Heartbeat

#40 - Immer noch Party 1.0

„Scheiße, er starrt mich an", schrie ich Caro über die Musik ins Ohr und deutete mit einer unauffälligen Kopfbewegung rüber zur Bar. Caro drehte mich beim Tanzen so, dass ich mit dem Rücken zur Bar tanzte, sodass sie mir gegenüberstand und über meine Schulter unauffällig rüberschauen konnte.

Nico saß dort mit weiteren Freunden, jeder hatte einen Drink in der Hand und jeder von ihnen starrte irgendein Mädchen an. In Nicos Fall war es eben ich.

Solche Spanner, ey.

„Ach, lass den Idioten doch, schau einfach nicht hin und ignorier ihn!!", rief Caro zurück und zog mich weiter in die Mitte der Tanzfläche, sodass wir von der Bar aus nicht mehr zu sehen waren.

Das Vibrieren des Basses flutete durch meine Adern und ich spürte, dass sich meine Laune hob. Tanzen war einfach die beste Medizin gegen alles. Auch gegen bescheuerte Exfreunde.

Nach einer halben Stunde wurde es so stickig in der Mitte der Tanzfläche, dass wir zur Seite gingen und uns (weit weg von Nico) auf zwei Barhocker setzten. Caro kaufte sich einen Drink und gab mir einen Eistee dafür aus, dass ich sie immer überall hin kutschierte und sie dafür was trinken konnte, wenn sie mich als Fahrer hatte.

Wir unterhielten uns gerade und nippten an unseren Getränken, als sich von hinten ein Arm um meine Schultern schlang.

Mich befiel sofort in der nächsten Millisekunde eine riesige Panik, da ich dachte, dass es Nico war.

Ich fuhr herum und blickte dann aber Gott sei Dank René, dem Geburtstagskind, ins Gesicht. Ich sprang auf und drückte ihn ganz fest, während ich ihm gratulierte. Mit René hatte ich mich schon seit Jahren gut verstanden, was auch nicht durch Nicos bescheuerte Aktionen anders wurde. All seine Kumpels fanden es witzig, was er in Texas abgezogen hatte, nur René hatte an mich gedacht und hatte zu mir gehalten.

Ich ließ ihn los und gab nun Caro die Chance, ihm zu gratulieren. Sie war total nervös und hibbelig, da René nämlich Carlos mitgebracht hatte, der jetzt fast genau neben Caro stand.

Er schaute mich nicht an. Ich schnaubte und dachte mir nur, was er doch für ein Arschloch war. Ein billiger Abklatsch von Nico. So ein Mist, dass Caro so auf ihn stand.

„Ich hoffe, er hält sich heute Abend fern von dir", raunte mir René ins Ohr und wuschelte sich durch seine dunklen Haare, „wenn nicht, dann lass ich ihn rausschmeißen, im Ernst, Sam." Ich wollte eigentlich dagegen protestieren, schließlich war er einer seiner besten Freunde, aber René gab mir keine Gelegenheit dazu.

„Ich lass nicht zu, dass er dich weiterhin so scheiße behandelt.

Übrigens", sagte er jetzt so laut, dass Caro und Carlos es auch hören könnten, „ich hab einen besonderen Geburtstagswunsch und ich hoffe so, so, so sehr, dass er mir erfüllt wird."

„Ach ja?", fragte ich neugierig und sah ihn gespannt an.

„Hmh...", machte er und grinste mich bedeutungsvoll an. Ich zog die Augenbrauen hoch. Ich hatte keinen blassen Schimmer, wovon er sprach.

„Ich wünsche mir, dass die beste Dance-Crew des Münchner Raums hier performt", sagte er und lächelte mich engelsgleich an.

„Hm, also ich hab keine Ahnung, wie ich Josh erreichen soll", sagte ich und verzog entschuldigend den Mund. Josh war der Kopf einer Münchner Crew, die schon bei Justin Bieber und Britney Spears in Musikvideos getanzt hatten. Jeder hier kannte sie. Ich hatte auch schon ein paar Workshops mit ihm zusammen gehabt und er war wirklich der Hammer.

Ich wusste natürlich, dass René meine Crew meinte und nicht die von Josh, aber ich stellte mich extra doof.

„Ach, Sammy, jetzt bitte!", sagte er und sah mich schmollend aus seinen dunklen Augen an.

„Ilona ist hier auch irgendwo unterwegs!", meinte er und versuchte, mich damit zu ködern. Instinktiv sah ich mich um und blickte sofort zum Podest herüber, wo man auch tanzen konnte, wozu man aber genug Mut und Können brauchte, um sich dort hochzutrauen.

Ich entdeckte sie natürlich gleich. Sie war grundsätzlich immer auf dem Podest. Ihre blonde Mähne war nicht zu übersehen.

Ich stöhnte auf und sah wieder zurück zu René.

Jetzt mischte sich Carlos ein: „Komm schon, Sam, er hat Geburtstag und ihr seid einfach die Besten. Und wir haben euch schon lange nicht mehr tanzen sehen!"

Ich sah ihn nur an und musste mir einen bissigen Kommentar verkneifen. Stattdessen lächelte ich ihn nur an und verdrehte die Augen.

„Ich geh mal rüber zu ihr", sagte ich und René und Carlos brachen in Jubel aus. Caro lachte und schmachtete Carlos die ganze Zeit von der Seite an, was dieser natürlich überhaupt nicht sah.

Ich hätte ihn am liebsten kastriert.

Ich rutschte von meinem Barhocker, streckte den dreien die Zunge raus und machte mich auf den Weg zum Podest. Ich musste ganz außenrum um die Tanzfläche gehen, damit ich dorthin kam.

Ich lief los, ohne nachzudenken, wo ich hinging.

Shit, ich ging direkt auf die Bar zu, wo Nico saß. Aber jetzt war es zu spät zum Umdrehen.

Ich reckte mein Kinn in die Höhe und stolzierte an ihm vorbei.

„Hey, sexy Lady!", hörte ich eine Stimme rufen, gefolgt von neandertalerischem Gegröle. Ich biss die Zähne aufeinander und musste mich so sehr zurückhalten, dass ich mich nicht umdrehte und ihnen allen in ihren heiligen Bereich treten würde.

Nicos Freunde waren alle so niveaulos.

Ich war so froh, dass ich sie los war. Und ihn obendrauf.

Ich war jetzt beim Podest angekommen, stieg die paar Stufen nach oben und kämpfte mich zu Ilona durch.

(Rechts ist ein Foto von René – ich stell ihn mir als Steven McQueen vor, also Jeremy aus Vampire Diaries :)
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