6| Afterstory

Começar do início
                                    

-

Mit verschwommenem Blick schaute ich um mich herum. Ich saß in einem schwarzen Auto. Er hatte mich aufgefordert, sitzen zu bleiben, weil er jemanden anrufen müsse. Ich wusste, auch ohne dass er es mir sagen musste, von seinem Vorhaben, die Polizei anzurufen.

Jemand wurde getötet und dann muss man die Polizei anrufen, weil sonst jemand Böses entkommt. Diesmal war ich die Böse. Ich wollte nicht böse sein. Ich wollte nicht.

Wimmernd flüsterte ich „Es tut mir leid" vor mich her, hielt mir die Ohren zu, um das quälend schrille Geräusch der Sirenen zu entkommen. Sie klangen allesamt anschuldigend; als würden sie wissen, was ich getan hatte, und mich nun vorwarnen, dass das ein böses Nachspiel haben werde.

Irgendwann verstummten diese Sirenen und ich wagte es, die Augen zu öffnen, doch schloss sie direkt wieder bei dem plötzlichen Blenden der roten und blauen Lichter.

-

Der Schlüssel drehte sich, das Schloss klackte und ich, ich weinte nicht mehr. Ich fühlte mich innerlich tot. Eine leere Seele ohne Anhaltspunkt außer dem Fremden vor mir, welcher mich von einem toten Mädchen weggeführt, in ein Auto reingesteckt und zu sich nach Hause entführt hatte.

Das klingt nicht gut.

Aber es war etwas Gutes. Der Fakt, dass dieser Mann mir aufmunternd zulächelte und meine Hand drückte und sich nicht von meinem ausdruckslosen Verhalten irritieren ließ; dieser war für mich in diesem Moment ein sehr großes Hoffnungslicht. Und das Einzige.

„Okay, du musst jetzt ganz still sein, ja, Clairy? Da drinne ist nämlich eine olle Hexe und wenn wir sie wecken, dann hext sie uns 24 Stunden schlechte Laune und Wut in den Kopf. Komm mit", teilte er mir mit und öffnete langsam – möglichst viel Lärm vermeidend – die Tür.

Was dann geschah, das frage ich mich im Nachhinein auch. Die Erinnerungen ab dem Betreten des Hauses sind an mir vorbeigerauscht wie der Wind an einem stürmischen Herbsttag. Es ist mir unklar, weshalb dieser Mann mir geholfen hat, aber ich bin ihm sehr dankbar. Auch, wenn ich es ihm nie sagen konnte.

„Clairy, hast du mir zugehört?", fragte er mich, nachdem er viele Sätze nacheinander runtergerattert hatte und mir dabei eindringlich in die Augen geschaut hatte. Stumm schaute ich ihm auch in seine. Sein Farbspiel, welches ich betrachtet hatte, faszinierte mich. Das sanfte Spiel der verschiedenen Blautöne war seltsam, aber schön.

„Nein", antwortete ich wahrheitsgetreu und bekam ein belustigtes Schmunzeln erwidert.

„Na gut, dann wiederhole ich mich, aber fasse mich kurz, ja? Wir sind jetzt eine Ecke weiter von deinem Haus entfernt. Ab hier musst du alleine gehen, sonst werden sie uns ausfragen. Geh' auch wirklich nachhause, rede mit keinem, den du nicht kennst und pass auf dich auf. Wenn etwas ist, dann ruf mich an. Und hab' keine Angst, niemand wird dir etwas antun."

Eine Lüge. Er würde mir sehr wohl etwas antun. Weil es meine Schuld war, dass sie jetzt tot war. Es war meine Schuld.

„Oh Himmel, bitte besuch mich, ja? Du bist jederzeit willkommen. Und behalte die Sachen ruhig, mein Kind wird sie nicht vermissen. Deine Klamotten habe ich gewaschen, sie sind in der Tüte."

-

Ich hatte ihn nie wieder besucht. Die Tüte direkt in den Müll geschmissen. Zuhause mit keinem gesprochen. In diesem Moment wollte ich mit keinem reden außer mit diesem Mann. Aber zeitgleich war er auch die letzte Person, mit der ich hatte reden können. Nur hatte ich das Gefühl, dass er mich verstanden hatte. Eben das, was kein anderer tun konnte.

Die Erinnerungen an ihn waren verschwunden. Bei dem Gedanken an den Mann erschien lediglich ein großgewachsener Mann mit dunklen Haaren und einem mir verschwommenen Gesicht. Selbst an die Stimme konnte ich mich nicht erinnern, es war einzig allein meine eigene Stimme, welche ich in meinen Gedanken wahrnehmen konnte.

Das ist alles, woran ich mich erinnere. Glaube ich zumindest. Ich bin mir eigentlich sogar so ziemlich sicher, dass ich so einiges vergessen habe und es noch irgendwo in mir schlummert. Ich... Tut mir leid, ich brauch ein wenig Zeit, ich weiß es gleich wieder. Es ist einfach, dass..."

„Claire, du musst nicht weiterreden. Ich glaube, das reicht für heute erst einmal. Was fühlst du heute, wenn du an diesen Mann denkst?"

Tiefeinatmend drehte ich meine Hand unter der von Nathan um, woraufhin er unsere Finger miteinander verschränkte und sanft drückte.

„Neugierde. Ich will wissen, wer mir das Leben gerettet hat."

Yeay, Auflösung und ein neues Rätsel, womit ich euch quälen kann*-* Nein, Spaß, ich würde euch niemals quälen wollen :b xxT~


Please, once againOnde as histórias ganham vida. Descobre agora