Minatos Teleportation

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Es war früh, sie hatte Kopfschmerzen und ihr war schlecht, doch trotzdem hatte sie es sich nicht nehmen lassen, bereits nach wenigen Stunden Schlaf aus dem Bett zu springen und den Trainingsplatz aufzusuchen. Das Kunai, das Kakashi ihr geschenkt hatte, hatte sie fest umgriffen, sorgsam darauf bedacht es nicht zu verlieren. Sie konnte es noch immer nicht glauben, dass Kakashi ihr ein solch wertvolles Geschenk gemacht hatte. Sie konnte sich nicht einmal ansatzweise vorstellen, wie schwer es für ihn gewesen war, konnte es lediglich erahnen, mit dem Wissen wie schwer es für sie gewesen wäre. Sie war ihm unendlich dankbar dafür. Für dieses kleine Puzzleteil, das das Rätsel, das sie seit Jahren zu lösen versuchte endlich vervollständigen würde.
Nachdenklich ließ sie sich mit dem Rücken an einen Baum auf den Boden sinken, betrachtete aufmerksam das kleine Messer in ihren Händen. Wie lange sie ein solches Kunai nicht mehr gesehen hatte. Früher hatte sie selten einen richtigen Blick darauf geworfen, viel zu alltäglich war es gewesen, doch jetzt fühlte sie sich beinahe so, als würde sie ein Kind in den Händen halten, das zerbrechen könnte, wenn man es nur zu fest berührte. Sanft strich sie über das glänzende Metall. Als wäre es erst gestern gewesen, sah sie ihren Bruder vor ihren Augen, wie er mit den sonderbaren Wurfmesser trainierte, immer besser wurde und seine kleine Schwester immer weiter hinter sich ließ. Sie hatte immer in seinem Schatten gestanden, doch nun hatte sie die Möglichkeit endlich aus diesem hervorzutreten.
Vorsichtig berührte sie die Schriftzeichen auf dem schmalen Griff. Zärtlich fuhr sie mit der Fingerkuppe die Kanji nach, versuchte sich jedes einzelne in ihr Gedächtnis einzubrennen, um es ja nie wieder zu vergessen.
Sie war dieses Jutsu ganz falsch angegangen, das war ihr schnell klar geworden, als sie die Schriftzeichen gesehen hatte. Sie hatte ihren Bruder falsch eingeschätzt aufgrund dessen, was er ihr damals in ihrer Kindheit beigebracht hatte und nun stand sie vor einem Problem. Dem Problem, dass sie ihr gesamtes Training umstrukturieren musste und noch einmal bei null beginnen durfte.
Sie seufzte, raufte sich mit ihrer freien Hand die Haare und schloss resigniert die Augen. Sie hatte bereits solange trainiert, doch nun durfte sie noch einmal ganz von vorne anfangen.
„Guten Morgen!", riss eine viel zu laute Stimme sie aus den Gedanken und bereits aus der Ferne erkannte sie eine grüne Gestalt in rasender Geschwindigkeit zum Trainingsplatz stürmen. Sie stöhnte. Zwar hatte sie nicht vergessen, dass sie sich im Laufe des Abends mit Gai verabredet hatte, doch wenn sie ehrlich war, hatte sie sich gewünscht, dass der Jo-Nin ein wenig länger schlafen würde. Ihre Kopfschmerzen machten es ihr eh schon schwer genug sich zu konzentrieren und sein lautes Organ würde sicher auch keine positiven Auswirkungen haben. Bereits jetzt spürte sie ihre Ohren unangenehm pochen, dabei war der Shinobi noch ein ganzes Stück von ihr entfernt.
Langsam erhob sie sich und stützte sich an den Baum. Ihr Magen drehte sich um und ihr wurde kotzübel. Selbst die kleinste Bewegung war ihr ein Grauen, wie sollte sie bloß mit Gai mithalten.
„Ich wusste, dass du schon hier sein würdest. Kakashi meinte zwar, du würdest sicherlich gerne etwas länger schlafen, aber dass du dir kein Training entgehen lassen würdest, war mir klar.", strahlte Gai und sah dabei aus, als wäre er gestern bereits um acht ins Bett gegangen und nicht erst um fünf Uhr morgens. Kyoko selbst hatte es heute morgen nicht gewagt einen Blick in den Spiegel zu werfen. Wenn sie nur halb so schlimm aussah, wie sie sich fühlte, wollte sie sich den Anblick lieber ersparen.
„Guten Morgen, Gai.", grüßte sie den Jo-Nin mit einem wenig begeisterten Lächeln zurück, doch der andere schien nicht zu bemerken, dass sie kurz davor stand, sich zu übergeben.
„Wollen wir zuerst nicht 50 Runden um den Trainingsplatz laufen?", schlug er vor und klatschte die Hände aneinander.
„Nein, viel besser 100 Runden.", ergänzte er seine Worte motiviert und Kyoko wurde blass. Allein bei dem Gedanken 100 Runden zu laufen, wurde ihr ganz seltsam.
„Gai, ich glaube das ist keine gute Idee." Ein gut gelaunter Kakashi landete aus dem Nichts vor ihnen und ließ die beiden anderen zusammenfahren.
„Kakashi, du kannst dich doch nicht so anschleichen.", fauchte die Brünette, die nicht ausschließen konnte, dass sie gerade einen Herzinfarkt erlitten hatte. Sie war an sich schon nicht unbedingt der aufmerksamste Mensch, doch heute, nach dieser Nacht, fühlte es sich für sie beinahe unmöglich an auch nur ihren Rücken im Blick zu haben, geschweige denn alles was weiter als ein Meter von ihr entfernt war.
„Du hast Recht Kakashi, laufen ist langweilig. Wir sollten die 100 Runden auf den Händen absolvieren.", ging Gai sofort begeistert auf das Gesagte ein und seine Augen fingen bedrohlich an zu leuchten.
Kyoko war sich nicht sicher, ob sie Kakashi nun umbringen musste. Hatte er das extra gemacht? War das die Strafe dafür, dass er sie gestern hatte nach hause bringen müssen. Flehend sah sie zu ihm auf. Ihr war es schon peinlich genug, dass er gestern hatte auf alle aufpassen müssen, da musste er sie doch nicht noch mehr bestrafen.
„Das meinte ich nicht, Gai.", sagte letzter jedoch nur lässig wie eh und je und verschränkte die Arme vor der Brust: „Kyoko arbeitet gerade an einem neuen Jutsu, wie wäre es, wenn du dich warm läufst und ihr danach fortfahrt." Sie verspürte den starken Drang dem Koperninja um den Hals zu fallen vor Erleichterung. Er wollte sie gar nicht bestrafen, er wollte dafür sorgen, dass sie ihr Frühstück im Magen behielt.
„In Ordnung, aber danach trainieren wir, Kyoko.", rief Gai aus und machte sich bereits auf den Weg: „Ich bin in fünf Minuten wieder zurück." Und dann war er in einer Staubwolke verschwunden. Perplex sah die Kunoichi ihm nach.
„Fünf Minuten?", brachte sie entsetzt über die Lippen und sah Kakashi panisch an. In fünf Minuten würde es ihr sicherlich noch nicht besser gehen. Sie zweifelte wirklich daran, ob es ihr heute überhaupt irgendwann besser gehen würde.
„Er wird länger brauchen, keine Sorge und wenn er sieht, dass du noch beschäftigt bist, dann wird ihm schon etwas einfallen.", beruhigte der Silberhaarige sie mit einem mitleidigen Lächeln, aus dem sie schloss, dass sie wohl wirklich fürchterlich aussehen musste. Es gefiel ihr gar nicht, dass Kakashi sie so sah, doch das hätte sie sich überlegen müssen, bevor sie überstürzt das Haus verlassen hatte.
Sie seufzte.
„Ich werde wohl auch etwas länger brauchen, ich habe das ganze Jutsu komplett falsch eingeschätzt und muss komplett von vorne anfangen.", erklärte sie dem Shinobi resigniert und deutete mit dem Finger auf die Schriftzeichen des Kunais. Er beugte sich ein Stück vor, betrachtete diese interessiert.
„Ich dachte bei seiner Teleportation würde es sich um ein besonders gut ausgeführtes Shunshin no Jutsu handeln, doch ich lag anscheinend falsch.", erklärte sie und ließ ihre Haare fliegen als sie enttäuscht den Kopf schüttelte: „Aber anscheinend hat er nicht einfach nur seine Geschwindigkeit zum Maximum erweitert, sondern tatsächlich den Raum manipuliert."
Kakashi nickte nachdenklich, sah noch immer auf das Kunai hinab.
„Du hast recht, es scheint eher einem Kuchiyose no Jutsu zu ähneln.", bestätigte er ihre Vermutungen: „Du hast diese Teleportation bisher nur dadurch zustande gebracht, in dem du deinen Körper mit Chakra beschleunigt hast?"
Sie nickte bestätigend.
„Das ist beeindruckend, ich habe bis auf deinen Bruder selten einen Shinobi gesehen, der Shunshin no Jutsu auf diesem Level beherrscht." Anerkennend zog er seine Augenbraue in die Höhe, bis sie unter seinem silbernen Haar verschwand und Kyoko schoss das Blut in die Wangen und ihr Blick senkte sich. Es freute sie zu hören, dass sich ihr Training zumindest im Bezug auf ihre Geschwindigkeit ausgezahlt hatte.
„Danke.", nuschelte sie, ließ sich einige Haarsträhnen in das Gesicht fallen, damit Kakashi nicht sehen konnte, wie rot sie wieder geworden war: „Ich habe die letzten Jahre beinahe nur daran gearbeitet, es freut mich, dass du das so siehst." Sie lächelte, war sich jedoch nicht sicher, ob er das unter ihrem braunen Haarvorhang sehen konnte, sodass sie vorsichtig den Kopf wieder hob. Nachdenklich sah er sie an.
„Wieso eigentlich?", fragte er dann und sie legte verwirrt den Kopf auf die Seite.
„Wieso was?"
„Wieso hast du dich so auf das Jutsu deines Bruders fixiert. Du hast die Möglichkeit alle fünf Chakra-Naturen zu kontrollieren und diese sogar zu verbinden, nutzt dieses Potenzial aber nicht. Es ist mir bei unserem Kampf und auch auf den Missionen aufgefallen. Du verlässt dich hauptsächlich auf dein Tai-Jutsu, benutzt jedoch kaum starke Nin-Jutsu, obwohl es in die meisten Situationen für dich sehr viel einfacher sein würde.", analysierte er und Kyoko kam nicht umhin staunend zuzugeben, wie schnell er ihre Kampfart durchschaut hatte. Er wäre wirklich ein beängstigender Gegner, wenn sie auf verschiedenen Seiten gestanden hätten.
„Nun ja, es ist so, dass durch die Versiegelung meines Juins die Kontrolle des fremden Chakras in meinem Körper sehr viel schwieriger geworden ist. Ich kann kaum einschätzen oder vorhersagen wie viel Chakra ein Jutsu verbraucht und so kann es passieren, dass ich mit einem zu starken Nin-Jutsu meine gesamten Chakrareserven aufbrauche, sodass ich im besten Fall darauf verzichte mich diesem Glücksspiel auszusetzen. Vor der Versiegelung war das anders, da hatte ich die volle Kontrolle über das ganze Chakra und habe mich viel mehr darauf verlassen, doch mittlerweile bin ich immer in der Gefahr, dass es mich plötzlich verlässt.", erklärte sie und zuckte mit den Schultern, ehe sie flüsternd noch etwas hinzufügte: „Außerdem gibt es nur zwei Jutsus, die mir wirklich etwas bedeuten."
„Und wenn du ein elementunabhängiges Jutsu anwendest, kannst du auf dein eigenes Chakra zurückgreifen und es kontrollierter bündeln?", spann Kakashi ihre Erläuterungen weiter und wieder war Kyoko überrascht, wie schnell der Kopierninja verstand und das obwohl sie durch die Experimente Orochimarus zu so einem seltsamen Sonderfall geworden war.
„Genau, die Kontrolle fällt mir bei meinem eigenen Chakra sehr viel leichter.", bestätigte die Kunoichi seine Überlegungen mit einem Nicken. Er wirkte noch immer nachdenklich, warf einen schnellen Blick auf das Kunai in ihren Händen und fuhr sich dann mit der Hand durch die Haare.
„Dann sollte dir das Teleportations-Jutsu deines Bruders doch keine Probleme bereiten.", meinte er dann aufmunternd und lächelte: „Den schwierigsten Teil davon kannst du bereits. Du kannst dein Chakra so an ein Siegel binden, dass dein Körper sich dorthin zieht. In welchem Raum du das nun vollbringst, ändert wenig an dem Jutsu selbst." Ihre Augen weiteten sich. Hatte Kakashi wohl möglich recht? Würde sie nicht wieder von vorne beginnen müssen?
„Meinst du wirklich? Ich habe mich nie besonders mit diesen Raum-Zeit-Jutsus befasst. Orochimaru hatte mal begonnen mir eine Kuchiyose beizubringen, doch seine Schlangen weigerten sich einen Vertrag mit mir einzugehen, sodass er es letztendlich ließ.", erzählte sie und umgriff das kleine Messer ein wenig fester. Sie wünschte es sich so sehr das Jutsu ihres Bruders zu beherrschen, doch wenn sie jetzt zu viele Hoffnungen zu ließ, würde sie hinterher nur umso mehr enttäuscht sein. Es war nicht unrealistisch, dass sie noch einmal vier Jahre daran arbeiten musste, auch wenn sie einen Teil davon schon beherrschte.
„Selbstverständlich wird es trotzdem einiges an Arbeit werden, aber hättest du den anderen Weg nicht eingeschlagen, dann hättest du nie so ein ausgezeichnetes Shunshin no Jutsu entwickelt, das vielleicht sogar an das deines Bruder heranreicht." An das ihres Bruder. Immer wieder wiederholte sie die Worte in ihrem Kopf und ein leichtes, wehmütiges Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Hatte sie ihn endlich einholen können?
„Alles ok?"
Sie hatte gar nicht gemerkt, dass sie begonnen hatte zu weinen und zahlreiche kleine Tränen auf das Metall in ihrer Hand tropften. Lächerlich wie alles sie immer wieder zum Weinen brachte. Sie grinste. Aber sie war so glücklich über seine Worte. Dass grade Kakashi ihr sagte, dass sie an ihren Bruder heranreichte, machte sie unglaublich stolz. Grade er, der so viel Zeit mit ihrem Bruder verbracht hatte.
Schnell wischte sie sich die Tränen weg und hob den Blick.
„Danke Kakashi."
Er sah sie überrascht an, schien einen kurzen Moment zu brauchen, ehe sich ein Lächeln unter seiner Maske schlich ehe er ihr kurz zunickte. Er hatte verstanden.
„Ich kann dir die Fingerzeichen zeigen, wenn du möchtest.", schlug er dann vor und ein Strahlen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Wenn Kakashi ihr half, dann würde sie es schaffen, da war sie sich sicher. Er war schon früher so ein herausragender Ninja gewesen, war es noch heute und sie zweifelte nicht daran, dass er auch ein ausgezeichneter Lehrer war.
„Wie bist du eigentlich so nett geworden?" Es war kaum mehr als ein Murmeln, das ihren Mund verließ und doch hielt sie überrascht inne, verfluchte sich selbst, dass sie ihren Gedanken laut ausgesprochen hatte. Wieso konnte sie nicht einmal die Klappe halten? Sie spürte wie ihr das Blut in die Wangen schoss. Verdammt, ob sie Kakashi wohl gekränkt hatte?
Keine Regung konnte sie seinem Gesicht entnehmen, er blieb absolut bewegungslos und angespannt sah sie zu ihm hinauf, darauf gefasst, dass er gehen würde oder sie anmeckern würde. Doch nichts dergleichen geschah, Kakashi blieb stumm.
„Ähm, Kakashi, es tut mir Leid, ich wollte dich nicht kränken oder so.", flüsterte sie leise, fuhr sich unsicher durch die Haare und wartete gespannt darauf, dass der Shinobi vor ihr endlich irgendwie reagieren würde. Selbst, wenn er sie anschreien würde, alles war besser als diese Stille. Kurz, wie der Flügelschlag eines Schmetterlings, sah sie diesen tiefsitzenden Schmerz in seinem schwarzen Auge aufblitzen, doch er verschwand so schnell, wie er gekommen war. Es tat ihr weh das zu sehen. Sie wollte nicht dafür verantwortlich sein, dass er sich so fühlte. Wenn sie doch nur nicht immer reden würde, ohne darüber nachzudenken. Wenn sie doch, wie ein erwachsener Mensch, ihre große Klappe unter Kontrolle hätte. Wütend auf sich selbst ballte sie ihre freie Hand zur Faust. Das war doch lächerlich.
„Schon gut."
Überrascht sah sie auf. Kakashi lächelte. Noch immer schien er traurig, doch er schien ihr nicht böse zu sein. Erleichtert atmete sie auf. Wenigstens hatte sie ihn noch nicht verscheucht, etwas, das zwangsläufig passieren würde, wenn sie nicht endlich ihr Mundwerk unter Kontrolle bekam. Sie wollte ihn nicht noch einmal verletzen, sie musste sich einfach besser unter Kontrolle haben.
„Komm, ich zeig dir die Fingerzeichen.", schlug der Koperninja noch immer lächelnd vor und sie nickte. Sie konnte es nicht erwarten das Jutsu zu erlernen und vielleicht konnte ein wenig Training ja auch Kakashis Schmerz aus seinem Gesicht wischen. Vielleicht würde ihm ein bisschen Bewegung gut tun, dachte sie bei sich, ehe sie dem Silberhaarigen folgte, der bereits auf die Mitte des Trainingsplatzes getreten war und auf sie wartete.

Kyoko Namikaze - Die Geschichte einer KämpferinWhere stories live. Discover now