Kapitel 19 - Das Cälhinka'a-Gebirge

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Erst langsam wurde ihr bewusst, dass Fares sie auf der Schulter trug. Noch etwas benebelt schaute sie sich um. Sie sah Fha'dil und Ijob zu ihrer linken. Beide liefen mit gesenkten Köpfen hinter Fares her. In ihren Augen sah sie den Schmerz des Verlustes. Anders als Lokhan zu ihrer rechten, der mit emotionsloser Miene stur gerade aus blickte. Majorie verstand ihn. Sie würde am liebsten, das was passiert war, auch aussperren aus ihren Gedanken, ihrem Herzen, und nichts mehr an sich heranlassen. Doch so leicht war es einfach nicht. Wieder kamen ihr Tränen in die Augen. Sie kniff sie zu und versuchte sich angestrengt zu beruhigen. Schwer versuchte sie den Kloß in ihrem Hals hinunter zu schlucken, während die Bilder zurück in ihrem Kopf schossen und dafür sorgten, dass sie die Hand vor den Mund nehmen musste, um nicht einen großen Schluchzer herauszulassen. Sie spürte den besorgten Blick von Fha'dil und klopfte Fares sanft auf die Schulter.

„Lass mich bitte runter", flüsterte Majorie und Fares blieb stehen. Langsam glitt sie von seiner Schulter und kam schwankend auf dem Boden an. Ihre Kraft hatte sie verlassen. Ihr Kopf tat weh und ihr war schlecht. Sie hätte sich am liebsten irgendwo zurückziehen wollen. Mit verquollenen Augen setzte sie sich auf einen Baumstamm. Erst jetzt realisierte sie den Wald um sie herum. „Wo sind wir?"

„Im Ah'Llon", meinte Fares knapp. „Ahzatzel hat uns Zeit beschaffen zu entkommen. Ich denke nicht, dass sie uns in nächster Zeit angreifen werden."

Schweigen. Jeder hoffte, dass Fares recht behielt. Zudem hing immer noch die Frage, warum der Sturmdämon ihnen geholfen hatte, in der Luft.

„Wir müssen zurück", sagt Majorie plötzlich und sah auf. Ungläubig starrten Fha'dil und Ijob sie an.

„Warum willst du zurück? Vielleicht laufen wir den Geflügelten doch wieder in die Arme!", rief Fha'dil fassungslos über Majories Wunsch.

„Wir müssen zurück", wiederholte Majorie, stand auf und wollte in die Richtung gehen, aus der sie gekommen waren. „Penelope liegt noch dort. Wir können sie nicht einfach da liegen lassen, wir müssen sie begraben."

„Bleib hier", kam es kühl und monoton von Lokhan. Er sah sie nicht an, hielt sie aber am Arm fest. „Wir können nicht zurück und können auch nichts mehr für Penelope tun."

„Willst du sie etwa nicht bestatten?", fragte Majorie, die durch seine Worte wütend geworden war und den Ritter nur zornig angucken wollte. „Du hast sie doch geliebt, oder? Verdammt, dann solltest du ihr letzte Ehre erweisen wollen!"

„Jetzt hör' zu!", sagte Lokhan nun selbst aufgebracht. „Wir müssen weiter zum Cälhinka'a-Gebirge und das, was du im Traum gesehen hast, suchen. Wenn du jetzt zurückkehrst, bringst du nicht nur dich slebst und uns in Gefahr, sondern auch den Rest von Khim'hia und allen anderen Ländern, die auf Frieden hoffen. Willst du etwa alle sterben lassen? Willst du das Fha'dil stirbt?"

Damit hatte er sie. Die Wut die sie auf ihn hatte, wich einer reinen Verzweiflung. Lokhan hatte recht. Penelope war ihre Familie gewesen, sie hatte sie aufgezogen, ihr etwas zu Essen und ein Dach über den Kopf gegeben, sie hatte immer an Majorie geglaubt und darauf vertraut, dass sie das Richtige tat. Nun war es das Richtige weiter zu gehen. Majorie wusste, dass Penelope nicht gewollt hätte, dass sie aufgab und nicht mehr für den Frieden kämpfte. Schluchzend biss sie sich auf die Lippe und warf sich in die Arme des blonden Ritters vor ihr. Lokhan nahm sie sanft in die Arme und streichelte ihr über das schmutzig, dunkelbraune Haar, um sie zu beruhigen. Es war zu viel. Zu viel Leid auf einmal. Sie konnte dies nicht allein ertragen. Sie war noch ein Kind und hatte es nicht verdient, alleine für Krieg und Frieden verantwortlich zu sein. Lokhan seufzte innerlich. Aber auch er konnte nicht mehr. Der Sieg, den sie in Khi'rhan eingefangen hatten, schien so weit entfernt und nicht mehr bedeutend. Das freudige Gefühl des Gewinnes gab ihm und auch den anderen keine Kraft mehr. Und trotzdem mussten sie weiter. Ansonsten würden sie nichts erreichen und der Tot von Penelope könne nicht gerächt werden.

Perle des LichtesWhere stories live. Discover now