„Problem ist nicht das richtige Wort. Ich wollte dir nur meinen neuen Text sagen und deine Meinung hören.“

Mrs Horan kannte ihren Sohn besser und wusste, dass mehr dahintersteckte. Sie legte kurz ihre Stirn in Falten – was Niall zum Glück nicht sah. Dann setzte sie sich zu ihm.

„Dann lass mal hören.“

Nialls Mutter hörte still zu, wie immer, wenn ihr Sohn einen neuen Text verfasst hatte. Die Strophen gingen ineinander über und verschlungen sich zu einem einzigen Gebilde. Das Lied erzählte eine Geschichte, traurig schön, doch es klang noch etwas anderes mit, etwas, das zwischen den Zeilen durchschimmerte, wie ein Schatten des Textes selbst, und doch etwas Eigenes, Neues, Unbekanntes. Man musste genau lauschen, doch dann sah man das Bild klar und deutlich vor sich. Wie in diesen Bildern aus denen eine 3D Figur hervor kam, wenn man die Augen in die Ferne schweifen ließ. Und genauso schnell, wie das Bild aufgetaucht war, so schnell verblasste es wieder. Es ließ eine Lücke zurück, etwas das man vermisste. Wie ein Traum, den man beim Erwachen greifen möchte und der im Nichts verschwindet. Eben noch klar vor Augen und im nächsten Moment weg, wie eine Nebelschwade im Wind. Man wusste genau, der Traum war schön und man wollte ihn behalten, doch man sah ihn nicht wieder und, wenn man Pech hatte, kam er auch niemals wieder.

Mrs Horan seufzte. Sie wollte es nicht, doch sie konnte es nicht unterdrücken.

„Niall, das war wunderschön. Kennst du schon die Melodie für dieses Lied?“

„Das ist das Problem, Mom. Ich weiß es nicht. Der Text kommt mir so komisch vor, so dass ich ihn nicht greifen kann. Ist er eher traurig, oder eher fröhlich. Immer wenn ich mich auf ein Gefühl einlassen will, drängt sich das andere vor. Will ich es traurig machen, muss ich lächeln, will ich lächeln werde ich traurig. Es ist so unwirklich. Mir gefällt der Text auch, doch dann habe ich plötzlich Angst davor. Doch kaum habe ich Angst, ist es, als tröste mich jemand.

Weißt du noch, als ich klein war? Da hatte ich Angst vor der Dunkelheit. Und dennoch sehnte ich mich nach dem Abend, denn ich wusste, dann bist du da und tröstest mich, schaltest das Licht ein, erzählst mir eine Geschichte. Da war die Angst weg, doch ich wusste genau, sie durfte nicht verschwinden, sonst würdest du mich nicht mehr trösten. Das ist verrückt, nicht?“

Seine Mutter sah ihn einen Moment lang an.

„Nein, das ist nicht verrückt! Das ist, denke ich, ganz normal. Es gibt immer Dinge, die einem Angst machen und man sehnt sich dennoch danach, denn man weiß, es ist jemand da, der einen rettet. Ich weiß nicht genau, wie man das nennt, aber ich weiß, dass dies viele Menschen haben und bei kleinen Jungs ist es ganz normal.“

„Aber, ich bin kein kleiner Junge mehr. Ich weiß nicht genau, was ich bin, aber kein kleiner Junge, da bin ich mir sicher. Und ich habe diese Gefühle dennoch. Sehnsucht nach etwas, was mir Angst macht. Und am schlimmsten ist, dass ich nicht einmal weiß, was es ist. Ich glaube nicht, dass ich wirklich dieses Konzert geben sollte. Jetzt nicht mehr, denn ich glaube, es hängt damit zusammen.“

„Es ist deine Entscheidung, aber ich glaube nicht, dass es das Konzert ist, was dich beunruhigt.“

„Aber, das ist das einzig Neue in meinem Leben. Und kaum bekomme ich das Angebot, bin ich durcheinander, wie meine Schublade.“

Mrs Horan lachte auf. Diesen Ausdruck hatte sie mal gebraucht, weil Nialls Ordnung etwas eigenwillig war und noch immer ist.

„Bist du dir sicher, dass es das einzig Neue ist in deinem Leben.“

„Klar! Was soll es denn sonst sein?“

„Mir fiele da schon noch etwas ein!“

Er sah seine Mutter verwirrt an.

„Was soll das sein?“

„Männer! Genau wie dein Vater vor langer Zeit. Sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht.“

„Bäume? Ich verstehe nur Bahnhof!“

„Sage ich doch! Genau wie dein Vater. Wer war denn gestern noch neu in dein Leben getreten?“

„Mr Payne. Aber...“

„Nicht der, wer noch?“

„Du meinst...?“

„Oh ja, ich meine. Es hätte deiner Worte nicht bedurft, um festzustellen, dass du kein kleiner Junge mehr bist. Mein kleiner Niall ist verliebt und das bringt ihn durcheinander.“

„Mom!“

„Sieh es ein, Niall. Nur so wirst du mit deinen Gedanken fertig, mit deinen Gefühlen und mit der Melodie – mach eine traurig schöne Ballade draus und du triffst es haargenau.“

Darauf wusste Niall nichts mehr zu sagen, doch ein Grinsen machte sich in seinem Gesicht breit.
Seine Mutter hingegen seufzte, diesmal aber leise. Manche Zeiten gingen viel zu schnell vorüber.

Feel With The Hearts Tahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon