Neun

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Neun

Und so einfach ging es plötzlich weiter. Die Planung der Beerdigung war angesagt und Brook war überhaupt nicht damit einverstanden, dass ihr Geliebter in einem anderen Land vergraben werden sollte. Seine Familie wollte, dass James in seinem Heimatland bei seiner Familie begraben wird. Doch Brook war das alles zu viel geworden. Sie hatten aber alles schon für ihn geplant gehabt. Und ihr war in der Sekunde, in der sie den Hörer am Ohr hielt klar gewesen, dass es nichts gutes heißen wird.

So war es nun auch gewesen. Am Apparat war der Cousin von James der, den sie noch nie leiden konnte, weil er sich jedes mal an sie ranmachte. Doch am Telefon hörte er sich nicht sehr belustigt an, wie sonst. Er klang komplett ernst und teilte ihr von den Plänen für James Leiche mit. Sie wollten eben, dass er in Spanien bei ihnen war.

Brook konnte sowieso nicht Einspruch erhalten. Sie war alleine. Sie waren eine ganze Familie mit Verwandten und allem drum und dran. Sie musste sich damit zufrieden geben, ihn nicht auf dem Friedhof besuchen zu können, um mit ihm zu reden und um ihn zu trauern. Vielleicht war es auch besser so.

Dennoch luden sie Brook herzlich ein zu der Beerdigung ihres eigenen Freundes. Als Brook nach dem Gespräch zu Cotten ging und sich neben sie setzte, um vom Telefonat zu berichten, war Cotten auch nicht sehr begeistert von der Idee James nicht am Grabstein besuchen zu können. Robin war auch nicht begeistert. Keiner war es. Und trotzdem wollten beide zu seiner Beerdigung nach Spanien, was Brook nur abschreckte.

"Ich komme nicht mit." sagte sie, als wäre es selbstverständlich. Cotten konnte es natürlich nicht verstehen. Sie verstand nicht, wieso sie nicht seine Familie sehen wollte und sich richtig von ihrem Geliebten verabschieden wollte. Doch Brook schnaubte nur. Richtig verabschieden wäre, wenn sie James in den letzten Sekunden ins Gesicht gesehen hätte und seine Hand fest hielt. Wenn sie beide noch reden konnten.

Doch so war es nicht gewesen. Es war eine miese Nachricht auf dem Handy, bei der sie nichts sagen und erwidern konnte. Das raubte ihr immer wieder den Atem. Was brachte es also, wenn sie ihm nicht vernünftig danken konnte für die wunderschöne und zu kurz geratene Zeit, die sie miteinander verbrachten und sich lieben durften. Wieso sollte sie auf eine Beerdigung, wo man sie nur bemitleiden würde und sich Entschuldigungen anhören müsse, für einen Tod, der ihr selber so schrecklich leid tat.

"Das kann nicht dein ernst sein! Brook! Er hätte es so gewollt." rief Cotten aufgebracht. Und auch Robin kam aus dem Badezimmer wieder. Aber sie wollte das alles nicht hören und ging ins Schlafzimmer, wo sie sich an ihrem gemeinsamen Kleiderschrank betätigte. Sie faltete alles, was die letzten Wochen von beiden einfach reingeschmissen wurde. Brook war von Grund auf ein ordentlicher Mensch. Doch es fühlte sich dieses mal komisch an, wenn sie die Pullis und Hosen faltete.

"Brook hör sofort auf!" schrie Cotten, die nach einer Minute hinterherkam. Sie sah Brook auf dem Boden kauern, in den Händen ein T-shirt von James. Brook starrte in den Schrank, als wäre dort ein riesen großes schwarzes Loch. Ihre Hände krallten sich in das T-shirt. Und dann war ihr klar, wieso Cotten so hysterisch wurde. Denn die Tränen traten ihr bei dem Anblick seiner Kleidung sofort in die Augen. Sie sind der Auslöser. Sie alleine. Stofffetzen, die er getragen hat.

Brook fängt bei der Erinnerung an ihn wieder an zu weinen und zu schluchzen. So dass Cotten nichts anderes übrig bleibt, als sie in den Arme zu nehmen. Sie zieht ihr das T-shirt, welches er so oft zum schlafen trug, aus den Händen und schob die Tür zum Kleiderschrank zu. Cotten drückte ihren Kopf auf ihre Schulter, um über Brooks Haare zu streichen.

"Komm schon hör auf. Es wird alles wieder gut." versuchte sie sie zu besänftigen. Es brachte nicht viel. Brook hatte schon den Duft von ihm in ihrer Nase riechen können. Der Duft, der sich in ihre Gedanken drang und die ganzen Erinnerungen an ihn hervorbrachte. Sie sah ihn wieder vor sich, wie er lachte und lebte. Sie vermisste ihn so sehr, dass sie wieder anfing bei der Erinnerung zu schreien.

Das war der Moment, wo Robin hereinkam und beide am Boden entdeckte. Er biss sich auf die Unterlippe und wechselte mit Cotten einen Blick aus. Brook war sich sicher, dass sie genau so irgendwann ihre Freunde vergraulen würde. Irgendwann wird der Tag kommen, wo sie alleine hier sitzen würde und am Kleiderschrank an seinen Sachen schnüffelte, weil ihre Freunde es nicht mehr aushielten mit ihr.

"Ich habe ein paar Telefonate getätigt." sagte Robin später, als sie zu dritt wieder im Wohnzimmer saßen. Brook starrte in den kalten Tee. Natürlich hat er Telefonate getätigt. Etwas anderes machen sie nicht mehr. Sie müssen sich um alles kümmern, was James zurückgelassen hat. Seine Beerdigung in Spanien, zu der sie fliegen würden, Sein Studium, dass er nicht mehr beenden würde, das Krankenhaus seiner Ausbildung, dass er nie mehr betreten würde. Genauso wie das Apartment, dass nun Brook ganz alleine besaß. Und obwohl sie alle ebenfalls von ihm zurückgelassen wurden, konnten sie sich nicht um sich selbst kümmern.

"Brook, ich glaube es würde dir gut tun, eine Therapie zu starten." sagte er und sah sie abwartend an. Sie wirkte überrascht, aber nicht so überrascht wie Cotten, die sofort mit ihm eine Diskussion begann. Sie diskutierten, wie so oft. Aber dieses mal ging es um Brooks Wohlergehen. Bei dem Anblick der beiden, die so stritten musste sie leicht lächeln. Und ihr kamen direkt neue Tränen, weil sie so lange schon kein Lächeln mehr getragen hatte.

"Ich mache es." sagte sie und unterbrach somit beide. Cottens Augen sind groß und sie fragte sechsmal, ob sie sich sicher war. Doch Brook nahm es als Zeichen, als beide anfingen wie früher zu streiten. Brook dachte, dass sich so alles wieder zum alten wenden würde, wenn es schon mit so einer Kleinigkeit anfing. Sie lächelte mit Tränen in den Augen beide an.

"Seht mich doch an." sagte sie und deutete auf sich selbst. "Ich bin ein Wrack ohne ihn. Ich muss lernen, damit richtig umzugehen. Eine Therapie wird mir helfen nicht in Depressionen zu fallen. Oder etwas unüberlegtes zu tun." wenn sie etwas von James gelernt hat, der ständig Zeugs aus seinem Medizin Studium faselte, dann das gezielte Therapien gegen vieles rechtzeitig helfen können. Denn ihr war bewusst, dass auch Depression eine schwere Krankheit war. Sie musste mindestens eines für sich tun.

Lass uns unter dem Sternenhimmel tanzenWhere stories live. Discover now