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Ich beschließe mich erst einmal um ihn und seine Wunden zu kümmern, bevor ich dann später wieder auf seine Aussage zurück komme. Vielleicht litt er auch unter hoher psychischer Belastung, sodass er verwirrt ist und nicht genau weiß, was er von sich gibt.

Ich streiche mir eine Haarsträhne hinter's Ohr und näher mich der Badewanne an. Als ich in die Hocke gehe, stütze ich mich mit der Hand an der Wanne ab. Bestürzt beobachte ich Jimin dabei, wie er sich verzweifelt über die erröteten Arme wischt.

Ich greife nach seiner Hand und ziehe sie zu mir her. Jimin leistet überraschenderweise keinen Widerstand. Als ob er versucht seine Tränen und Gefühle zurück zu halten, umgreift er mit der rechten Hand sein Gesicht.

,,Jimin. Egal was es ist. Ich werde dir helfen. Ich werde bei dir sein. Du bist und wirst nicht allein sein."
Er lacht leise auf.
,,Wieso tust du das? Wieso ignorierst du mich nicht einfach? Du kennst mich nicht einmal. Du hast keine Ahnung wer ich bin. Warum versuchst du einem Fremden zu helfen?", sagt er mit einem bitteren Unterton und starrt dabei auf das rosane Badewasser.

Ich schüttle den Kopf wobei meine Lippen ein wages Lächeln bilden.
,,Wir sind uns doch nicht mehr fremd. Erinnerst du dich nicht an die angenehme Konversation beim Kuchen essen?"

Schweigend stützt er sich ab und versucht allmählich aufzustehen. Ich stehe ebenfalls hastig auf und umgreife seinen Arm. Er jedoch zieht diesen weg und stützt sich stattdessen mit der Hand an der Wand ab.
,,Ich schaff das auch allein."

Wachsam trete ich einen Schritt beiseite, um ihn genug Platz zum aussteigen zu lassen. Nachdem er es über die Wanne geschafft hat, läuft er schwankend zur Tür hinüber wobei er sich stets an der Wand abstützt. Ich folge ihm in sein Zimmer. Erschöpft setzt er sich auf das weißbezogene Doppelbett.
,,Bin gleich wieder da..", flüstrere ich und hole daraufhin meinen Medizinkasten, Pinzette und Desinfektionsmittel.

Während ich kurz weg war, hatte Jimin seine durchnässte, schwarze Jeans ausgezogen. Mit erhitzten Wangen knie ich mich vor ihn hin und lege seinen Fuß auf meinen Schoß. Mit Hilfe von angefeuchtetem Klopapier, wische ich das Blut von seinen Füßen. Ich greife nach der Pinzette und suche nach Splitter und Glasteile in seinem Fuß.

Bevor ich das erste Teil rausziehe, schaue ich noch einmal zu Jimin hoch. Er erwidert meinen Blick mit seinen müden Augen. Als Bestätigung dafür, dass ich anfangen kann, sieht er weg und leckt sich beiläufig über die Lippen.

Ich atme tief ein und ziehe das erste Glasteil vorsichtig raus.
Und so mache ich es mit jeden einzelnen Splitter. Glücklicherweise, sind diese nicht allzu klein, sodass sie nicht tief im Fuß gedrungen sind.
Erneut reinige ich gründlich seine Füße und schmiere sie dann mit einer Wundsalbe ein. Ich umwickle sie daraufhin mit einem schützenden Verband. Stolz sehe ich hoch und ertappe Jimin dabei, wie er mich interessiert mustert. Einige Sekunden lang sehen wir uns gegenseitig in die Augen, bevor ich meinen Blick abwende und aufstehe.

Ich setze mich neben ihn hin und nehme nichts sagend seine zitternde Hand in meine. Behutsam entferne ich das restliche Blut und schnappe tief ein als ich den dicken Schnitt in seiner Handfläche erhasche. Ich möchte mir nicht vorstellen, welche Schmerzen er wohl haben muss.
,,Tut das weh?", ich sehe ihn an und schrecke kurz zurück als ich bemerke wie nah sich unsere Gesichter stehen. Ein flüchtiges Lächeln huscht über seine Lippen, als er den Kopf schüttelt.
,,Gibt's schlimmeres.", erwidert er.

Als ich mit dem Tuch leicht über die Wunde streiche, bemerke ich wie sich seine andere Hand vor Schmerz zur Faust ballt und sein Kiefer sich zu verspannen scheint.

Von wegen, keine Schmerzen.

Ich behandele seine Hände zu Ende bis sie, wie seine Füße, mit dem weißen Verband vor Schmutzpartikel und ähnlichem geschützt sind.
,,So.", sage ich erleichtert und packe die Sachen zurück in den Kasten. Jimin begutachtet seine Hände.
,,Ist es jetzt besser?"
Er nickt.

Ich husche in seine Küche, wobei ich aufpasse nicht in die Scherben zu treten, und hole ein Glas Wasser. Im Schlafzimmer angekommen, reiche ich Jimin das Glas und eine kleine, blau-weiße Tablette.
,,Was ist das?", fragt er stirnrunzelnd.
,,Eine Schmerztablette."
Abwechselnd sieht er mich und die Pille misstrauisch an, bis er sie schließlich dankend an nimmt.

Nachdem er die Tablette eingenommen hat, sage ich vorsichtig:
,,Du solltest ein wenig schlafen..um den Rest kümmern wir uns später."
,,Du musst mich nicht...bemuttern.", sagt er trotzig und lehnt sich dabei nach hinten um sich hinzulegen. Doch dazu kam es erst garnicht, denn als sein Rücken die Matratze erreicht, zischt er laut auf und weicht wieder zu seiner Sitzposition zurück. Stirnrunzelnd beobachte ich ihn.

Seine blauen Flecken.

,,Warte mal.", sage ich behutsam und krabble auf das Bett um mir seinen Rücken genauer an zu sehen. Mit dem Finger streiche ich vorsichtig über die teilweise verblassten Flecken.

Blau, rot, grün, lila.
Das hat er sich nicht selbst antun können.

,,Jimin...Da kann ich nichts machen..höchstens dir eine Schmerzsalbe drauf schmieren."
Ich nähere mich seinem Hinterkopf.
,,Niemand hat behauptet, dass du dich um meinen Rücken oder sonst was kümmern sollst."
Schwankend stemmt er sich auf, um mit mir von Angesicht zu Angesicht zu reden. Ein kalter Schauer läuft mir den Rücken runter, als sein düsterer Blick mich trifft.
Es scheint als versuche er durch mich hindurch zu sehen.

,,Wieso machst du das?"
Ich schüttle den Kopf.
,,Das ist doch selbstverständlich. Wenn jemand in Not ist dann hilft man denj-"
,,Nein", unterbricht er mich.

Ich hasse es unterbrochen zu werden.

,,Das ist nicht selbstverständlich. Normale Leute hätten die Polizei oder einen Krankenwagen gerufen."
,,Dann bin ich eben nicht normal.", entgegne ich ein wenig eingeschnappt.
,,Und das vorhin-", ich deute zum Wohnzimmer.
,,-war ebenfalls alles andere als normal, Jimin."
Als ein rechthaberisches Zeichen, überkreuze ich meine Beine und blicke ihn stur an.

,,Du bist unfassbar.", sagt er spöttisch. Er wischt sich übers Gesicht, bevor er seinen Blick wider auf mich fokussiert.

,,Du hast keine Ahnung, was passiert ist. Du hast keine Ahnung, was ich alles durchmachen musste. Du weißt über nichts Bescheid und versuchst dich trotzdem in die Angelegenheit anderer einzumischen! Das macht keinen Sinn! Fühlst du dich jetzt wie Superman höchst persönlich? Dann muss ich dich enttäuschen. Mal davon abgesehen, dass ich wegen dir fast einen Unfall hatte und dich rumkutschieren darf, versuchst du dich jetzt sogar in meine Privatsphäre ein zu mischen, die dich wirklich einen Scheißdreck angeht."

Als er einen Schritt nach Vorne macht und mir somit direkt gegenüber steht, atme ich noch einmal tief ein. Provozierend bleibe ich hocken und halte, so gut es geht, seinen Blick stand.
,,Du hast recht. Das geht mich nichts an. Das einzige was ich getan habe, ist eine Belastung für dich zu sein. Aber-", ich stehe auf, sodass meine Brust knapp der seine streift. Mit erhobenen Kinn, schaue ich ihm direkt in die Augen.

,, -ich weiß, welche Art von Belastung ich für dich bin. Ich weiß warum du so bist, wie du bist. Du bist einsam. Du willst einsam sein.
Glaubst du wirklich, mir ist noch nie aufgefallen, dass du weder Freunde noch Familie um dich hast? Ich weiß wie es ist, alleine auf zu stehen, alleine zu essen, zu arbeiten oder jegliche Aktivität ohne eine Person, die diese mit dir teilt, zu machen. Ich weiß wie es ist davor Angst zu haben, dass man einer Person...jemals wieder..zu nahe kommen könnte.
Nicht körperlich. Sondern seelisch.
Man möchte Niemanden an sich heran lassen, weil man Angst hat verletzt zu werden."

Schwer schluckend, schau ich aus dem kleinen Fenster, um ihm meine beinah tränenden Augen, nicht sehen zu lassen.
,,Jimin...", flüstre ich kaum hörbar und wende ihm mein Gesicht wieder zu.
,,Ich bin wie du. Aber der Unterschied zwischen uns ist, ich komme damit klar.
Und du scheinbar nicht."

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Ich hoffe meine erste Story gefällt euch bis dahin ❤️
Lasst gerne n'paar Kommis da, wie ihr es denn bis jetzt findet. Anregungen oder Verbesserungsvorschläge sind erwünscht
Werde in den kommenden Kapitel, keine Abschweifung wie diese mehr machen, da das den ein oder anderen Leser stört...

Viel Spaß beim lesen! Vergesst die Votes bitte nicht! 🙏🏻

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