#60 - Megahilfe

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Nina dirigierte uns wieder den Gang entlang, den wir gerade erst gekommen waren. Allerdings bogen wir vorher ab und kamen dann bei einer Seitentür der Halle raus. Wir staunten nicht schlecht, als wir auf einem riesigen Parkplatz herauskamen – der allerdings bis auf einen einzigen LKW unbesetzt war. Es war also eine unbenutzte, betonierte Fläche vor uns.

„Wow, wieso stehen hier keine Autos?", fragte Joy, die genauso erstaunt war wie ich.

„Hier werden später die meisten der Limousinen der Stars geparkt. Außerdem müssten bald die letzten Essenslieferungen kommen", erklärte uns Nina und meine Augen wurden genauso groß wie die von Joy. Nina sah das natürlich und sie lachte.

„Mensch, Mädels, ihr seid bei den EMAs!"

„Ja, das versuch ich mir auch klarzumachen, aber ich kann es immer noch nicht fassen", gab Joy matt zurück und Nina grinste.

Wir gingen auf den Lieferwagen zu, dessen Klappe hinten offen war, und es stellte sich heraus, dass sich dort drinnen das Geschirr für den heutigen Abend befand. Zumindest der restliche Teil, die anderen Lieferungen sind alle schon in den letzten Tagen angekommen.

„Alter, die haben noch nicht einmal das gesamte Geschirr in der Halle?!", raunte mir Joy zu und sie sprach damit genau das aus, was ich mir dachte. Ich wusste, dass Wayne dafür zuständig war als Gastronomieleiter und wunderte mich schon ein wenig, dass er da so fahrlässig handelte.

Naja, solange das Geschirr jetzt vollzählig hier war, lief ja alles wie am Schnürchen und es gab keinen Grund zur Sorge.

Nachdem Nina ein paar Worte mit dem LKW-Fahrer gewechselt hatte und wir brav schweigend daneben gestanden hatten, gingen wir wieder zurück zum Seiteneingang der Halle.

Joy und ich sahen uns ein wenig verwirrt an und fragten uns insgeheim, wieso Nina uns überhaupt da hinausgeschickt hatte.

Wir bekamen die Antwort, als wir ein Paar große Schiebewägen sahen, die hier im Gang standen. Sie sahen aus wie Mattenwägen aus den Schulturnhallen, nur dass wir darauf die Kartons der Teller transportieren sollten.

Wir schoben einen Wagen nach draußen und begannen, ihn mit Kartons vollzuladen. Als ich aufschaute, sah ich, dass Nina ein paar der Techniker aufgetrieben hatte, die uns nun die neuen Wägen brachten und die vollen nach drinnen schoben. So blieb Joy und mir die einfachste Aufgabe, nämlich die Kartons aus dem LKW auf die Wägen zu stapeln.

Als wir fertig waren, gingen wir wieder nach drinnen. Es war jetzt eine Minute vor zwei und wir steuerten mit schnellen Schritten auf den Backroom zu. Als ich nach der Klinke griff, kam Wayne um die Ecke.

„Na, ihr beiden? Alles klar?", begrüßte er uns lächelnd und ließ seine weißen Zähne in seinem schokobraunen Gesicht erstrahlen.

„Klar, wir sind nur ein wenig aufgeregt, aber wir freuen uns total", antwortete ich und strahlte ihn an.

„Das freut mich", gab er zurück und fügte hinzu: „Nina hat mir übrigens Bescheid gegeben, dass ihr schon früher hier wart und beim Geschirrtransport tatkräftig dabei wart. Ich finde das wirklich toll und ihr wisst gar nicht, wie sehr ich das schätze, dass ihr schon früher hier wart. Danke dafür!"

Wir wurden beide ein bisschen rot und antworteten verlegen: „Gerne, nichts zu danken."

Da es jetzt Punkt zwei Uhr war, gingen wir nach drinnen und Joy und ich suchten uns irgendwo einen Platz ziemlich weit hinten. Wir quetschten uns noch mit auf die Arbeitsplatte, die sich an der hinteren Wand entlang zog. Die Leute, die draufsaßen, rutschten ein wenig zusammen und wir bedankten uns lächelnd dafür. Teamgeist nennt man sowas, dachte ich lächelnd.

Wayne begrüßte uns alle und ging nochmal systematisch den Tag durch  –  Champagnerempfang im Eingangsbereich, dann die Verleihung (bei der wir nichts machen mussten), dann das ‚Dinner' (wie Wayne das Abendessen nannte) und dann noch zu guter Letzt die Aftershow-Party.

Volles Programm.

Als er damit fertig war und keiner auf seine Frage „Irgendetwas noch unklar?" mit ja antwortete, fuhr er fort: „Wir bitten euch jetzt, dass sich jeder ein Handbestellgerät und eine Schürze aus den Kartons hier nimmt."

Die Kartons standen ganz vorne, sodass die Leute einfach alles herausnahmen und es bis nach hinten durchgegeben wurde, bis jeder versorgt war.

Die Schürzen waren natürlich keine Kochschürzen, die man sich um den Hals band, sondern vornehme, die man sich nur um die Hüfte schlang. Als die Besteller und Schürzen bei uns hinten ankamen, kam sofort von Joy: „Oh yeah, die Schürzen sind dunkelrot! Wie cool! Ich dachte schon, wir würden hier im Beerdigungs-Stil ganz in schwarz rumlaufen!"

Ich stimmte ihr zu. Das Rot war das gleiche wie das der Tischdecken draußen. Das gefiel mir wirklich gut. Das Schwarz war elegant, wie es bei so einem Event sein musste, aber das Rot gab dem Outfit noch den letzten Touch.

Die nächste Viertelstunde ging damit drauf, dass wir alle unsere Kellner-Outfits anziehen mussten und es dann von Nina uns Wayne abgesegnet wurde. Als sie bei mir ankamen, stand ich barfuß vor ihnen und deutete auf die drei Paar Schuhe, die ich dabei hatte. Waynes Blick wurde natürlich sofort von meinen 14-Zentimeter-hohen Sandaletten angezogen und er fragte: „Kannst du auf denen laufen?"

„Na klar", gab ich grinsend zurück und er erwiderte mein Grinsen. Damit waren die Schuhe nun ausgewählt.

Als alle nun in ihren Outfits dastanden, sagte Wayne: „Okay, ich werde euch jetzt erlösen. Ich hänge hier jetzt den Sitzplan der Stars auf, dann könnt ihr sehen, wen ihr bedienen werdet."

Sofort brach ein Riesen Tumult aus und alle stürmten nach vorne. Nur Joy, ich und ein paar andere warteten im hinteren Teil des Raumes.

„Oh man, der Plan läuft doch nicht davon", kommentierte Joy augenverdrehend und erntete dafür einen zustimmenden Lacher von Nina, die ein paar Meter weiter stand und es gehört hatte. Ich hingegen bekam kaum noch mit, was um mich herum passierte. Alles, was in meinem Kopf herumspukte, war: Bitte nicht One Direction, bitte nicht One Direction, bitte nicht One Direction, bitte nicht One Direction, bitte....

Wir wanderten Stück für Stück weiter nach vorne und ich bemerkte, dass sich viele der anderen, die schon auf den Plan geschaut hatten, zu uns umdrehten und Joy und mir Blicke zuwarfen.

Ach. Du. Scheiße.

Ein Mädchen Anfang zwanzig neben mir, das auch noch nicht auf den Plan geschaut hatte, sagte aufgeregt zu einem jungen Mann neben ihr: „Hoffentlich krieg ich One Direction!! Das wäre der Hammer!"

Jaaa, das hoffe ich auch, dass du die kriegst, dachte ich unwillkürlich und biss mir nervös auf die Unterlippe.

Endlich waren wir vorne und mein Blick fiel sofort auf den Tisch, dem ich zugeteilt worden bin.

HeartbeatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt