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Wie in Trance, stehen wir gefühlt mehrere Sekunden lang Brust an Brust und starren uns gegenseitig an.

Der See, welchen man nicht durchschauen kann.

Mit glasigen Augen wendet sich Jimin schließlich von mir ab.
,,Malia, jetzt bin ich derjenige mit Fragen."
Abwartend knete ich meine schlecht durchbluteten Finger.

,,Sag mir, was ist passiert, dass du Niemanden mehr an deinem Leben Teil haben lassen möchtest."
Stirnrunzelnd fokussiere ich meinen Blick auf den Parkettboden.
,,Das ist nicht einfach...Jimin.", erkläre ich mit brüchiger Stimme.
,,Versuch es.", er wendet sich mir wieder zu und stützt sich daraufhin an dem schmalen Kleiderschrank ab.
,,Wieso sollte ich dir meine Geschichte erzählen, wenn ich nicht deine erfahren darf?", kontere ich.
Als wolle Jimin etwas sagen, schnappt er kurz nach Luft. Mit erhobener Braue blicke ich ihn erwartungsvoll an. Doch er sieht ertappt zur Seite und schließt daraufhin seinen Mund wieder.
Dachte ich's mir schon.

,,Ich sollte jetzt wohl gehen.", entgegne ich mit einem erzwungenem Schmunzeln. Es ist wohl das Beste wenn ich ihm Zeit für sich gebe. Außerdem möchte er mich garnicht hier haben. Ich bin scheinbar wirklich nur eine Last für ihn. Trotzdem werde ich mit einem schlechten Gewissen gehen.

Was ist wenn er gerade nicht in dem Zustand ist, allein gelassen werden zu dürfen?
Ich würde es mir nie verzeihen wenn Jemanden etwas zu stößt, was ich hätte verhindern können.
Ich werde es mir nie verzeihen können.

,,Ich lass meine Nummer hier. Für Notfälle."
,,Nein. Das ist nicht nötig."
Seine Aussage ignorierend, greife ich nach Papier und Stift, welche sich auf der großen Arbeitsplatte am Rande des Zimmers befinden.
Schnell kritzle ich Nummer und Name hin, bevor ich auf die Tür zu steure.

Ich drehe mich noch einmal nach ihn um.
,,Ich habe die nächsten zwei Tage frei. Das heißt ich bin die meiste Zeit über Zuhause...falls etwas ist, du weißt wo du mich findest.", erkläre ich und versuche dabei so neutral wie nur möglich zu klingen. Jimin sieht mich abwartend an.

Ich wende mich schließlich von ihm ab. Doch die Hand an meinem Handgelenk, hält mich davon ab. Verwundert blicke ich zu Jimin auf, dessen Gesicht nur wenige Zentimeter von meinem entfernt ist. Sein Ausdruck erinnert mich an eine in Stein gemeißelte Statue. Kalt und blass.

Der dauernde Blickkontakt und die Nähe zu ihm machen mir zu schaffen. Ich spüre förmlich, wie das Blut in meinem Kopf steigt.
Abrupt unterbricht er den Blickkontakt und sieht stirnrunzelnd weg.
,,Danke.", sagt er kaum hörbar und lässt somit meine Hand los. Etwas perplex blinzle ich einige Male, bevor ich ihn schwach anlächle.
,,Mach's gut, Jimin.", mit diesen Worten verlasse ich das Zimmer und daraufhin sein Appartement.

Zurück in meiner Wohnung, schlendre ich ins Badezimmer. Ich betrachte mein Spiegelbild und ignoriere dabei die weißen Zahnpastaflecken auf dem Spiegel. Mein Dutt hat sich mittlerweile aufgelöst, sodass ich meine Haare erneut zu binde. Ich streich mir die Haarsträhnen aus dem Gesicht und drehe den Wasserhahn auf. Daraufhin forme ich meine Hände zu einer Schale und spritze mir das kalte Wasser ins Gesicht. Eilig greife ich nach dem danebenliegenden Handtuch und trockne mich damit.
Mit den Händen am Waschbeckenrand, stütze ich mein Gewicht ab.

Ich habe ihm viel erzählt. Zu viel.
Ich hätte meine Einsamkeit nicht erwähnen dürfen. Es ist sicherlich nicht leicht jeden einzelnen Tag alleine zu verbringen. Aber ich habe nie eine Person gehabt, für die ich wirklich etwas empfunden habe. Deswegen war und ist es auch Okay für mich, allein zu sein.

Auf der Kürze konnte ich mir, auf den verschiedenen Highschools auf denen ich war, nie Freunde machen. Irgendwann hatte ich es aufgegeben und beschloss freiwillig ein Einzelgänger zu sein. Nicht, dass ich gemobbt worden bin. Ich war freundlich und höflich zu meinen Mitmenschen. Jedoch nur oberflächlich. Weder hat es sie, noch mich interessiert wie es dem Anderen geht. Noch wollten wir wirklich wissen, wie die Ferien des jeweils anderen verliefen.

Aber meine höchste Priorität ist sich auf nichts und Niemanden ein zu lassen. Egal ob es Hass, Liebe oder Freundschaft ist, ich halte mich so gut es geht fern davon.
Am Ende, wird man nur verletzt werden.
Wie ich damals bei dir.

Schnell blinzle ich mir die lästigen Tränen weg und versuche mich zusammen zu reißen. In der Küche, suche ich nach etwas essbarem und klappe dabei den Kühlschrank auf. Enttäuscht stelle ich fest, dass dieser leer ist. Außer schlecht gewordener Milch und einem halb vollen Essiggurkenglas, befindet sich nichts verdauliches mehr darin. Nörgelnd knalle ich die Kühlschranktür zu und lehne mich dagegen an.

Auf den Punkt genau, meldet sich mein Magen mit einem unerträglichen Knurren. Wenn ich den Tag noch einigermaßen retten will, sollte ich heute noch etwas einkaufen gehen.

Als mein Blick über die Tischthrese schweift, bleibt dieser bei einer blauen Mappe stehen.
Meine Augen weiten sich, als mir einfällt, dass ich meine Arbeit über "Reporter im Ausland" noch heute abgeben muss. Fluchend schnappe ich mir die Mappe und stampfe daraufhin zum Garderobenständer, um mir den dunkelgrauen Mantel über meine weiße Bluse zu ziehen. Ich greife nach dem schwarzen Strickschal,welchen ich gekonnt um meinen Hals wickel.

Schleunigst schlüpfe ich in die verdreckten, schwarzen Stiefel hinein und schnappe mir meine Tasche samt Schlüssel und Geldbeutel.
,,Hoffentlich krieg ich den Bus noch.", flüstre ich in den Schal hinein, als ich das kleine Appartement überfordert verlasse.

Gestresst schließe ich die Wohnungstür hinter mir zu und sogleich kommt mir ein kalter Windstoß entgegen, welcher mich zitternd die Arme überkreuzen lässt. Folglich hetze ich zur nächstgelegenen Bushaltestelle und setze mich dort erschöpft auf die feuchte Holzbank. Mit dem Bein wackelnd, warte ich ungeduldig auf den Stadtbus.

Ich hasse es zu warten.




Ich hasse es zu warten

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