fünfundvierzig

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~Virgilia~

Anastasia ließ uns in ihrem Gästezimmer übernachten. Ich hatte behauptet wir wären gewuadert und würden es vor Anbruch der Dunkelheit nicht zurück nach Livo schaffen. Anastasia wusste mit Sicherheit nichts und wenn doch, konnte sie es ganz gut überspielen.

"Ich werde mich rächen!", sagte Liviu und die Stille. Wir saßen nebeneinander auf dem einzigen Bett in diesem Zimmer und waren mit unseren Gedanken alleine.
Meine Beine zitterten, Liviu sprang auf und wiederholte sich.
"Vergiss nicht, wer du bist!", erwiderte ich mit erschöpfter Stimme.
"Du hast wohl vergessen, wer ich bin!" Seine Stimme war kalt und in seinem Blick lag nichts außer Leere.

Ich zuckte mit den Schultern, konnte mir doch egal sein, was mit diesen Verrätern passierte. Aber was war mit den Unschuldigen? Rache, das war wonach sich mein Herz sehnte. "Lass sie leiden!"
Als es dunkel war, verließ mich Liviu. Gleich würden viele Menschen sterben, aber Alessandro musste es auch.

Die ganze Nacht würde ich nun alleine sein. Ich blickte hinaus in die Nacht und stellte mir vor jeder Stern stünde für eine verstorbene Seele. Der hellste Stern war Alessandro.
"Ich habe mich nicht getraut, es dir zu sagen. Ich habe es mir nicht einmal getraut dir zu schreiben aber... ich liebe dich", sprach ich zu dem Stern und brauchte viel Kraft, um nicht wieder zu weinen. "Und dass du jetzt fort bist, ist nicht fair!"
Der Schein des Mondes verfing sich in meinem Haar, ich schloss müde meine Augen, aber nur für ein paar Sekunden...

Ich erwachte durch eine vertraute weibliche Stimme.
"Virgilia!" Anna rüttelte mich wach. "In ein paar Stunden geht die Sonne auf!"
Ich schlug meine Augen auf, war Liviu schon zurück?
"Wo ist er?", fragte ich Anna gehetzt.
"Liviu?", fragte Anna nach.
Wer sonst? Alessandro war doch nicht mehr da.
"Ist er zurück?" Ich rappelte mich auf und schaute aus dem Fenster, es war noch dunkel, aber die Sonne kündigte sich bereits an.
"Er war eben hier, ist aber wieder gegangen!", antwortete Anna und reichte mir eine Tasse Tee.
"Gegangen?" Ich ignorierte die Tasse Tee.
Anna nickte. "Ich soll dir was ausrichten!"
"Und was?", drängelte ich sie.
"Er sagte, dass es ihm leid täte, was er Tori und Benjamin angetan hatte und dass er jetzt für alles bezahlen würde." Anna hielt mir die Tasse noch dichter ans Gesicht, doch ich schlug sie ihr aus der Hand.
Bezahlen?

Anastasia hatte Sylvi angerufen, kurz nachdem die beiden bei ihr zu Hause aufgetaucht sind.
"Das ist nicht weiter schlimm", hatte Sylvi gesagt. "Liviu ist ein Racheengel, er wird das Dorf Livo auslöschen und dann wird er auf die Sonne warten. Er wird nicht ohne seinen Schöpfer leben können, so viel weiß ich. Pass nur auf, dass Virgilia ihn nicht versucht zu retten, das könnte sonst böse für sie enden!"

"Wo ist er jetzt?", schrie ich Anna lauter an als ich wollte.
"Ich... ich weiß es nicht. Er meinte noch, er will endlich die Sonne aufgehen sehen!", stotterte Anna und wich mir ein paar Schritte aus.

Endlich die Sonne sehen?
"Hat er noch etwas gesagt?"
"Nein!"
Ich musste nachdenken und da erinnerte ich mich an das Bild der untergehenden Sonne, welches ich für ihn gemalt hatte. Da musste er sein, aber das war so weit weg. Ich würde es niemals bis Sonnenaufgang dorthin schaffen. Aber versuchen musste ich es, ich durfte nicht noch einen verlieren und schon gar nicht den einzigen, der mich unsterblich machen konnte.

Ich drängelte mich an Anna vorbei zur Tür und griff nach der kalten Klinke. Ich schwitzte vor Anspannung. Ich zog an der Tür, ich drückte an der Tür, aber sie ging nicht auf.

Sie war abgeschlossen.

Twixt beauty & darknessWhere stories live. Discover now