#112 - Schlitzohr

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„Saaaaaaaam!! Es ist so cooool, dass du da bist!!!"

Ich fuhr leicht zusammen, weil mir die Stimme, die sich unmittelbar vor mir befand, etwas sehr laut entgegenschallte. Im nächsten Moment wurde ich Harry entrissen und in eine stürmische Umarmung gezogen. Meine Füße hoben vom Boden ab und ich schlang automatisch haltsuchend meine Arme um den Hals der Person.

„Es ist so toll, dass ihr euch endlich gefunden habt! Wir sind alle wirklich schon regelrecht verzweifelt!!"

Da mein Hirn sich jetzt von dem kurzen Schock erholt hatte, erkannte ich natürlich sofort an der Stimme, wer mich so stürmisch umarmt hatte.

„Ja, da kann ich dir nur recht geben", lachte ich und er ließ mich wieder runter, sodass ich in seine blauen Augen sehen konnte.

„Ich hätte Swift so köpfen können", sagte Niall missmutig und fuhr sich mit der Hand durch seine Sturmfrisur. „Was fällt der ein... Wahnsinn..."

„Dank dir hab ich überhaupt erst davon erfahren, dass das alles ein Missverständnis war", informierte ich ihn und stupste ihn leicht gegen den Oberarm mit meiner Faust.

„Filmreifer Ausbruch am Flughafen, oder? Hab ich doch super hingekriegt!", strahlte er mich an und lachte lauthals. (Ihr wisst schon, das legendäre HAHAHAHA-Niall-Horan-Lachen eben.)

„Wie, das hast du extra gemacht?" Verblüfft sah ich ihn mit großen Augen an. Dann drehte ich mich zu Harry, der sein freches Grübchen-Grinsen im Gesicht hatte.

„Yep, alles geplant. Wir mussten es ja irgendwie hinkriegen, dass du erfährst, was diese hinterlistige Kuh geplant hat", erklärte Niall mir und wackelte mit den Augenbrauen.

„Aber es hätte doch sein können, dass ich es nicht glaube, selbst wenn du es behauptest?"

Ja ja, Sam ist und bleibt eben misstrauisch.

Niall hob grinsend den Zeigefinger. „Daran haben wir natürlich sofort gedacht, dass es sein könnte, dass du meinen kleinen Ausbruch am Flughafen für eine Lüge hältst", sagte er, begeistert von seiner eigenen Idee. Ich schielte kurz zu Harry rüber und bemerkte, dass er mich lächelnd ansah. Es machte nicht den Anschein, dass er Niall auch nur im Geringsten zuhörte.

Ich wendete meine Aufmerksamkeit wieder mit aller Kraft auf Niall, da dieser nämlich jetzt weiterredete.

„Wir brauchten natürlich ein Beweismittel. Glücklicherweise ist da Taylor Lautner in die Bresche gesprungen.  – Noch ein Exfreund von Swift, ich liebe die Ironie des Schicksals!" (Und wieder das allseits bekannte und heißgeliebte HAHAHA.) „Der hatte nämlich nur kurz gefilmt, weil er posten wollte, wie es auf der EMAs-Aftershow-Party zugeht, aber zufälligerweise hat er genau dann angefangen zu filmen, als Swift auf Harry zugegangen ist. Taylor – also Lautner meine ich – hat es bemerkt und hat die Kamera dann draufgehalten. Deswegen haben wir dieses Beweisvideo." Stolz wie Oskar grinste er mich an und ich konnte nicht anders und musste zurücklächeln. „Und zuuufälligerweise ist es dann im Internet gelandet und zuuufälligerweise haben es sämtliche Klatsch-Journalisten entdeckt, sodass es zuuufälligerweise das absolute Nummer-Eins-Thema wurde."

„Ihr Schlitzohren", sagte ich lachend und Niall umarmte mich.

„Ach, ich würde alles dafür tun, dass Harry seine Prinzessin wiederfindet!", sagte er und ich löste mich ein wenig verlegen aus seiner Umarmung.

Tjaaaa, Prinz Harry hatte seine Prinzessin aber nicht wieder geküsst.

Prinz Harry hielt doch irgendwie ganz schön Abstand zu ihr.

Also war Sam wohl doch nicht die richtige Prinzessin.

Ich kam mir vor wie in Cinderella. Wahrscheinlich trug ich gerade den gläsernen Schuh und im ersten Moment passte er auch, aber nach ein paar Stunden würde er drücken und ich würde ihn seufzend vom Fuß streifen müssen.

Aus, basta, vorbei.

„Sam!" Erneut rief eine Stimme freudig meinen Namen und ich sah Liam auf mich zukommen. Er grinste über beide Ohren und umarmte mich ebenfalls.

Als er mich wieder losließ, sah er mich einfach nur weiter strahlend an.

„Puhh, ich bin jetzt echt sprachlos", gab er zu und grinste. „Ich freu mich so sehr, dass ihr euch doch noch gefunden habt!"

„Tja, es geschehen eben doch Zeichen und Wunder", gab ich glücklich zurück und er nickte grinsend.

„Das ist wohl wahr. Gott sei Dank!"

Ich lächelte nur und antwortete nichts. Ich wusste ehrlich gesagt nicht, was ich sagen sollte. Das lag allerdings nicht daran, dass ich schüchtern war (sollte ja bekannt sein, dass ich alles andere als schüchtern bin) oder dass ich nicht wusste, was ich mit den Jungs reden sollte – nein, mir saß einfach nur ein riesengroßer Kloß im Hals, der mich davon abhielt, dass ich auch nur ein vernünftiges Wort formen konnte.

Ich spürte wieder die altbekannte Panik in meinem Magen aufkeimen und ich begann, ein wenig hektisch zu atmen.

Langsam, Sam, langsam atmen. Komm schon, bloß nicht hyperventilieren!

„Kommst du wieder mit rüber, Niall?", fragte Liam mit einem Kopfnicken zu Zayn, Louis und ein paar anderen Leuten, und die beiden verschwanden wieder, nachdem sie nochmal betont hatten, wie sehr sie sich darüber freuten, dass ich hier war. Ich lächelte nur ein wenig gezwungen zurück und sah dann schnell auf den Boden.

Jetzt stand ich hier mit Harry und wusste nicht, was ich sagen oder machen sollte. Ich hatte ihm vorhin unauffällig meine Hand entzogen, sodass wir jetzt nur nebeneinander standen.

Ich wagte einen Blick zu ihm nach oben und bemerkte, dass er sich ein wenig forsch und wachsam umsah.

Ich runzelte die Stirn und setzte gerade dazu an, zu fragen, was denn los sei – als er sich (wieder) meine Hand schnappte und in die entgegengesetzte Richtung zog, aus der wir gekommen waren.

Er drehte sich im Laufen kurz zu mir um und raunte mir zu: „Keiner schaut zu uns her, jetzt können wir uns ganz schnell unbemerkt aus dem Staub machen."

Mein Herz machte einen Hüpfer und ich wäre beinahe über meine eigenen Füße gestolpert, wenn ich mich nicht auch noch mit der zweiten Hand an Harry festgeklammert hätte.

Er stieß jetzt eine Hintertür auf und behielt sein schnelles Tempo bei, damit uns niemand aufhalten konnte. Mit einer fließenden Bewegung zog er sich wieder die Kapuze über den Kopf.

Er zog mich immer weiter und ich joggte schon regelrecht neben ihm her.

„Ha...Harry... ich...kann... nicht m...mehr....", keuchte ich und blieb abrupt stehen und hielt seine Hand aber immer noch fest, sodass er ebenfalls (etwas unsanft) am Arm gerissen wurde und stehen blieb.

Er drehte sich zu mir um und sah mich an.

HeartbeatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt