Zweites; morning after

171 18 2
                                    

Die Sache war, dass ich mir schon oft ausgemalt hatte, wie es wohl war, neben Jimin morgens aufzuwachen.

In meiner Vorstellung waren wir dicht aneinander gekuschelt. Entweder hatte er seine Arme und Beine um mich geschlungen, als wäre ich ein übergroßer Teddybär, oder ich hatte meine Arme von hinten um ihn gelegt als großer Löffel.

Wir würden beide langsam wach werden und wenn Jimin die Augen aufmachte, würde er mich verschlafen anschauen. Auf seinen Lippen läge ein Lächeln, wenn er mich sehen würde. Und mir würde es genauso gehen.

Ich würde seine Stirn küssen und ihm einen Guten Morgen wünschen. Er würde sich darauf nochmal an mich kuscheln, weil er genauso wenig wie ich aufstehen wollte.
In meiner Vorstellung würden wir wohl nie aufstehen.

Mir wurde erst jetzt klar, wie kitschig und klischeehaft das war, als ich am nächsten Morgen die Augen aufmachte und Jimin tatsächlich neben mir lag.

Ich blinzelte ein paar Mal und wischte mir den Schlaf aus den Augenwinkeln. Das konnte unmöglich real sein. Nur langsam erkannte ich, dass das kein Traum war, sondern tatsächlich die Wirklichkeit.

Park Jimin lag neben mir im Bett.

Ich starrte ihn eine Weile fassungslos an. Er hatte, so weit ich sehen konnte, ein weißes T-Shirt an und seine Haare fielen ihm verstrubbelt ins Gesicht.

Ich betrachtete ihn fasziniert, wie er dort schlafend lag. Noch nie hatte ich ihn aus dieser Nähe beim Schlafen sehen können. Er sah einfach aus wie ein Engel, ich wusste keine bessere Beschreibung.

Selbst im Schlaf sah er unfassbar gut aus, es blieb mir ein Rätsel, wie er das anstellte.
Währenddessen sah ich aus wie ein Elefant im Koma oder so etwas ähnliches.

Mit einem verträumten Blick beobachtete ich den rothaarigen Mann beim Schlafen. Nach ein paar Minuten kam mir in den Sinn, wie gruselig und vor allem merkwürdig es wäre, wenn Jimin jetzt die Augen aufmachte und sah, wie ich ihn stumm anstarrte.
Ich schluckte und senkte den Blick auf die Bettdecke.

Ich überlegte kurz und kam dann zu einem Schluss: Ich musste zu allererst herausfinden, ob der Jüngere wach war. Doch wie sollte ich das herausfinden?
Sollte ich ihn antippen? Die Bettdecke wegziehen? Ihn aus dem Bett schubsen? Dann wäre er auf jeden Fall wach...
Kopfschüttelnd verwarf ich diese Gedanken sofort wieder. Das war doch lächerlich.

Ich atmete tief durch und räusperte mich dann ganz sachte.
"Jimin?" Meine Stimme war leise und ganz sanft. Während ich sprach, bemerkte ich, dass ich diese unangenehme brüchige Morgenstimme bekommen hatte. Ich räusperte mich leise noch einige weitere Male, um meine Stimme in den Griff zu bekommen.

Dann sah ich wieder zu dem kleinen Engel neben mir. Nichts. Er schlief anscheinend und das echt fest.
Mir entfuhr ein Seufzer. Jimin war also nicht wach, doch was sollte ich denn jetzt machen?

Ja, das war die Preisfrage: Was macht man, wenn sein jahrelanger Schwarm aufeinmal entschließt, sich in dein Bett zu schleichen und neben dir zu schlafen? Ich hatte keine Ahnung.

Ich war eigentlich nicht ganz unerfahren in Sachen Liebe, aber Jimin war für mich ein neues Level. Der Bursche schaffte es tagtäglich aufs Neue mich zu verwirren und ratlos zu machen. Auch wenn diese Situation hier wohl alles übertraf.

Doch auf einmal wurden mir alle Grübeleien abgenommen, als ich das Rascheln von Jimins Bettdecke hörte. Ich sah sofort zu ihm.
Er rieb sich die Augen und blinzelte ganz verschlafen gegen das spärliche Licht an, das durch die Gardinen schien.

Augenblicklich erstarrte ich und wartete ab, was Jimin machen würde.
Er gähnte einmal herzaft, was total niedlich klang, und drehte sich dann auf die Seite, sodass er mich ansehen konnte.

The Truth Untold | Yoonmin FFWhere stories live. Discover now