Kapitel 34: Es tut mir leid

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"Pssst.", machte Luke und hielt sich einen Finger vor den Mund.
Ich ging hinter Aiden, Toby hinter mir.
Die Sträucher und das Efeu, das sich an den Säulen des Einkaufszentrums hochgeschlugen hatte, raschelten. Man konnte jedes kleinste Geräusch hören, denn alle waren mucksmäuschenstill.
Alle waren angespannt und das merkte man auch.
Es war höchstens mal ein leises Keuchen zu hören.
Wir versuchten so leise wie möglich zu gehen, denn wenn sie auch nur den kleinsten Fußschritt hörten, war es vorbei. Die Beißer waren unter uns, in der Haupthalle, alle auf einem Haufen, und es war nun ganz alleine unsere Verantwortung wenn wir sterben würden.
Wir mussten einfach nur einen anderen Weg raus finden, denn die Beißer versammelten sich ausgerechnet vor dem Haupteingang und versperrten so den Weg, mal abgesehen davon wäre der Haupteingang der sichere Tod.
Wir würden direkt auf die Straße laufen und von tausenden Beißern umzingelt werden.
Deswegen suchten wir einen Hinterein/ beziehungsweise Ausgang.
"Melina."
Toby zog an meiner Jacke.
Ich drehte mich um und sah ihn im Halbdunkeln wie er auf einen Laden zeigte.
Ich konnte nicht wirklich erkennen was er meinte, denn es war stockdunkel.
Durch unseren plötzlichen Zwischenfall, hatten wir beschlossen gleich zu gehen, was uns keine Zeit ließ auf den nächsten Morgen zu warten.
Und das machte alles doppelt so schwierig.
"In dem Laden ist vielleicht ein Ausgang.", zischte Toby und versuchte mich aus der Reihe zu ziehen.
"Warum denkst du das?", fragte ich immer noch blind vor Dunkelheit.
Er deutete auf ein Schild ganz weit hinten im Laden.
Man konnte es kaum erkennen, da die Glastüren des Ladens verschmiert von Blut, Dreck und Staub waren.
Zudem leuchtete das Schild nicht mehr, wie es eigentlich der Fall sein sollte.
"Warum ist da so viel Blut?", fragte nun Luke verängstigt der hinter Toby ging.
"Halt die Klappe man!", zischte Aiden und zog an der Kette von Armen.
"Au!", jammerte ich nun.
"Wenn ihr jetzt nicht sofort alle die Klappe haltet geh ich wegen euch noch drauf!"
"Halt doch selbst deinen Mund.", meinte Toby total entspannt und zog uns zu dem kleinen Laden mit dem Exit Schild rüber.
"Haltet euch bereit.", fügte er hinzu und ließ meine Hand los.
"Toby."
"Jeder für sich, Melina."
Ich nickte.
Er gab mir einen Kuss auf die Wange und zückte ein Messer.
Ich holte ebenfalls mein Messer raus und hielt es hoch.
Er riss mit Schwung die Tür auf und wie auf Kommando kam ein Beißer nach dem anderen aus dem winzigen Laden raus.
Uns empfang ebenfalls ein widerlicher Geruch an den ich mich mittlerweile gewöhnt hatte.
Ein Geruch von Verwesung, Abfall, vergammeltem Essen, sogar von Erbrochenem.
Ich verzog angewidert mein Gesicht.
Ein Stich nach dem anderen, einer nach dem anderen, immer weiter, weiter, weiter, weiter...
Meine Sicht verschwamm.
Weinte ich?
Nein.
Was war plötzlich los?
Ein lautes Krachen war zu hören gefolgt von einer Erschütterung.
Ein riesiges Stück der Decke war rausgebrochen und auf den Boden des Ladens gefallen.
Das Stöhnen hatte plötzlich aufgehört.
"Toby?", fragte ich zittrig und hielt mein Messer fest umklammert.
Der Staub und die Dunkelheit umschlangen mich.
Ich hörte eine Stimme.
"Das ist alles deine Schuld du inkompetentes Arsch-"
Die Stimme verstummte.
"Hallo?", fragte ich zittrig und streckte die Hand, in der ich mein Messer hielt, aus.
"Melina geh!", rief mir eine Stimme zu.
War es Tobys Stimme?
Egal, keine Zeit nachzudenken.
Ich drehte mich um und hörte sie schon.
Die Beißer, die eben noch unten gewesen waren, wankten nun auf den kleinen Laden zu.
Der Krach hat sie angelockt.
Und was wird aus Toby?
Ich kletterte mit vorsichtigen Schritten über den Haufen Schutt der sich auf dem ganzen Fußboden verteilte.
Angestrengt suchte ich nach Toby, oder jemandem anderen, doch niemand, selbst die Stimme die sich eben noch lautstark aufgeregt hatte war verstummt.
Tränen rollten mir die Wangen runter.
Waren sie alle tot? Einfach so? War ich die einzige überlebende? Wie?
Warum?
Ich kletterte und kletterte, ohne Sinn und Zweck.
Der Weg durch den Schutt kam mir unendlich lang vor.
Ich hatte ihn doch eben erst wieder gefunden.
Endlich war ich an der Tür angekommen, ich öffnete sie.
Ein Quietschen ertönte.
Normalerweise sollte mir jetzt warmes Sonnenlicht entgegen strahlen, eine Hoffnung auf eine Besserung, eine Hoffnung auf ein neues Leben, aber nichts. Es war stockdunkel draußen, die Luft war kühl und roch verwesen.
Kein Fünkchen Hoffnung übrig.
Ich fand mich auf einem kleinen Dachbalkon wieder, der Balkon führte einmal um das gesamte Einkaufszentrum, sogar zu dem Teil, an dem man in die Glaskuppel reinschauen konnte.
Ich ging ein paar Meter und fand zwei große Schornsteine aus Metall, grade so viel Platz, als dass man dort sitzen könnte.
Traurig und erschöpft drückte ich mich gegen die Wand an der die Schornsteine standen und sank zu Boden, die Beine angewinkelt, der Kopf in den Armen.
Wieso musste es immer wieder so kommen?

Eine Weile saß ich so da, ich war fast eingeschlafen, bis mich zwei Stimmen lautstark aus meinem leichten Schlaf rissen. Es dämmerte langsam und die Vögel, sofern ich mir das nicht einbildete, fingen an zu zwitschern.

"Wir hätten dich nie mitnehmen sollen du Krüppel!"
Aidens Stimme.
Warum Aiden?
"Ich hab mein Leben für einen Menschen riskiert und was hast du gemacht?"
Lukes Stimme.
"Du hast dein Leben für ein Mädchen riskiert was dich nicht mal liebt du Vollidiot!"
Keine Antwort.
"Du solltest lieber gleich sterben, bevor ich am Ende genauso ein Krüppel werde wie du oder sterbe und du wirst mich nicht daran hindern zu überleben! Niemand von euch!"
Ein Schuss ertönte, gefolgt von einem Schrei.
Ich sprang auf und nahm mir meinen Rucksack.
Was auch immer da geschah, ich musste es verhindern.
"Hey!", schrie ich.
Eine Feuerleiter führte runter auf einen Rasen, auf dem Luke lag.
Aiden über ihm erneut schussbereit.
"Lasst den Quatsch! Bitte!"
Aiden drehte sich um und richtete die Pistole nun auf mich.
"So so, Retterin der Welt, Melina, engelsgleich und so unschuldig wie nur möglich."
Ich schaute ihn ernst an.
"Aiden, nimm die Waffe runter."
"Was dann?"
Er schoss... Und traf ganz knapp den Rasen neben mir.
"Okay. Dann geh du. Ich nehm Luke und du verschwindest, niemand muss sterben, du kannst alleine gehen."
"Zu lustig.", gluckste Aiden nun.
Sein Blick schweifte nun zurück zu Luke der immer noch am Boden lag und wie ich jetzt erst sah, eine Schusswunde im Bauch hatte.
"AIDEN.", schrie ich nun so wütend, dass ich instinktiv meinen Rucksack wegwarf und meine Pistole zückte.
"Was nun Prinzessin?"
Er drehte mit lachend den Rücken zu.
Mir war nun alles egal.
Aiden-musste-sterben.

Ich  schoss ihm ins Bein, womit er überhaupt nicht gerechnet hatte.
Er drehte sich wieder wie ein irrer lachend zu mir um.
Und schoss, immer wieder, wieder und wieder, bis sein Magazin leer war.
Anschließend warf er die Pistole weg und ließ sich ins Gras neben Luke fallen.
Ich spürte plötzlich einen Schmerz an meiner Schulter.
Er hatte mich tatsächlich gestreift.
Es blutete und tat verdammt weh.
Aber ich musste das zuende bringen.

Ich bewegte mich wie in Trance vorwärts, meine Pistole in der Hand und ließ mich auf Aiden fallen.
Er machte keine Anstalten sich dagegen zu wehren.
"Bitte, bring es endlich zu Ende Melina.", flüsterte er leise und schloss seine Augen, die mittlerweile von Tränen erfüllt waren.
"Ich wollte nie, dass es so..-", murmelte er doch ich unterbrach ihn.
Ich richtete meine Pistole auf die Mitte seiner Augen, ohne ihn Aussprechen zu lassen und drückte ab.
"Es tut mir leid."

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⏰ Last updated: Feb 17, 2017 ⏰

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