Kapitel 1

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Vilu POV

Früh am Morgen begab ich mich in die Küche, um mir einen Kaffee zu holen. Ich ging immer so früh runter, damit ich niemandem begegnete.

Ich will mich gar nicht im Spiegel ansehen. Vermutlich sind meine Augen rot wie Feuer und meine Augen sind durch die dunkelblau bis schwarzen Augenringe besonders betont. So will ich wirklich niemandem begegnen. Ich wünschte, ich wäre wie ein Computer, der keine Gefühle zulässt und wenn etwas schief läuft, resettet er sich einfach. Er kann auch spitzenmäßig Fehler beheben. Mein Herz hätte so einen Fehlercheck wirklich nötig. Schon verrückt, dass ich jetzt Kaffee trinke, naja es hält mich wach und das ist wichtig. Wenn ich schlafe, träume ich ausschließlich von Leon. Lassen wir mal erneut einen schmerzvollen Tag beginnen.

X: Früher hast du nie Kaffee getrunken.

Ich erkannte an der Stimme, wer dort hinter mir am Esstisch saß. Ich drehte mich nicht um, sondern schenkte mir einfach den Kaffee in einen Becher.

Vilu: Naja jetzt schmeckt er mir eben.

Emily stand auf und stellte sich hinter mich.

Em: Glaubst du wirklich, ich würde nicht merken, dass du nicht mehr schläfst? Oder, dass du die ganze Zeit weinst? Ich möchte dir helfen Vilu, wieso stoßt du mich weg?

Die Tasse fiel mir aus der Hand und ich fing an zu weinen. Ich drehte mich zu Emily, die mich sofort in den Arm nahm.

Vilu: Ich will dir und deiner Familie nicht zur Last fallen. Ich darf doch schon hier bei euch über die Ferien bleiben, weil meine Eltern nicht da sind.

Em: Das tust du nicht. Du wärst genauso für mich da und genau dafür sind Freundinnen da. Ich weiß, dass Leon dir mit seinen Worten an der Beerdigung das Herz gebrochen hat, aber ...

Vilu: Nein da hat er mir nicht das Herz gebrochen.

Em: Weißt du was, wir setzen uns jetzt auf die Veranda und frühstücken und dann erzählst du mir alles. Es gibt auch keine Widerrede, denn du hast schon lange nichts mehr gegessen.

Ich nickte, da ich schließlich keine Wahl hatte.

Ich weiß, dass sie immer für mich da ist, aber ich kann ihr unmöglich alles erzählen. Vor allem kann ich nicht mal alles aussprechen.

Wir setzten uns auf die Veranda und genoss erst einmal diesen unglaublichen Ausblick. Emilys Großmutter hat eine kleine Farm mit riesigen Weinfeldern. Sie lebt etwas abgeschnitten von der Stadt auf einem Hügel. Von der Veranda aus konnte man links und rechts die Felder sehen und den großen Garten, in dem ein großer Brunnen stand. Man konnte auf die Stadt hinab sehen und hatte einen unfassbaren Meerblick. Das alles konnte ich auch von meinem Zimmer aus sehen. Die Sonne zeigte langsam ihre ersten Strahlen. Es war wirklich sehr früh, wir hatten schließlich Sommer.

Em: Vilu?

Vilu: Was ist?

Em: Hast du mich gerade nicht gehört?

Vilu: Nein verzeih, was sagtest du?

Em: Ich habe dich gefragt, was für ein Brötchen du möchtest?

Vilu: Das ist mir egal gib mir einfach irgendeins.

Em: Na gut. Also erzähl.

Vilu: Muss ich denn?

Em: Bitte Vilu, ich möchte dir helfen.

Vilu: Na gut. Also, ich wollte Leon erst einmal ein bisschen Zeit geben, um das mit seinem Vater zu verkraften und selbst musste ich auch seine Worte verkraften. Ich gab ihm eine Woche Zeit und konzentrierte mich auf die Schule. Nach einer Woche schrieb ich ihm, dass ich gerne mit ihm reden würde, darauf bekam ich keine Antwort. Ich schrieb ihm, dass ich nicht weiß, ob er das ernst gemeint hatte, oder ob aus ihm einfach nur der Schmerz sprach. Wieder kam keine Antwort. Ich machte die letzte Schulwoche fertig und versuchte ihn immer und immer wieder anzurufen, aber er meldete sich einfach nicht. Als ich vor zwei Wochen zu dir geflogen bin, rief ich Federico am Flughafen in Buenos Aires und fragte ihn, was los sei. Er wollte mir nichts sagen, richtete mir dann aber eine Nachricht aus. Diese Nachricht hat mich dann letztendlich gebrochen. Es war nur halb so schlimm, da Federico es mir sagte und ich nicht die Stimme von Leon hörte, aber ich bin noch sauer, weil er nicht einmal den Anstand beziehungsweise den Mut hatte, es mir selbst zu sagen.

Erneut begann ich zu weinen, ich konnte nichts dagegen machen. Emily nahm mich in den Arm.

Em: Was hat er denn gesagt.

Meine Tränen flossen mir immer schneller die Wange runter. Ich konnte nichts sagen, aber ich wollte es auch nicht.

Wieso hat er mir das Alles nur angetan?

Em: Weißt du was? Wir bringen dich jetzt auf andere Gedanken.

Vilu: Wie denn?

Em: Wir verbringen den Tag in der Stadt. Dein Koffer ist schließlich am Flughafen verschwunden, das ist der perfekte Zeitpunkt für eine Typveränderung. Das haben schon vielen Frauen bei einem neuen Abschnitt geholfen. Vielleicht hilft es auch dir einen Schlussstrich zu ziehen. Ich weiß zwar nicht, was Leon gesagt hat, aber wenn er dich so zum Weinen bringt, hat er es erst gar nicht verdient, dass du wegen ihm so leidest.

Vielleicht hat sie ja recht mit dem Schlussstrich.

Vilu: Na gut ich mache es.

Em: Sehr gut und dann gehen wir heute Abend noch auf das Fest.

Vilu: Übertreibe es nicht.

Em: Doch, denn du musst wieder unter die Leute kommen.

Emily schleppte mich von dem einen Laden zum Anderen und wieder zurück. Ich will eigentlich nicht wissen, wie viel Geld ich ausgegeben hatte. Jedoch gefiel mir die neuen Sachen sehr gut. Es ist nicht das, was ich sonst immer getragen habe, aber es gefiel mir. Ich glaube, diese Erfahrung hat mich ein bisschen Erwachsener gemacht und nun mussten auch meine Klamotten erwachsen werden. Sonst trug ich immer sehr romantische und mädchenhafte Kleidung, naja jetzt nicht mehr. Ein Zeitabschnitt geht zu Ende.

Wir saßen in einem Eiscafé und ich war völlig erledigt. Nicht so Emily.

Em: Lass uns noch die Einkaufsmeile am Strand abklappern und vielleicht noch den Laden ein paar Straßen von hier entfernt, ah und noch der in dem mein Onkel arbeitet, dann bekommen wir Rabatte und natürlich noch ...

Vilu: Stopp! Emily wir haben genug Klamotten für die nächsten Jahre.

Em: Na gut, aber ein Geschäft will ich noch abklappern.

Sie grinste ziemlich hinterlistig, aber das war mir vollkommen egal.

Kurze Zeit später befand ich mich in einem Friseur Salon.

Em: Verändern sie bitte ihren Typ. Am besten wäre es, wenn die langen Haare wegkämen.

Etwas zornig und fassungslos sah ich sie an.

Em: Vertrau mir und den Friseuren, sie wissen, was sie tun.

Bis ich komplett fertig war, durfte ich mich nicht ansehen. Ich spürte nur, dass sie meine Haare färbten und wirklich abschnitten. Ich musste mich noch in ein paar meiner neuen Sachen begeben und durfte dann raus zu einem Spiegel.

Em: Wow. Ich bin einfach sprachlos.

Ja das bin ich auch. Das bin doch nicht etwa ich?

Em: Vilu das ist ein Neuanfang.

Ja ein Neuanfang ... ein Schlussstrich ... Leon ich muss dich leider loslassen.

Sometimes life changes (Leonetta Fanfiction) [Completed]Donde viven las historias. Descúbrelo ahora