15. Kapitel

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John saß auf einem Stuhl und sah Mike dabei zu, wie er sich etwas notierte. Da Mike jetzt weiterarbeiten musste, konnten sie sich nicht mehr unterhalten. Aber sie warteten bereits seit mehr als 15 Minuten auf Johns möglichen Mitbewohner, den Mike ihm vorstellen wollte.

John wusste nicht, was er erwarten sollte. Mike wollte nichts weiter über den Mann erzählen, außer, dass er vielleicht einen etwas schwierigen Charakter hätte. Aber das bedeutete ja nicht automatisch, dass sich John keine Wohnung mit ihm teilen könnte. Er wollte erst einmal abwarten und diesen Mann selber kennenlernen. Dann war es immer noch früh genug zu entscheiden, ob er mit ihm zusammen leben wollte.

John war aber auch ein wenig nervös. Immerhin musste er auch einen guten ersten Eindruck machen. Sonst wollte der andere nachher nicht mit ihm zusammenziehen. Auch wenn Mike gesagt hatte, dass sein Kollege ihm erzählt hatte, wie schwierig es für ihn wäre einen Mitbewohner zu finden. Also suchte er schon länger nach einem, hatte jedoch niemanden gefunden. Nun, vielleicht würde John sein neuer Mitbewohner werden.

Gerade als er fragen wollte, wie lange Mike wohl dachte, dass es noch dauern würde - nicht dass er etwas vorgehabt hätte, aber trotzdem -, ging die Tür auf und ein Mann kam herein. Er sah John zuerst wohl nicht und John konnte sein Gesicht zuerst auch nicht sehen. Aber er sah, dass er ein lila Hemd und eine schwarze Hose trug und dunkle Locken hatte.

Er fragte Mike mit einer tiefen Stimme, die John vage bekannt vorkam: "Mike, könnten Sie mir ihr Handy borgen? Ich habe hier keinen Empfang."

"Ähm, nein tut mir leid. Mein Handy ist in meinem Mantel. Benutzen Sie doch das Festnetz."

"Ich bevorzuge SMS." Mit diesen Worten drehte er sich um und wollte wahrscheinlich zu seinem Platz gehen. John war aber aufgestanden, um sich vorzustellen, und hatte schon die Hand ausgestreckt. Doch er hielt mitten in der Bewegung inne.

Das konnte nicht sein. Nein, das war unmöglich. John starrte sein Gegenüber an, das entsetzt und überrascht zurück starrte, und wusste nicht, was er sagen oder tun sollte.

Mike bemerkte nicht, wie Johns Gesichtszüge entglitten und sagte: "Ah ja, das ist Dr. John Watson, Sherlock. Sie haben doch heute Morgen erwähnt, dass sie auf der Suche nach einem Mitbewohner wären und..." Aber er wurde unterbrochen, als erneut die Tür aufging und eine Frau hereinkam.

Sie trug einen weißen Arztkittel und darunter einen Strickpullover und hatte ihre braunen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie hatte eine Tasse in der Hand und sagte: "Hier, Ihr Kaffee, Sherlock."

John traute kaum seinen Augen. "Molly?", fragte er und versuchte seine Gedanken zu sortieren. Dass er Molly hier wieder traf, war ja nicht schlimm. Sie waren zusammen zur Schule gegangen, für ein Jahr lang, und Molly Hooper war ein Jahr unter ihm gewesen. Seit er die Schule verlassen hatte, hatte er sie nicht mehr gesehen. Er hatte nicht damit gerechnet, sie hier wiederzusehen.

"John?", fragte Molly zurück und ein Lächeln breitete sich in ihrem Gesicht aus. Aber dann verschwand es wieder, als sie sah, dass Sherlock noch immer wie angewurzelt mitten ihm Raum stand.

"Oh, ihr kennt euch?", fragte Mike erstaunt.

"Ähm, ja, wir sind zusammen zur Schule gegangen", antwortete Molly.

John wagte es nicht, Sherlock anzusehen, und fragte sich, warum ausgerechnet ihm das hier passieren musste.

Mike schaute von John zu Sherlock zu Molly und wieder zurück und versuchte zu verstehen, warum auf einmal so eine angespannte Atmosphäre im Raum herrschte. "Alles in Ordnung?", fragte er. Die Frage war wohl besonders an Sherlock gerichtet, der ganz blass war und sich immer noch nicht bewegte. "Kennt ihr euch etwa auch bereits?", fragte Mike dann und sah John an.

John schluckte schwer. Dann überwand er sich zu nicken und sah fast hilfesuchend durch den Raum. Was sollte er tun? Er war hierdrauf nicht vorbereitet gewesen.

"Sherlock?", fragte Molly jetzt und stellte die Tasse auf den Tisch, um ihm eine Hand auf die Schulter legen zu können. Sherlock zuckte bei der Berührung zusammen, wandte sich aber nicht zu Molly um, die ihn nun besorgt musterte.

John sah ihn ebenfalls an und wurde augenblicklich von Erinnerungen überrollt. An ihre Zeit in Baskerville High. Ihrer gemeinsamen Zeit, alles, was sie zusammen gemacht hatten.

Dann sah Sherlock ihn richtig an und ihre Blicke trafen sich. Und Sherlock drehte sich um und verließ den Raum. Er nahm nicht einmal seinen Mantel mit. Mike schien verwirrt und sah John fragend an, sagte aber nichts. Niemand sagte etwas. Nur Molly funkelte ihn böse an.

John erwiderte ihren Blick und würde gerne sagen, dass sie ihn nicht so ansehen soll. Aber tief in seinem Herzen wusste er, dass er es wohl verdient hatte. Er schloss für einen Moment die Augen und traf dann eine Entscheidung.

Er packte Sherlocks Mantel und Schal, murmelte eine Entschuldigung zu Mike und verließ den Raum. Er hatte zwar keine Ahnung, wohin Sherlock gegangen war, aber er lief einfach los, Richtung Eingang.

Und tatsächlich. Sherlock stand draußen vorm Bart's und zitterte leicht in der Kälte, da er seinen Mantel nicht trug. Er stand mit dem Rücken zu John, der sich leise räusperte. Sherlock fuhr sofort herum und starrte ihn an.

Wortlos gab John ihm seinen Mantel und Schal und Sherlock nahm die Sachen zögernd entgegen. Er zog den Mantel an und auch den Schal und John erinnerte sich, dass er bereits in der Schule solche Sachen getragen hatte.

John sah ihn an, aber jetzt starrte Sherlock auf den Boden. Seine Hände zuckten und John hatte den Verdacht, dass er nur darauf wartete abhauen zu können. Warum tat er es nicht einfach?

Er wusste nicht, was er sagen sollte. Ob er überhaupt etwas sagen sollte. Er wusste nicht einmal, warum er Sherlock hinterhergerannt war. Er wusste nur, dass er, jetzt da er Sherlock ansah, merkte, wie sehr er ihn vermisst hatte. Und wie gut es tat, ihn wiederzusehen.

Aber vielleicht sollte er lieber gehen. Vielleicht machte er gerade einen Fehler. Nein, den Fehler hast du bereits vor sieben Jahren gemacht, flüsterte eine hämische Stimme in seinem Kopf.

John öffnete den Mund, doch schloss ihn sofort wieder. Hatte es überhaupt einen Sinn, etwas zu sagen? Er sollte wirklich gehen. Aber er bewegte sich keinen Zentimeter weit.

Sherlock hob den Kopf und sah ihn wieder an. In seinen Augen lag ein fragender und gleichzeitig vorwurfsvoller Ausdruck.

"Was machst du hier, John?", fragte er leise, ohne den Blick abzuwenden.

Ja, dachte John. Was mache ich hier?

It's Always You - Teen!lock & Johnlock (German)Where stories live. Discover now