Ich glaubte es selbst noch nicht richtig. Immer wieder schaute ich meine Freundin an, streichelte über ihr hübsches Gesicht und sie tat dies ebenso bei mir.

Ein erstes Lächeln zeigte sich in Gwennys Gesicht, eines, das ich erwiderte. Dann umarmten wir uns erneut, so fest, als würden wir nie wieder einander loslassen wollen. Ich konnte nicht beschreiben, was diese Umarmung in mir auslöste. Es fühlte sich an, als sei ich in einem Traum gefangen, der bitte niemals enden sollte.

Niemals.

Ich wollte nicht erwachen, um festzustellen, dass ich das alles nur geträumt hatte, dass eine Illusion die Macht über mich besaß. Aber als ich meine Augen öffnete, war Gwenny immer noch da.

Ihr blondes Haar trug sie nun ein wenig kürzer, doch der Glanz ihrer Augen und auch ihr hübsches Lächeln hatten sich nicht verändert.

„Mein kleiner blonder Engel", sprach ich leise. „Wie hast du mich gefunden?"

Sie antwortete ebenso leise wie ich zuvor.

„Das Bild - es hat mich zu dir geführt. Ich habe im es Vorbeigehen durch das Fenster gesehen. Dann bin ich einfach in den Laden gegangen und habe gefragt, ob man es kaufen kann."

Erstaunt blickte ich meine Freundin an.

„Du hast dich noch an dieses Bild erinnert, obwohl du es sicher nur einmal gesehen hast?"

Gwenny lächelte erneut.

„Ich habe es unzählige Male gesehen, Sienna. Zumindest das Foto davon, in dem Katalog, den Alexander in seiner Galerie liegen hat."

„Ihr habt noch engen Kontakt?"

Als meine Freundin ihre Hand ausstreckte und ich den goldenen Ring an ihrem Finger erblickte, machte mein Herz einen Satz.

„Wir sind verheiratet, Sienna. Ich heiße Gwendolyn Rossi."

Der Stolz in ihrer Stimme war nicht zu überhören und ihr Strahlen ließ mich wissen, dass sie unendlich glücklich sein musste. Beide hatten dies verdient, sowohl Alexander, als auch Gwenny, denn es waren fantastische Menschen.

„Du hast also auch dein Glück gefunden, das freut mich so!"

Und wieder umarmte ich meine beste Freundin.

„Ja, das habe ich. Alexander ist ein toller Mensch, ich liebe ihn über alles. Wir sind jetzt seit knapp einem Jahr verheiratet. Es kam ganz plötzlich, weil wir beide es wollten, aber zusammen sind wir schon seit fast fünf Jahren."

Sie druckste ein wenig herum, als sie die nächsten Worte aussprach.

„Bitte sei mir nicht böse, Sienna, aber Seth und Harvey waren unsere Trauzeugen."

Automatisch schlug mein Herz schneller, als ich die beiden Namen hörte. Allerdings verstand ich Gwennys Bedenken nicht.

„Warum sollte ich denn böse sein? Ich gönne es den beiden und auch euch so sehr. Immerhin konntet ihr nicht zu meiner Hochzeit kommen."

Ein wenig betrübt blickte ich in ihr Gesicht und sah den Schatten, der darüber glitt.

„Es tut mir so leid, Sienna, das du durch mich in diese Situation geraten bist", hauchte sie traurig.

Nun lag es an mir, ihr zu sagen, dass meine Betrachtungsweise eine ganz andere war.

„Es muss dir nicht leidtun, Gwenny. Ich habe meinen Traummann gefunden und wir haben einen Sohn zusammen. Beide sind das größte Glück in meinem Leben, außer-."

Für eine Sekunde geriet ich mental ins Straucheln, meine Stimme gehorchte mir für einen Augenblick nicht mehr. Aber Gwenny wusste, was ich hatte sagen wollen. Sie kannte meine Gedanken und meine Gefühle nur zu gut. Fünfeinhalb Jahre Abstinenz hatten unserer engen Bindung keinen Schaden zufügen können.

Black VisionWhere stories live. Discover now