schlimmste war das, was hinter den Fassaden der Häuser steckte. Was sich während des Tages in den Kellern und im Untergrund aufhielt und erst bei Einbruch der Nacht aus den Löchern heraus gekrochen kam. Das war das Schlechte an dieser Stadt, das was sie für ihn hässlich machte. Angewidert spuckte er aus und gucke gedankenverloren über die Dächer von Waban. Damals war es auch um diese Zeit gewesen.

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Der große Markt ging langsam zu Ende. Die Meisten waren schon wieder bei sich zu Hause, aßen ein warmes Mahl und dazu frisches Brot. Sie lebten in der Gegenwart und machten sich keine Sorgen darüber, wie der Morgen für sie aussah. Anders als er. Er hatte dachte die ganze Zeit nur über seine Zukunft nach, musste sich Sorgen machen und hatte nicht jeden Tag etwas warmes zu Essen. Seine einzige Sorge war das Überleben. Auch an dem Abend knurrt sein Magen wieder. Er hatte seit Tagen nichts mehr gegessen und auch wenn er eigentlich abgehärtet war, so war der Hunger dieses Mal besonders schlimm. Daher hatte er sich aufgemacht, um sich etwas zu besorgen, doch als er ankam, musste der feststellen, dass die Stände mit dem Essen schon alle abgebaut waren. Traurig sah er sich von seinem Versteck auf den Dächern aus um und sah den Stand mit den bunten Steinen. Steine konnte an zwar nicht essen, doch konnte er sie nach und nach gegen Nahrung eintauschen.

Natürlich wusste er, dass der dicke, bärtige Mann ihm seine Ware nicht einfach so schenken würde. Wer würde dies schon tun? Er war dreckig und stinkte. Seine wenigen Kleider die er an hatte waren alt, hatten viele Löcher und waren eigentlich auch zu groß für ihn. Aber er musste das nehmen, was er finden konnte. Schließlich lebte er auf der Straße zwischen dem Müll und dem Kot von streunernen Hunden. Doch was die meisten Leute davon abhielt, ihm zu helfen oder sich ihm gar zu nähern, war sein Gesicht. Man kannte ihn, zwar nicht vom Namen, aber jeder wusste, von dem kleinen Teufel, der den Brand vor zwei Jahren überlebt hatte. Damals hatte er noch nicht auf der Straße gelebt. Er hatte einen Vater und Freunde gehabt. Doch in dieser Nacht hatte er alles verloren.

Er und seine Freunde hatten sich eine Wette ausgedacht. Sie wollten in die verlassene Villa im Wald gehen. Angeblich sollte es dort spuken. Er war damals jung gewesen, gerade mal zehn Jahre alt, und hatte die Dummheit mitgemacht. Sie waren in der Nacht aufgebrochen, es war zwar schon Nachtruhe, doch begegneten ihnen keine Wachen, die die Straßen kontrollierten. Sie kamen sicher an der Villa an und stießen die Tür auf. Es war drinnen sehr dunkel, doch hatten sie Fackeln dabei. Diese Fackeln würden ihnen später zum Verhängnis werden. Denn es war am Anfang zwar noch sehr ruhig, doch als es auf Mitternacht zu ging viel im oberen Teil plötzlich irgendetwas runter. Es schepperte laut und er und seine Freunde liefen verängstigt zum Ausgang, doch stolperten die vorderen über einen Teppich. In Zeitlupe vielen die Fackeln auf den Boden und binnen Sekunden hatte sich das Feuer auf dem Teppich ausgebreitet. Da die Möbel und alles andere aus Holz war, ging das Feuer auch auf diese über. Letztendlich konnte nur er von da fliehen. Wobei das eigentlich kein besonderes Kunststück gewesen war. Er war einfach, bevor die Flammen die Treppe erklimmen konnten, nach oben gelaufen und war aus dem Fenster gesprungen. Er hatte Glück gehabt, dass unter dem Fenster, welches er sich ausgesucht hatte ein alter Misthaufen lag, der seinen Fall abfing und er sich so nicht weh tat. Seine Freunde jedoch kamen in dem Feuer um. Doch auch er hatte etwas von dem Feuer erhalten. Die Haares seiner linken Gesichtshälfte waren vollständig abgebrannt und durch das Glas hatte er eine tiefe Narbe mitten im Gesicht. Nie waren die Haare nachgewachsen oder die Narbe weggegangen.

Danach hatte man ihn als Monster und Sohn des Teufels genannt. Sein Vater hatte damit nicht leben können. Für ihn war sein Sohn eine Schande und nach einer Woche hatte er sich selbst erhängt. Damit war Slys leben, so wie er es von früher kannte endgültig aus. Die Stadt nahm ihm die Wohnung seines Vaters und auch alles andere weg. Sein neues Leben auf der Straße hatte begonnen. Das waren jetzt fünf Jahre her.

Perle des LichtesWhere stories live. Discover now