Kapitel 4.

388 14 0
                                    

Elyzas POV:

Feine Linien zog ich mit dem Stift in meiner Hand über das weiße Papier. Die untergehende Sonne schien durch das Fenster und färbte die weißen Wände in einem leichten Orange. Ich legte den Stapel Papier auf meinem Schoss und den Stift in meiner Hand bei Seite, erhob mich von der geblümten Decke auf dem Bett und ging auf das Fenster zu. Der Himmel war ebenfalls in ein leichtes Orange getränkt. Die Sonne verschwand langsam hinter den hohen Baumwipfeln und ließ nur noch leichte Strahlen auf die große Lichtung strahlten. Ich legte meine Hand vorsichtig auf die leicht erwärmte Fensterscheibe und starrte in die Ferne. Kurz schloss ich die Augen. Sofort schossen mir tausende Bilder durch den Kopf. Bilder die ich niemals wieder sehen wollte. Bilder die mich beängstigten. Ich öffnete die Augen und klammerte mich an dem Fensterbrett vor mir fest. Ich ließ mich zu Boden sinken und lehnte mich mit dem Rücken gegen die eiskalte Heizung. Tief atmete ich durch. Wieder schloss ich die Augen, in der Hoffnung mich beruhigen zu können, doch spürte ich stattdessen seine Hände auf mir, hörte Schüsse und dieses dreckige Lachen. Ich vernahm den Geruch von Alkohol und Zigaretten. Hörte lahme Anmachsprüche die mich anekelten und hörte das schreien meiner Eltern, sah wie mein Vater verblutete und stellte mir vor wie Walker meine Mum auseinander nahmen. Panisch und zitternd riss ich die Augen auf. Ich zog meine Beine an mich heran, umklammerte sie mit meinen Armen, ließ meinen Kopf auf meine Knie sinken und begann zu weinen. Mir wurde kalt, ich wünschte mir, dass mich jemand in den Armen halten würde, doch tat es niemand und genau genommen, war es auch gut, denn ich hatte wiederum auch Angst vor der kleinsten Berührung. Meine Fingernägel bohrten sie durch den Jeansstoff meiner Hose. Um nicht vor Panik, Ekel, Einsamkeit oder Trauer los zu schreien, biss ich mir in mein Knie. Ein Strom von Schmerz durch floss meine Körper. Tränen mischten sich mit Schweißperlen. Meine Atmung verschnellerte sich, mein Herz raste.

"Ely-" vernahm ich Alicias Stimme. Ich wusste nur nicht ob sie eine Illusion oder real war. Ich nahm meinen Kopf immer noch nicht von meinen Knien. Rieb meine Wange immer noch leicht über den nassen Fleck auf meiner Hose und zitterte immer noch. "Oh gott, Elyza!" Der Fußboden knarzte. Sekunden später spürte ich eine Hand auf meinem Arm. Sofort zuckte ich zusammen. Alicia nahm die Hand weg. "Hey, Elyza, ich bin's Alicia." flüsterte sie besorgt. Ich nickte. "Sieh mich an, Elyza" Langsam hob ich den Kopf und sah in ihre Augen. "Soll ich....Willst du das ich dich in den Arm nehme?" fragte sie zögerlich. Unsicher nickte ich. Zwei Arme schlangen sich um meinen zitternden Körper und ich spürte den warmen Körper meiner Freundin, der sich an mich drückte. Behutsahm fuhr mir Alicia mit einer Hand über den Rücken. Ich vergrub mein Gesicht in ihrer Halsbeuge und atmete tief durch. "Shh...alles ist gut. Ich bin bei dir. Alles ist gut" hauchte sie in mein Ohr. Meine Atmung wurde langsam ruhiger und auch die Tränen verschwanden aus meinem Gesicht. Vorsichtig löste ich mich aus der Berührung und sah in Alicias wunderschöne grüne Augen. Sachte strich sie mir über die Wange. "Willst du dir was anderes anziehen und mit mir runter kommen?"

"O-okay" ich wollte eigendlich einen anständigen Satz sagen, doch kam nur ein gestottertes, kaum verständliches 'Okay' über meine Lippen. Und eigentlich wollte ich auch nur ich oben in unserem Zimmer verweilen, weinen und von Alicia gehalten werden. Sie stand langsam auf und holte ein paar frische Klamotten für mich. Sie legte den Klamottenstapel neben mich und sah mich abwartend an.

"Ich..ähm...ich warte draußen" stammelte sie und machte sie auf den Weg zur Tür. Auf halben Weg stoppte sie kurz und sah noch mal kurz zu mir. Irgendetwas beschäftigte sie. Sie schloss kurz die Augen, ehe sie den Raum verließ. Ich griff nach den Klamotten und stand auf, ehe ich mich umzog.


Alicias POV:

Als Elyza aus dem Schlafzimmer kam, hielt ich ihr meine Hand hin. Zögerlich griff sie nach dieser. Hand in Hand gingen wir die knarzenden Stufen der Wendeltreppe nach unten in den Flur des Hauses.

"Die anderen sind draußen. Travis hat schon ein Feuer zum Grillen angemacht." berichtete ich der Älteren. Sie nickte kurz.

Draußen kam einem sofort der Geruch von Rauch entgegen. Für einen kurzen Moment hätte man denken können, dass es ein ganz normaler Sommerabend war, an dem eine Familie draußen grillte und Spaß hatte. Doch war es nicht so. Die Stimmung war angespannt und die Blicke auf die vereinzelten Walker hinter dem Zaun gerichtet.

"Wir werden den Zaun verstärken müssen" sagte Victor leicht abwesend.

"Ja, wahrscheinlich" stimmte meine Mum ihm zu. Elyza und ich setzten uns an denn Tisch. Die Blondine fuhr mit dem Finger über die Fasern des Holzes. Chris sah skeptisch zu uns rüber. Meine Mum setzte sich vor mich, sah mich fragend an und deutete mit dem Kopf auf die in Gedanken versunkene Elyza.

Nach einer Weile stellte Travis einen Teller mit Fleisch und ein wenig gegrilltem Gemüse auf den Tisch.

"Was ist das für Fleisch?" fragte Chloe.

"Hase" antwortete Travis. Seine warmen, braunen Augen starrten auf das Fleisch auf dem großen Teller, als er begann es anzuschneiden und jedem ein Stück der Hasen zu geben.


Alice POV:

Mit müden Augen beobachtete ich die Leute wie sie gemütlich zusammen saßen und aßen. Ab und zu lachte die ein oder andere Person, doch im allgemeinen war es sehr ruhig zwischen ihnen. Bei genaueren Hingucken erkannte man, dass die Stimmung nicht so ausgelassen und entspannt war. Eine Blondine und ein schwarzhaariger Junge stocherten nur in ihrem Essen rum. Die Gesichtszügen der Älteren wirkten angespannt und allein ein brünetter junger Mann schien sich darum zu bemühen die Stimmung aufrecht zu halten, denn nachdem er seine Lippen zu Sprechen bewegte, fiel manchmal ein Lacher. Immer wieder warf er skeptische Blicke in Richtung des Waldes, bevor er leicht verzweifelt wieder in die Runde sah und seine entspannte, humorvolle Maske aufsetzte. Mein Magen knurrte und ich spürte dieses große Loch in meinem Magen. Ich beschloss mich ein wenig zu entfernen und mir etwas zu essen zu jagen.

~~~~~~~~~~~~~~

Ich saß an der Glut des fast verschwundenen Feuers und aß das letzte Stück des Fleisches an den spitz geschnitzten Stock. Ich legte meinen Kopf in den Nacken und starrte in den dunkelblauen, fast schwarzen Himmel und begutachtete die kleinen, leuchtenden Sternchen und den großen, vollen Mond, dessen sachte Strahlen durch die großen Baumkronen hinuter vereinzelt auf die Erde schienen. Verträumt stocherte ich mit dem Stock in der Erde rum und dachte über das weitere Vorgehen nach. Eine gute Idee wäre es vermutlich nicht da rüber zu gehen, an der Tür zu klopfen und zu sagen, 'Hey, ich bin Alice. Kann ich 'ne Weile oder gar für immer bei euch bleiben?'. Vielleicht war das was ich hier tat auch nur Zeitverschwendung. Ich kannte diese Leute nicht und ihr friedliches Verhalten untereinander sagte nichts über ihr Verhalten gegenüber Fremden aus. Andererseits, sie hatten Waffen und scheinbar auch Essen, ich könnte versuchen eine Geisel zu nehmen und dann ihre Waffen und das Essen verlangen. Eine Weile dachte ich darüber nach, bis mir in den Sinn kam, dass ich eine Person war und die acht. Unentschlossen sah ich mich in dem dunklen Wald um. Geschockt riss ich die Augen auf. Ich war so darauf fixiert diese Leute zu beobachten und irgendwelche Pläne zu schmieden, dass ich kein Versteck vor den Beißern hatte. Wütend rammte ich den Stock in die Erde. Ich packte meine Sachen zusammen, warf einen letzten Blick auf die Farm, ehe ich durch den Wald schlich, auf der Suche nach einem Unterschlupf.


_______________________________

Ich bedanke mich schon mal für jeglich Art von Kritik :)

Maybe in another life~(Band II) *pausiert*Where stories live. Discover now