Kapitel 23

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Kapitel 23

Ich hatte mir zwar fest vorgenommen, etwas über Avans Vergangenheit herauszufinden, jedoch erwies sich dies, schwieriger als zuvor angenommen.

Im Internet konnte ich rein gar nichts finden. Ein entscheidendes Problem war zudem, dass ich nicht mal Avans Nachnamen wusste. Am einfachsten wäre es gewesen, wenn ich ihn hätte direkt fragen können, jedoch würde Avan dann mit Sicherheit misstrauisch werden, weshalb ich diese Idee streichen konnte.

Elli hatte es sich selbst zur Aufgabe gemacht, dahinter zu kommen, wie Avan an meinen Erinnerungen herum manipulieren konnte, hatte sich aber in den letzten Tagen nicht ein Mal Blicken lassen.

Mittlerweile war ich frustriert. Was sollte ich denn tun? 

Wie wäre es, wenn du einfach mal den Vermieter nach den letzten Familien fragst, die hier im Haus wohnten? Avan soll doch schließlich auch hier gelebt haben!

Ich haute mir gegen die Stirn. Darauf hätte ich aber auch gleich kommen können...

Also machte ich mich auf den Weg in die Küche. Meine Mom war gerade dabei, Blacky zu tätscheln und zu liebkosen. Ich schüttelte mich, als er ihr übers Gesicht leckte mit seiner widerlich, vor Speichel tropfenden, rosa Zunge.

"Mom, mach so weiter und du fängst dir noch Krankheiten", murmelte ich trocken und behielt einen sicheren Abstand zu dem schwarzen Fellklumpen.

Mom schnalzte missbilligend mit der Zunge und erhob sich vom Boden. "So ein Unsinn, Dia."

Ich beachtete ihren strengen Blick nicht und setzte mich an den kleinen Küchentisch. Mom pulte noch einige nicht vorhandene Flusen von ihrer Jacke und Hose und setzte sich dann zu mir.

Ich hatte keine Lust auf Smalltalk und sagte gleich, was mein Anliegen war.

"Ich brauch die Telefonnummer des Vermieters", sagte ich. Ich legte meine Hände in den Schoss und wartete. Sie schien ein wenig nachzudenken, ehe sie mir antwortete.

"Wozu brauchst du die Telefonnummer unseres Vermieters?" Ich biss mir auf die innere Wange und überlegte mir, was ich ihr als Ausrede erzählen sollte.

"Ähm... Für die Schule... Da müssen wir etwas über die Gebäude herausfinden, in denen wir leben", log ich und überkreuzte Mittel- und Zeigefinger beider Hände, sodass sie ja nicht mehr darauf einging.

Meine Mom aber wollte mich allen Anschein nach unnötig aufhalten. Sie schaute nun verwirrt und neugierig. "Die Geschichte von Gebäuden? So alt ist unser Haus doch auch nicht", äußerte sie verwundert.

Ich zuckte mit den Schultern. "Kannst du  mir die Nummer nun geben oder nicht?" Sie merkte wohl, dass ich gereizt war, denn sie nickte stumm und lief Richtung Wohnzimmer. Ich hörte das Rascheln von Papier und brauchte nicht lange zu warten, bis sie lächelnd mit einem kleinen Zettel in der Hand winkend, wieder in den Raum kam.

"Hier." Sie gab ihn mir und machte sich daran, die Spülmaschine aus und wieder einzuräumen. Ich überflog kurz, was auf dem karierten Stück Papier stand und ging dann in mein Zimmer.

Der Vermieter Mr Liberts war ein gebrechlicher alter Mann. Ich schätzte ihn für ungefähr hundert und wäre nicht verwundert gewesen, wenn er wirklich so alt war. Ich hatte ihn bei unserem Einzug bereits kennengelernt und wusste, dass er ein zwar sehr verwirrte aber ebenso netter Mann war.

Ich wusste außerdem, dass er alleine wohnte, was auch erklärte, weshalb ich fast fünf Minuten warten musste, bis er denn endlich ans Telefon ging. "Guten Abend", grüßte seine tiefe, zitternde Stimme.

Ich lächelte. "Guten Abend, Mr Liberts. Hier spricht Diary Baker." Ich hörte ihn am anderen Ende der Leitung husten.

"Ah, Kindchen. Was verschafft mir denn die Ehre?", fragte er und lachte. Vor meinem inneren Auge konnte ich sehen, wie er seine Brille richtete und die Falten an seinen Augen erst recht sichtbar wurden, immer dann, wenn er lachte.

GhostWhere stories live. Discover now