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"Phil, steh auf. Du musst zur Schule."
Ich spürte, wie meine Mutter mich schüttelte und schlug die Augen auf.
Sie musterte mich lächelnd und drückte mir einen Kuss auf die Stirn.
"Mach dich heute etwas schneller fertig, bitte. Ich möchte mit dir sprechen."
Ich nickte und sie ging aus meinem Zimmer.

Normalerweise hätte ich mir Sorgen gemacht, aber ich war einfach zu müde, um dies zu tun.
Ich stand auf und ging zu meinem weißem Schrank. Wahllos zog ich meine Klamotten raus und streifte sie mir über.

Meine Wimpern schmerzten vom gestrigen weinen und ich schaute zum Spiegel.
Ich konnte Dan nicht für immer ausweichen und es wäre besser, wenn ich freiwillig mit ihm rede anstatt unfreiwillig.
Also holte ich kurz tief Luft und zog die Decke weg.

"Hi."ertönte eine schüchterne Stimme hinter mir und ich drehte mich um. Bevor er irgendwas anderes sagen konnte, kam ich ihm zuvor:"Wir reden später. Rede nicht mit mir, solange ich dich nicht anspreche."
Er nickte stumm und schaute auf den Boden. "Gut."

Mir fiel meine Mutter wieder ein und ich stürmte in die Küche.
Sie hatte eine Tasse zwischen ihren Händen und ich schaute kurz zur Uhr.
Ich hatte noch 31 Minuten, bis ich gehen musste.

"Mum?"
Ihr Blick traf meinen und ich setzte mich ihr lächelnd gegenüber.
"Ich werde gleich auf den Punkt kommen, okay?"
Nachdem ich nichts sagte und sie sich sicher war, dass ich ihr zuhörte, seufzte meine Mutter.

"Phil du verhälst dich in den letzten Tagen merkwürdig."
Ich hob verwirrt eine Augenbraue und lehnte mich vor.
"Du-du sprichst mit jemandem, aber ich weiß nicht mit wem, weil dort keiner ist, wenn ich nachschaue.
Ich mache mir Sorgen, Phil. Siehst du merkwürdige Dinge? Müssen wir zum Arzt?"

Ich wollte meine Mutter nicht belügen, aber ich hatte keine andere Wahl.
"Eigentlich war es eine Überraschung, aber ich mache bei einem Theaterstück mit."antwortete ich ihr und sie atmete erleichtert aus. "Dann ist ja gut."

Ich fühlte mich noch schlechter, dass ich sie angelogen hatte, wegen ihrer Reaktion. Sie hatte mir einfach so geglaubt und nichts hinterfragt.
Sie vertraute mir einfach zu sehr.

Ihre Körpersprache wirkte freier, als sie aufstand und ihre Tasse abstellte. "Willst du noch was essen, bevor du dich auf den Weg machst?"
Ich sagte nein, aber bedankte mich trotzdem.
Ich stand auch auf und ging, da das Gespräch anscheinend beendet war.

Mit einem mulmigen Gefühl betrat ich mein Zimmer.
Mir blieben noch 25 Minuten und ich wusste, dass ich diese mit einem Gespräch zwischen mir und Dan verbringen würde.
Ich wusste nicht, ob ich noch sauer sein soll.
Ich konnte verstehen, dass er Angst gehabt hatte, aber das rechtfertigte noch lange nicht die ganzen Beleidigungen. Wir hätten uns immerhin gemeinsam beistehen können.

Ich schmiss mich auf mein Bett und Dan setzte sich zaghaft neben mich.
Er leidet auch unter der ganzen Situation und ich habe ihn noch nie so gebrechlich gesehen. Ein falsches Wort und er würde anfangen Tränen zu vergießen.
Es tat ihm leid und anscheinend liebte er mich.

"Du kannst reden."murmelte ich ihm zu und er zuckte etwas zusammen.
"Hasst du mich?"fragte Dan und schaute mich an.

Hasste ich ihn?
Natürlich war ich sauer und auch enttäuscht, aber Hass?
Hass ist ein zu starkes Wort. Hass bleibt. Könnte ich Dan für immer hassen?
Nein.

"Eher das Gegenteil."entgegnete ich und meine Antwort verblüffte ihn.
"Bist du sauer?"fragte er und ich schnaufte. "Das ist doch offensichtlich, oder?"
Er nickte nur und schaute auf den grauen Spiegel.
"Ich kann die Zeit nicht mehr zurück drehen, aber du weißt nicht wie sehr ich es mir wünsche. Ehrliche Freunde, dich kennenlernen, dir zur Seite stehen. Oh gott, sogar dich zu küssen wann ich will.
Ich möchte einen Neuanfang, aber es geht nicht. Es geht nicht und ich kann nicht mehr."Dan stand auf, ging zum Spiegel und berührte ihn.

"Phil, bitte hilf mir. Tu mir einen Gefallen. Seh' es als letzten Wunsch."

Reflektionen/phanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt