Kapitel 16

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Natasha P.o.v.
Ein kaum hörbares Klopfen und eine sanfte Stimme weckten mich.
"Natasha? Bist du wach? Darf ich reinkommen?"
Ich brauchte einen kurzen Moment, um zu realisieren, wo ich nochmal war und was heute für ein Tag war.
Ich rieb mir mit meinen Händen einmal kräftig durch die Augen, damit ich nicht wieder einschlief.
"Geb mir 5 Minuten, dann bin ich fertig."
"Okay. Ich warte solange hier vor der Tür."

Mit Schwung hievte ich mich aus meinem Bett und zog mir ein altes, nicht mehr ganz so weißes Hemd, das ich hier in einer alten Kiste entdeckt hatte, an und meine schwarze Hose, mit der ich damals hergekommen bin.
Aus einer Schublade zog ich ein frisches Paar Socken und stülpte sie über meine, meiner Meinung nach, viel zu klein geratenen Füße.
Dann schritt ich zurück zu meinem Bett und holte den Rucksack, die Schuhe und das Messer darunter hervor.
Ich hatte sie nur sicherheitshalber unterm Bett versteckt. Natürlich würde hier keiner Einbrechen und diese Sachen klauen, aber ich erwartete lieber das Unerwartete, als mich davon überraschen zu lassen.

In einer Bewegung schlüpfte ich in die Schuhe und hüpfte gleichzeitig rüber zum Waschbecken, um ein wenig Zeit zu sparen.
Ich putzte mir schnell die Zähne und schoss mir mit meinen Händen eine kalte Ladung Wasser ins Gesicht.

Zum Schluss schmiss ich das Messer in den Rucksack und trat dann damit nach draußen.
Dort erwartete mich ein schmunzelnder, an die Hütte gelehnter Thomas.
"Das waren genau 4 Minuten und 23 Sekunden."
Ich fing an zu lachen. "Hast du etwa gezählt?"

Er hob seinen rechten Arm und mein Blick fiel auf die Armbanduhr, die um sein Handgelenk hing. "Nein, das hat die hier für mich gemacht."

"Ich dachte ihr habt keine Wecker."

"Haben wir ja auch nicht. Wir haben nur Armbanduhren und die haben nur eine Funktion: uns die Uhrzeit anzeigen."

"Wenn ihr schon Armbanduhren bekommt, warum schicken die dann nicht gleich Wecker hinterher?", fragte ich ihn, während wir anfingen Richtung Nordtor zu laufen.

Er lachte kurz auf. "Tja, frag das mal die, die uns hier reingesteckt haben."

"Ihr habt nicht zufällig auch eine Armbanduhr für mich?"

Daraufhin kratzte er sich kurz am Hinterkopf und dachte nach. "Ja, ich kann mal Alby fragen. Der hat bestimmt noch welche."

"Danke Thomas...und danke übrigens, dass du mich aufgeweckt hast, sonst hätte ich wahrscheinlich noch verschlafen."
Ich berührte ihn kurz an seiner Schulter, weil er beim Gehen seinen Blick wieder nach vorne fokussiert hatte.
Darauf guckte er wieder seitlich zu mir und lächelte mich warm an.
"Das habe ich doch gerne gemacht."

Plötzlich fiel mir ein, dass ich noch gar kein Proviant für heute gepackt hatte.
"Mist, Thomas? Können wir noch schnell zu Bratpfanne? Ich hab vergessen mir Proviant zu holen."

"Ach, müssen wir nicht unbedingt. Ich hab genug für uns beide gepackt. Da kann ich dir ja gleich was von geben."

Als Bestätigung nickte ich.

Diesmal wanderte sein Blick über die gesamte Lichtung. Wir hatten das Nordtor schon fast erreicht, aber man hatte immer noch einen guten Überblick über das ganze Feld.
Thomas ernster Blick, den er aufgesetzt hatte, als er die Umgebung abgescannt hatte, verwandelte sich in ein Grinsen.
"Schau nur, wir sind sogar früher da, als die anderen."

Er hatte zwar Recht, wir waren früher als die anderen, aber viel Vorsprung hatten wir wirklich nicht. Nur ein paar Sekunden nachdem wir am Nordtor ankamen, waren auch schon die anderen da.

Minho begrüßte uns.
"Na, seid ihr startklar?"
"Klar sind wir das", antworte Thomas und legte dabei seinen Arm kurz über meine Schulter.
Bei seiner Berührung machte mein Herz einen Sprung. Ich blickte auf meine linke Schulter, auf der Thomas Hand noch lag.
Lag es daran, dass er mich berührt hatte?
Oder war ich vielleicht einfach nur aufgeregt gleich ins Labyrinth zu gehen?
Ich tippte eher aufs Labyrinth, denn darauf hatte ich mich ja schon die ganze Zeit gefreut.

Dennoch, als Thomas seinen Arm wieder weg nahm, fühlte ich mich plötzlich leer.
All die Freude und Aufregung, die ich Sekunden vorher noch verspürt hatte, war komplett verschwunden.
Die Elektrizität, die von seiner Hand aus über meinen ganzen Körper wanderte, war im Erdboden versunken.
War es dann vielleicht doch nur wegen Thomas? Lag es an ihm, dass mein Herz so einen Sprung machte?

Widerwillig schob ich diese Gedanken bei Seite. Ich musste mich jetzt erstmal voll und ganz aufs Labyrinth konzentrieren.

Thomas hatte zwar gesagt, dass sie sich immer erst nach ein paar Minuten aufteilten, aber dennoch konnte ich schon die Gruppierungen erkennen, als wir losliefen.
Vorne lief Minho mit einem Jungen zusammen, in der Mitte liefen Thomas und ich und das Schlusslicht bildeten drei weitere Jungs, die ich nicht kannte.

An einer Kreuzung hielten wir an.
Minho übernahm das Aufteilen.
"Ich und Jason, wir werden geradeaus laufen, Amir, Chris und Marc, ihr lauft den rechten Teil ab und ihr zwei, Thomas und Natasha, ihr werdet dem linken Gang folgen.
Habt ihr soweit alles? Denkt dran, bleibt immer aufmerksam und sucht nach Auffälligkeiten. Verlauft euch nicht und seid rechtzeitig wieder zurück. Verliert die Zeit nicht aus den Augen, das kann im Labyrinth tödlich enden."

Amir, Chris und Marc nickten und kehrten daraufhin rechts ein.
Bevor Thomas und ich nach links verschwinden konnten, packte ihn Minho am Arm und zog ihn etwas an sich ran. Mit ernster Miene, flüsterte er Thomas ins Ohr. "Sei vorsichtig und pass auf das Mädchen auf.
Verlier sie nicht aus den Augen. Ich möchte sie am Ende des Tages Wiedersehen und nicht nach ihr suchen müssen."

Thomas guckte Minho direkt ins Gesicht, mit einem Blick, den ich schwer deuten konnte, nickte dann aber nur und drehte sich von ihm weg.
Er machte eine Handbewegung und deutete in unseren Gang. "Komm, wir müssen los. Wir sollten keine Zeit verschwenden."

THE MAZE RUNNER (Thomas ff)Where stories live. Discover now