9.

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,,Du kannst nicht schwimmen.“

,,Und du kannst nicht die Klappe halten.“

,,Richtig, aber du liebst es doch wenn ich meine Klappe auf mache“, er schwimmt neben mir her.

Ich werfe ihm einen abwertenden Blick zu. ,,Nicht wirklich“

,,Oh doch, du stehst auf mich, seid du mich das erste mal gesehen hast gib‘s doch wenigstens zu.“ Grinst er mich mit seinem arroganten Grinsen an. Ich halte in meiner Bewegung inne und sehe ihn sprachlos an.

Wie abgehoben kann man eigentlich sein? Ist das noch normal oder zählt das schon unter Störungen der ganz schlimmen Klasse?

,,In deinen Träumen vielleicht.“

,,Glaub mir in meinen Träumen, spielt sich etwas ganz anderes ab.“

Ich ignoriere ihn und schwimme weiter meine Bahnen. Ich hab es doch nicht nötig mich ständig mit einem Jungen der das Benehmen eines 15-Jährigen pubertierenden Jungen hat zu duellieren. Ich bin eine 17-jährige Frau die sich auf so ein niedriges Niveau nicht runter lassen muss. Nein, einfach nein.

,,Linda hat erzählt, dass ihr euch unterhalten habt?“ Er schwimmt auf dem Rücken wie eine Qualle neben mir her. Ich gelange an den Beckenrand, drehe mich und schwimme die Bahn zurück. ,,Ignorierst du mich etwa? Oh klar, du hältst dich wieder für etwas besseres? Das ist ja nichts neues“

Was für eine Unverschämtheit, ich halte mich gar nicht für etwas besseres, ich will einfach nicht so tief sinken! Außerdem ist er doch derjenige der sich die  ganze Zeit benimmt als wäre er der Geilste auf der Welt und die Sonne würde sich nur um ihn drehen. Arrogantes Arschloch.

,,Ach komm schon Moppelchen“, er piekst mir in die Seite. Ich erschrecke und vergesse für einen Moment zu paddeln. ,,Sei nicht so verklemmt.“

Ich bin verklemmt, ja ich gebe es nun zu! Ich werde dir oder mir aber jetzt nichts beweisen nur um mir einzureden dass ich nicht verklemmt bin. Das letzte Mal hat mit Nasenbluten geendet und das möchte ich wirklich verhindern.

,,Also gut, dann redest du eben nicht mehr mit mir, auch gut“, er schwimmt zum Seitenrand, stemmt sich mit seinen Armen raus und läuft zu seinem Handtuch. ,,Wenn du mich suchst, ich bin an der Bar und checke die anderen heißen Chicks hier ab“

Heiße Chicks? Das ich nicht lache, will er etwa die Omis bei ihrem täglichen Billard spielen verführen oder doch auch die Opas ausspannen? In diesem Hotel gibt es außer, Linda, mir und Fynn kein anderer unter 20 (Merle zählt nicht!). Aber okay, wenn er meint nach 'heißen Chicks' Ausschau zu halten, dann soll er es machen, ich habe jetzt immerhin meine Ruhe.

...

Es wird mir sage und schreibe nach zwanzig Minuten wirklich langweilig. Kaum zu glauben, aber als Fynn weg war, war es alles nur noch halb so spannend hier. Nie hätte ich gedacht, dass es mir mal fehlen würde wenn er weg wäre. Die Ruhe um mich herum, hat mich dann dazu gebracht doch zu gehen.

Nach dem Frühstück wollte Mama eine Schneewanderung machen, Papa und ich, wenig begeistert trotten ihr aber dennoch hinterher, weil sie ziemlich pissig werden kann, wenn sie nicht das bekommt was sie will. Klingt schwer wie ein Kleinkind, ist aber eine 43-jährige Frau.

,,Nur noch fünf Kilometer dann haben wir es geschafft“, sagt Mum stolz und läuft vorne weg mit ihrer Landkarte in der Hand.

,,Oh wow, nur noch fünf Kilometer“, brummt Papa der auch noch Merle auf dem Rücken tragen muss, ich trage noch Essen und Trinken im Rucksack und Mama, ja die Arme hat doch Rückenschmerzen. *Augen verdrehen*

,,Es sieht aus als würde es bald mit Regnen anfangen“, habe ich das ungute Gefühl als wir den Weg am Berg entlang weiter laufen und sich eine dichte dunkle Wolke über uns ausbreitet.

,,Ach was, das zieht vorbei“, winkt Mama lässig ab und stampft weiter vor uns her.

Also Urlaub, habe ich mir anders vorgestellt. Da sind Mama und ich uns wohl ein wenig unterschiedlich.

,,Bettina ich glaube es fängt wirklich bald an zu regnen“, sagt Papa ebenfalls nach einer Weile kritisch.

,,Ach ihr Weicheier“, Mama faltet die Karte zusammen und dreht sich zu uns. ,,Wir sind doch nicht aus Zucker, das wäre doch nun wirklich nicht mehr weit, aber also gut, euch zu Liebe drehen wir eben um“, sie zeigt mahnend auf uns. ,,Glaubt aber nicht, nachher sofort wieder den Fernseher anzumachen“

Papa und ich sehen uns an und seufzen.

,,Huhu Bettina“, eine weibliche Stimme ruft lautstark nach meiner Mutter.

Wir drehen uns um und sehen Stella und Fynn auf uns zu wandern.

Na toll, die haben mir gerade noch gefehlt.

,,Stella, wie schön dich zu sehen, wandert ihr auch?“

Nein Mama, sie tauchen durch die Berge und fliegen dann in den Himmel.

,,Ja, ich habe vor hoch zu wandern, aber Fynni ist ein wenig quengelig“, sie zeigt auf ihren Sohn der sie am liebsten mit Blicken töten würde.

Ach je, klein Fynni bekommt mal nicht das was er will.

,,Emmchen geht es genauso, sie ist so faul geworden“

Äh hallo, Mama? Ich stehe direkt neben dir, noch bin ich nicht taub, ICH KANN DICH HÖREN! Emmchen? Echt jetzt?!

,,Dann kann Emma doch mit Fynn zurück laufen und wir wandern hoch“, schlägt Stella Mama vor, wofür ich sie am liebsten küssen wird. Also metaphorisch gesehen, ich bin nicht lesbisch wenn ihr das denkt. Ich habe nichts gegen Lesben, aber... ach vergesst es.

,,Eine fabelhafte Idee“, Mama klatscht in die Hände und läuft mit Stella wieder in Richtung Bergspitze.

Papa sieht aus als würde er gerade wahnsinnig gerne mit mir tauschen, doch jetzt noch meckern bringt nichts, das weiß er genauso gut wie ich.

,,Na komm, meine Füße sind schon abgefroren“, Fynni steckt die Hände tief in seine Jackentasche und läuft den Berg wieder runter.

,,Warte Fynni“, ich laufe ihm hinterher. ,,Weißt du überhaupt wo es lang geht?“

,,Klar, ich bin doch nicht blöd Emmchen“

...

,,Von wegen du weißt wo es lang geht, wir haben uns verlaufen!“ Fauche ich und laufe ihm trotzdem hinterher. Ganz allein in diesem strömenden Regen will ich dann doch nicht sein.

,,Wir nehmen nur einen Umweg“,
redet er sich aus. ,,Tut deinem Gewicht bestimmt mal ganz gut.“

Empört schnaube ich. ,,Klar vielleicht kann der Regen dir ja endlich mal diese hässliche Arroganz wegwischen, tut deinem Ego bestimmt ganz gut“

Er dreht sich zu mir und grinst mich arrogant an. ,,Das ist keine Arroganz, das ist mein Charme“

,,Hmpf“

Ich trotte ihm weiter hinterher. Der Schnee hat sich mittlerweile zu rutschigem Matsch verwandelt und außer einem Geländer welches wackelig ist kann man sich nicht festhalten.

,,Aua“, stöhne ich als ich im Dreck ausrutsche und meinen Fuß dabei ungeschickt umknicke.

Stöhnend versuche ich mich aufzuraffen, doch falle sofort wieder hin. Fynn läuft nichtsahnend weiter.

,,Fynn ich kann nicht weiter laufen“, rufe ich und lehne mich gegen das unsichere Geländer.

Er dreht sich um und läuft zu mir. ,,Wir müssen los Emma, wir können hier nicht bleiben, los jetzt“, fordert er mich auf.

,,Nein du verstehst nicht, ich kann nicht weiter, ich habe mir mein Fuß umgeknickt oder so“

,,Oh Mist“, er kniet sich vor mich und sieht mich fragend an. ,,Darf ich?“ Er zeigt auf meine Hose. Verwundert, dass er mich nach Erlaubnis fragt um meine Hose zu krempeln nicke ich.

Seine Finger krempeln mir die Hose meines linken Fußes hoch und das kalte Nass tropft auf meine Haut.

Behutsam streichen Fynns Finger über meinen Knöchel, auf der Stelle zittere ich am ganzen Leib was ich auf den Regen schiebe der wie Hagel auf uns ein prasselt.

,,Der ist verstaucht, warte ich helfe dir aufstehen“, er stellt sich wieder auf und nimmt mich an der Hüfte. Mit seiner Hilfe verlagere ich mein Gewicht auf meinen rechten Fuß. ,,An der Kreuzung ein paar Meter da vorne habe ich eine Hütte gesehen, vielleicht können wir da übernachten“

Und wenn Fynn vorgeschlagen hätte die Nacht mit einem Bären zu verbringen, selbst dann hätte ich ihm zu gestimmt. Von der Müdigkeit überrollt laufe ich mit Fynn als Stütze zu der Hüte die Fynn gesehen hat.

Er klopft einmal, zwei mal, drei mal. Als zuletzt niemand öffnet lehnt er sich mit Gewalt gegen die Tür. Sie wackelt und knarrt doch nichts tut sich, Fynn wirft sich ein weiteres mal mit der Schulter gegen die Tür dieses mal stößt sie voller Wucht auf.

Wäre ich noch bei Sinnen hätte ich ihn angemault, dass wir soeben in ein fremdes Haus eingebrochen wären, ich hätte gefragt wie bescheuert er eigentlich ist und vermutlich wäre das dann wieder in einen Streit ausgeartet.

Doch ich war nicht bei Sinnen, ich lief tonlos an Fynn vorbei in die Hütte und stellte fest dass es ganz gemütlich werden könnte hier zu übernachten.

Vielleicht mag ich dich ja morgen? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt