Kapitel 39

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"Ich habe die Wahl. Entweder bleibe ich hier in Mittelerde und lasse meine Erinnerungen aus meinen Kopf verbannen, oder ich begleite meine Schwester mit nach Aman, werde dort wieder glücklich und lasse die schreckliche Erfahrung hinter mir. Celebrían reist morgen ab, Saruman reist in zwei Tagen ab. Bis spätestens heute Abend erwarten Celeborn und Galadriel meine Antwort. Nodeth wurde durch den Befehl meines Vaters eingesperrt, ich weiß nicht was mit ihr geschehen wird. Celeborn sagte, dass sie ihre gerechte Strafe bekommen wird, doch ich solle mir darüber keinen Kopf machen. Jetzt sitze ich erneut mit einer Flasche Wein hier um mich zu betrinken, zwei weitere Flaschen liegen vor mir, und ich habe absolut keine Ahnung für was ich mich entscheiden soll. Lasse ich meine Freunde im Stich oder quäle ich mich Tag für Tag mit Albträumen, Ängsten und Panik? Es ist eine verdammt schwere Entscheidung. Ich wünschte ich könnte diese Qualen ignorieren, jedoch klappt dies leider nicht so wie ich es will. Es ist so sehr egoistisch von mir, wenn ich Mittelerde verlasse, nur damit es mir besser geht. Die erste Möglichkeit scheint harmlos und leicht zu sein, doch möchte ich nicht die Erinnerungen verlieren, so komisch es auch klingen mag. Sie sind nun Teil meines Lebens, ich kann sie nicht einfach verbannen oder verdrängen. Ich muss mich mit ihnen abfinden oder ich werde durch eigene Dummheit sterben. Die zweite Möglichkeit reizt mich auf eine gewisse Art und Weise, schließlich würde ich zu gerne sehen wie es in Valinor ist. Ob es stimmt, was alle Elben die dort lebten und hierher kamen über die wunderschönen Lande Amans sagen. Ich weiß es nicht. Ich sitze absolut ratlos mit meinen Flaschen Wein auf einer Bank, mit dem Blick auf den wunderschönen Wald Lóriens, neben einem alten Zauberer von dem ich hoffe, dass er mir auf irgendeiner Weise einen guten, weisen Rat geben kann. Doch diese Hoffnung ist klein, schließlich bin ich gerade dabei mich und mein verrücktes Leben selbst zu bemitleiden. Ich wünschte, dass ich mich nie an dieser Grenze rumgetrieben hätte, dann hätte ich alldem hier entgehen können. Ich hätte nicht Legolas kennengelernt, Nodeth wäre niemals in mein Leben getreten, ich hätte nie von meinen Begabungen erfahren, ich hätte nie dieses Amulett hier erhalten und vor allem hätte ich meine Ruhe vor all dem Chaos. Mein sofortiger Hass auf Zwerge wäre immer noch vorhanden, ich wäre nie dazu gekommen einen Zwerg durch die Hilfe meines Drachens auseinanderzunehmen, da ich noch gar nicht wissen würde, dass ich überhaupt diese Kräfte besitze. Wahrscheinlich wäre ich mit friedlichen Gedanken mit Herendir unterwegs. Vielleicht hätte ich meinen Traum verwirklichen können und das Auenland besuchen können, aber auch diesen Wunsch kann ich in nächster Zeit nicht erfüllen, da ich noch immer verletzt bin und kaum laufen kann. Durch wen? Durch dreckige Orks und Nodeth. Ich hasse sie. Oh ja, ich hasse sie abgrundtief. Na gut, dieser Hass ist kaum zu beschreiben." Seufzend nahm ich mehrere Schlücke aus der Flasche Wein in meiner Hand, mein Blick richtete sich kurz auf den alten Zauberer. "Ich freue mich schon auf die Reaktion Mutters und Vaters, wenn ich mich sturzbetrunken zu ihnen begebe." Der Zauberer schwieg. Diese Ruhe machte mich wahnsinnig, weshalb ich mich nun voll und ganz auf ihn konzentrierte. Seine Augen waren geschlossen. "Hallo? Gandalf? Hast du nichts zu sagen oder bist du während meiner Rede eingeschlafen?" Keine Antwort. "Danke vielmals, ach so toller Zauberer Mittelerdes."

Wütend schmiss ich die leere Flasche vor mich. Ich erzählte ihm was mich misslaunte, um einen Rat von ihm zu bekommen, und was machte der Zauberer? Natürlich, er schlief ein! Na vielen Dank auch.

Mit den Zähnen knirschend nahm ich eine andere Flasche Wein zur Hand. Wäre ich nicht in einer solch verzweifelten Lage, würde ich mich bestimmt bei meinen Freunden aufhalten und mich nicht bis zu der Fällung meiner Entscheidung von ihnen abschirmen.

Meine Freunde. Ich konnte sie nicht alleine lassen, niemals. Ich wollte sie nicht enttäuschen.

Ich wollte nicht Herendir enttäuschen. Er machte so viel für mich durch, immer wenn ich in Schwierigkeiten steckte half er mir. Als wir noch nicht Legolas kannten, musste er mir sehr oft helfen, da ich mich immer und immer wieder in den Kampf stürzte, ohne darauf zu achten, dass dies mein Tod hätte sein können. So war ich nun mal, eine Kämpfernatur.

Ich wollte nicht das junge Mädchen, welches ich vor kurzer Zeit kennenlernte, traurig machen. Ihr lag erstaunlich viel an mir, aus welchem Grund auch immer. Vielleicht lag es daran, dass sie durch mich ihren Freund, Bain, kennenlernte. Vielleicht lag es aber auch daran, dass sie immer meine Gefühle erkennen konnte.

Ich konnte nicht Faeniel, Aragorn, meine Neffen und Arwen verlassen. Erst recht konnte ich meine leiblichen Eltern nicht verlassen.

Ich konnte nicht vor meinen Problemen fliehen. Es gab immer einen Weg sie zu klären, auch wenn dieser Weg alles andere als einfach sein konnte.

Doch im Endeffekt wollte ich eines am wenigsten.

Den Elb, dem mein verdammtes Herz gehörte verlassen.

Meine Wahl war getroffen. Ich würde das Angebot Sarumans annehmen. Er würde mir ein weiteres mal meine Erinnerungen nehmen. Doch das war es mir wert.

Ich wollte nicht Mittelerde verlassen. Ich konnte es einfach nicht.

Entschlossen stand ich auf, stellte die Flasche neben die Bank und wandte mich zum gehen.

"Hast du eine Entscheidung getroffen?" Die Stimme des alten Zauberers hielt mich auf. Langsam drehte ich mich zu ihm, seine Augen waren wieder geöffnet, seinen Körper hielt er aufrecht.

"Ja", sagte ich mit einem kurzen Nicken. "Ja, habe ich. Ich danke dir, Gandalf, für dein offenes Ohr, wenn es Probleme gibt." Einen ironischen Unterton konnte ich mir nicht verdrücken. Schließlich war es mehr als beleidigend, dass er eingeschlafen war. "Gut geschlafen, alter Mann?"

"Hm? Nein. Ich habe nicht geschlafen, Melwen. Meine Augen waren lediglich geschlossen und ich sagte nichts dazu, denn es ist deine Entscheidung die du treffen musst, Melwen, nicht meine." Sein Blick flog zu die Flaschen Wein an der Bank, leicht schüttelte er seinen Kopf, doch er sagte nichts weiteres dazu. "Wie ist deine Entscheidung? Lässt du dir die Erinnerungen nehmen oder segelst du nach Aman?"

"Ich werde in Mittelerde bleiben, Saruman wird mir die Erinnerungen nehmen. In Aman sehe ich momentan keine Zukunft für mich."

Auf Gandalfs Lippen schlich sich ein kleines Lächeln. "Ich wusste von Anfang an, dass du dich dafür entscheiden wirst."

"Schön", meinte ich eher unbeeindruckt. "Wenn du es wusstest, warum sagtest du es mir nicht gleich sofort, bevor ich mein Herz bei dir ausschüttete?"

"Weil ich wissen wollte was durch deinen Kopf geht."

Ich nickte skeptisch. "Na schön...", murmelte ich. "Ich werde mich zu meinen Eltern begeben, um meine Entscheidung bekannt zu geben."

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Wo kommt ihr alle her und wie heißt ihr? Wie fandet ihr das Kapitel?

Falls ihr irgendwelche Fragen an mich habt, zur Geschichte oder sonst was, fragt mich doch gerne. :) Ich werde euch antworten. ;)

Vergeltung || Legolas FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt