Zum Glück waren die Straßen frei, was die pünktliche Ankunft in Boston garantierte. Der Wagen musste am Flughafen abgegeben werden, sodass wir von dort aus direkt die Reise nach London antreten konnten. Wie immer behielt ich stets alles im Blick. Die Menschen, die unseren Weg kreuzten, etwaige verdächtige Gegenstände und sämtliche Hallen, die wir durchquerten, um endlich zu dem Ausgang zu gelangen, der auf das Rollfeld führte, wo der Privatjet auf uns wartete.

Ein leichtes Aufatmen entwich meiner Kehle, als die Türen sich schlossen, denn jetzt konnte so schnell nichts mehr schiefgehen. Honey, Myles und ich flogen der britischen Metropole entgegen.

Um mir die Zeit zu vertreiben, startete ich ein Gespräch mit meinem weiblichen Schützling. Ihre Akte hatte ich bereits studiert, doch es gab Dinge, die dort nicht vermerkt waren und die ich gerne klären wollte. Schließlich handelte es sich um eine Polizeiakte, die lediglich Informationen bezüglich ihrer Straftaten (Prostitution als Minderjährige und Drogenkonsum), enthielt. Wie sie jedoch dazu gelangt war, entzog sich meiner Kenntnis.

„Also, Susan, was hat Sie mit sechzehn Jahren dazu bewogen, als Prostituierte zu arbeiten?" Ich sprach sie absichtlich mit ihrem neuen Namen an, damit sie sich daran gewöhnte.

Honey fuhr sich mit den Fingern durch die langen, blonden Haare, bevor sie zum Reden ansetzte.

„Die klassische Variante. Ich bin von daheim abgehauen. Mein Vater trank und meine Mutter litt unter Despressionen. Ich hielt es zuhause nicht mehr aus und wollte in die Stadt, um irgendwann zu studieren, dabei hatte ich nicht einmal einen High-School-Abschluss. Ziemlich naiv, was?"

Sie lachte kurz und fuhr dann fort.

„Bei der Suche nach einem Job geriet ich an einen Mann, der sich später als Zuhälter entpuppte. Außerdem versorgte er mich mit Drogen. Ich wurde des Öfteren festgenommen, kam zwischendurch in eine Institution für gestrandete Jugendliche, wie sie es nannten."

Erneut machte sie eine kurze Pause und nippte an ihrem Drink, einem Martini, den ich Großzügigerweise angeboten hatte.

„Irgendwann wurde ich von meinem Zuhälter zusammengeschlagen, doch ein Mann kam mir zu Hilfe. Er nahm mich mit zu sich nach Hause, versorgte meine Platzwunde am Kopf und gab mir zu Essen und zu Trinken. Er behandelte mich gut und fragte, ob ich nicht für ihn arbeiten wollte."

„Wie alt waren Sie damals?"

„Achtzehneinhalb."

„Dieser Mann gehörte der russischen Mafia an, oder?"

Als sie nickte, stellte ich meine nächste Frage. „Wie lautet sein Name?"

„Jegor, seinen Nachnamen erfuhr ich nie. Er brachte mich in ein Freudenhaus. Dort waren die Bedingungen ganz anders, als auf der Straße. Viel besser und man hatte immer Schutz, wenn ein Freier auf dumme Gedanken kam. Trotzdem ist es kein schöner Ort. Man wird fast schon seelenlos, verkauft seinen Körper ohne jegliche Gefühlsregung."

Sie tat mir schon ein wenig leid, als ich sie so reden hörte.

„Wie lange haben Sie in diesem Freudenhaus gearbeitet?"

„Zwei Jahre, dann wurde ich plötzlich von Jegor abgeholt, der mich zu Nichols' Vater brachte. Er war damals häufig in New York und suchte jemanden, der die Kundschaft der Russen betreute und das nicht nur sexuell. Ich entsprach wohl seinen Vorstellungen und bediente mich der gewünschten Umgangsformen. Man ließ mich meinen Schulabschluss per Fernakademie nachholen, außerdem studierte ich nebenbei sechs Semester Französisch, denn Sergeij liebt gebildete Menschen. Oftmals nahm er mich mit nach Paris oder auch nach Russland. Dort habe ich, außer der Sprache, ebenfalls das Trinken gelernt."

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