#9 - Typisch Nico

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Wir sahen uns um und fanden Josephine. Sie hat mit uns Abitur gemacht und war so ziemlich die größte Nervensäge, die die Welt jemals hervorgebracht hat. Sie erstaunte einen immer wieder aufs Neue, wie viel man in fünf Minuten reden konnte. Besonders schlimm war es, wenn sie betrunken war. Und ich wette, genau das war sie auch gerade...

Wir gingen langsam auf sie zu. Sie saß aufreizend in ihrem Minikleidchen, das gerade einmal bis zum Anfang ihrer Oberschenkel ging, auf der Motorhaube eines Polizeiautos. Links und rechts neben ihr lehnten zwei Polizisten. Sie schienen wohl auf das zierliche Persönchen zwischen ihnen aufzupassen. Zumindest sahen die beiden ziemlich genervt aus, was darauf hinwies, dass sie wohl schon länger von Josephines Anwesenheit beehrt wurden.

Als wir näher kamen, warf sie mit einer lasziven Handbewegung ihr Barbie-Haar über die Schulter, aber keiner der Polizisten würdigte sie auch nur eines Blickes.

Josephine strahlte uns an. "Hier ist wirklich was geboten! Das Spannendste habt ihr schon verpasst!"

Caro zog die Augenbrauen hoch und ich sagte nur: "ach wirklich." Dann wandte ich mich an einen der Polizisten: "Entschuldigen Sie, aber was ist hier eigentlich los??"

Er sah einigermaßen freundlich aus, doch schien er nicht so sonderlich guter Laune zu sein.

"Kennen Sie den Jungen, der diese Party veranstaltet hat?"

"Ja", antwortete ich kurz abgebunden. Wohl ZU kurz angebunden, denn der Polizist zog eine seiner Augenbrauen nach oben. Ich gab nach und fügte hinzu: "Er ist mein Exfreund."

„Ah, okay", kam eine schlichte Antwort.

Der andere, ziemlich junge Polizist drehte sich zu mir und sagte: „Ihr lieber Exfreund Nico Doughan wollte heute doch eine Willkommensparty schmeißen, oder? Wir haben ihn wirklich wahnsinnig vermisst im letzten Jahr, als er weg war. Keine Standard-Samstag-Abend-Anrufe der Nachbarn. Doch als wir heute angerufen wurden und herkamen, haben wir einige illegale Substanzen bei ihm gefunden."

„Waaas, Nico hat Stoff mitgenommen?!", platzte Caro heraus und riss die Augen auf.

Himmel, der Kerl hatte die Intelligenz wirklich nicht mit dem Löffel gefressen.

„Nicht nur ‚Stoff mitgenommen', er hat seine eigenen Pflanzen hierher geschmuggelt", fügte der Polizist ernst hinzu.

Na, das wurde ja immer besser!

„Gott, ist der bescheuert", rutschte es mir heraus.

Der andere Polizist, der sich ruhig verhalten hatte, musste schmunzeln. Er sah mich an und sagte: „Das kann man wohl so sagen. Da bin ich ganz Ihrer Meinung."

„Und was blüht ihm jetzt?", fragte Caro.

„Das kann ich Ihnen leider nicht erzählen, tut mir Leid", erwiderte der junge Polizist.

„Okay, macht nichts, mich interessiert es eh nicht. Bin ich froh, dass ich den Kerl los bin", sagte ich zu Caro, „komm, wir fahren wieder, ich hab keine Lust, ihn zu treffen oder hier irgendwie in die Sache hineingezogen zu werden."

„Das ist eine sehr kluge Idee", sagte der jüngere Polizist lächelnd, wünschte uns eine gute Heimfahrt und eine schönen Abend.

„Der war ja schon irgendwie schnuffig", meinte Caro, als ich den Motor startete, und drehte sich nochmal zu dem jungen Polizisten um. Ich musste lachen. Typisch Caro.

Ich setzte sie bei sich zu Hause ab, auch wenn sie versuchte, mich zu überreden, dass wir noch in irgendeinen Club gingen, doch mir war wirklich nicht nach feiern. Ich wollte einfach ins Bett.

„Na gut, dann schlaf gut. Und bitte tu mir den Gefallen und verbanne ihn aus deinem Kopf, okay? Bitte, Sam", sagte sie, als sie ausstieg, drückte mir einen Kuss auf die Wange und lief zu ihrer Haustür.

Ganz witzig, Caro. Wie sollte ich das denn anstellen? Ich konnte ja auch nichts dafür, dass ich rund um die Uhr an ihn dachte...

Zu Hause ging ich sofort schlafen, ohne nach Mom oder Leon zu schauen.

Ich wollte heute wirklich keinem mehr begegnen.

~~~

Mitten in der Nacht wurde ich von einer Stimme geweckt.

„Sam", flüsterte sie. „Sam, wach auf! Ich bin hier! Ich habe dich so vermisst!"

Ich schlug die Augen auf und richtete mich in meinem Bett auf. Meine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit und ich konnte den Jungen sehen, der einen halben Meter von mir entfernt auf meiner Bettkante saß.

Ich traute meinen Augen nicht.

„Harry?? Was machst du hier? Wie kommst du hier her?!"

HeartbeatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt