„In drei Tagen haben wir einen Notartermin, eher ging es nicht. Dann bist du wieder der Eigentümer, mein Junge."

Als ich Alistair reden hörte, überkam mich das Gefühl einer unendlich großen Dankbarkeit. Niemand sonst hätte das für mich getan. Rosie und Alistair zählten unbestritten zu den besten Menschen auf Erden.

„Ich weiß gar nicht, wie ich dir dafür danken soll", erwiderte ich ein wenig beschämt.

„Ach, ein einfaches Mittag- oder Abendessen reicht schon aus. Und vielleicht darf ich danach mit Kieran im Garten spielen", erklärte der kleine, dicke Mann augenzwinkernd.

„Der Garten!"

Augenblicklich ergriff ich Siennas Hand, um sie mit mir zu ziehen. Wir eilten die Treppe nach unten, wo ich den Weg zu der rückwärtigen Tür einschlug, die vom Wohnzimmer in die Grünanlage führte.

Das weiße, schmiedeeiserene Geländer begrenzte an beiden Seiten die vier bemoosten Stufen, die auf einer Art Plateau endeten. Von diesem wiederum gingen drei weitere Stufen in den eigentlichen Garten. Links befand sich eine alte Mauer aus roten Backsteinen, welche die Grenze zum Nachbarhaus absteckte und die mit Efeu überwuchert, einfach perfekt in diesen Garten passte. Die grünen Buchsbäume in den runden Tontöpfen bildeten einen Kontrast zu den noch kahlen Obstbäumen. Es war erst Anfang März und die Natur kämpfte sich gerade durch den Winterschlaf. Aber man konnte erahnen, wie schön die Grünfläche im Frühjahr und im Sommer aussehen würde.

Sienna blieb der Mund offenstehen.

„Es ist absolut toll hier! Dieser Garten ist perfekt", jubelte sie erfreut und ließ ihre Blicke über die Bäume und Sträucher wandern. „Kieran wird sich hier sehr wohl fühlen."

Zärtlich drückte ich ihre Hand. „Das denke ich auch."

Im gleichen Moment fiel mir ein, dass ich jetzt mit meinen Eltern skypen wollte. Alistair hatte dies erwähnt und deshalb sprach ich das Thema an, worauf wir uns alle drei zurück in das Haus verzogen. Dort ließen wir uns auf den Stühlen rund um den Esstisch nieder. Mit klopfendem Herzen beobachtete ich, wie Alistair sein Tablet aus der Tasche holte, um anschließend das Skype-Programm zu starten. Jede Sekunde zog sie wie Kaugummi dahin und meine Hände zitterten vor Aufregung, als jemand den Anruf entgegennahm.

„Guten Tag, Mrs Horan."

„Guten Tag, Mr Kirkland."

„Ihr Sohn sitzt neben mir, Sie können nun mit ihm sprechen."

Als Alistair das Tablet in meine Hände drückte, da schossen unweigerlich Tränen in meine Augen.

„Mum-." Meine Stimme erstarb in dem Moment, in welchem ich ihr Gesicht erblickte. Tränenüberströmt, doch mit seligsten Lächeln, dass ich jemals gesehen hatte.

„Niall", schluchzte sie, „wann kommst du nach Hause?"

Ich hatte das Gefühl eine unendliche Schuld auf mich geladen zu haben. Jahrelang war ich fort, ohne mit meinen Eltern sprechen zu können und das Einzige, was meine Mutter wissen wollte, war, wann ich nach Hause käme.

„Morgen."

Ohne jemanden zu fragen und aus dem Bauch heraus, erteilte ich diese Antwort. Ich wollte morgen mit meiner Frau und mit unserem Sohn nach Irland reisen, koste es, was es wolle. Da es um die seelische Verfassung meiner Mutter verständlicherweise nicht gut bestellt war, fand auch gar kein richtiges Gespräch statt. Wir beide waren zu aufgewühlt, zu viele Gefühle stauten sich in uns auf und alles was wir taten, war, uns anzuschauen und zu weinen. Doch eine Kamera würde niemals ein persönliches Treffen ersetzen, deshalb strebte ich so schnell wie möglich die Reise in meine Heimat an.

Black VisionWhere stories live. Discover now