Four

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Der Schrei ging ihr durch Mark und Bein. Sie ließ alles stehen und liegen und rannte die Treppe wieder hoch.
Im Kinderzimmer angekommen, fand sie ihren Sohn in Tränen aufgelöst. Er stand neben einer offenen Schublade, rieb sich den Arm und hüpfte gleichzeitig von einem Bein auf das nächste.

Sie kniete sich zu ihm hinunter und wollte sich den Arm ansehen, doch er zuckte zusammen und drehte sich weg, als sie ihn berühren wollte.

„Was ist denn passiert?

Zwischen seinen Schluchzern brachte er einzelne Worte hervor.

„Schublade...gestoßen...tut weh...

Schließlich brachte er doch einen zusammenhängenden Satz hervor:

„Bitte, Mami, mach, dass es aufhört.

„Lass mich bitte sehen, sonst kann ich nichts tun.

Sein Blick war herzzerreißend. Hilflos, flehend, fast ängstlich. Doch er nahm seine Hand von seinem Arm weg und streckte ihn ihr entgegen. Eine dicke Schramme zierte seinen Oberarm.

Zwar war die Verletzung nur oberflächlich, dennoch sickerten einige kleine Tropfen Blut aus der Wunde. Er schien mit einiger Geschwindigkeit gegen die offene Schublade gelaufen zu sein. Sein neues T-Shirt hatte ebenfalls etwas abbekommen.

Hatte sie vergessen, die Lade wieder zu schließen? Hatte er noch etwas gesucht?
Sie machte sich Vorwürfe, aber in erster Linie war es Angst und Sorge. Zwar war die Verletzung der Haut nur gering, aber es konnte darunter schlimmer aussehen. Sie kniff den Mund zusammen.

„Tut das weh?

Sie drückte einige Zentimeter von der Wunde sacht gegen den Arm. Er zuckte zusammen.

„Ja!

Erneut kullerten Tränen über sein Gesicht.
Das sah nicht gut aus, vor allem, weil er ansonsten nicht wehleidig war. Eher biss er die Zähne zusammen und steckte Sachen weg, die andere Kinder zu Schreianfällen verleidet hätten.
Dann sah er zu allem Überfluss sein T-Shirt.

„Es ist kaputt! Mein T-Shirt ist kaputt. Mein neues T-Shirt...

Noch mehr Tränen kullerten aus seinen Augen.

„Wir holen dir ein Neues.

„Das ist dann aber nicht mehr dasselbe.

„Das stimmt, aber dann kannst du das hier zu Hause anziehen und das andere in den Kindergarten.

Vorsichtig tastete er nach dem Riss in seinem Shirt. Dabei kam er ausversehen an eine Stelle in der Nähe seiner Schramme. Wieder schossen Tränen in sein Gesicht. Das gab den Ausschlag.

„Ich werde dich jetzt hochheben und ins Auto tragen. Dann machen wir einen Ausflug ins Krankenhaus und ein Arzt wird sich deinen Arm ansehen, dann wird es bald besser werden.

„Kannst nicht du es machen, dass es besser wird?

„So ein Arzt musste ganz viel lernen, damit er Jungen wie dir helfen kann, Mamis haben andere Aufgaben. So wie die Kindergärtnerin dich im Kindergarten betreut, wird der Arzt sich um deinen Arm kümmern.

Er nickte. Das konnte er verstehen. Vorsichtig hob sie ihn hoch, sorgsam darauf bedacht, nicht seinen Arm zu berühren. Ebenso vorsichtig stieg sie die Treppe hinunter, angelte sich im Vorbeigehen den Autoschlüssel und verließ das Haus.

Feel With The Hearts Where stories live. Discover now