acht

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~Liviu~

Mein Schützling hatte sich beruhigt. Ich wusste, dass sie es niemals zulassen würde, dass ich ihrer Tochter etwas antat. Sylvi erinnerte mich oft an meine menschlichen Tage, nur waren die schon so lange her.
Mehr oder weniger mitfühlend setzte ich sie auf den Sessel vor den Kamin, in welchem nie Feuer brannte.
"Ich habe Hunger.", sagte ich schließlich und wollte gehen. Doch Sylvi griff nach meinem Arm.
"Hör auf wahrlos Menschen abzuschlachten!" Sylvis Stimme war stahlhart. "In Wintermoor lebt so viel Abschaum, vergehe dich nicht an den jungen Menschen."
"Du hättest nicht zurückkommen sollen.", sagte ich bloß, meinen Arm aus ihrem Griff reißend.

Es war der Geruch von menschlichem Blut, welches mir in die Nase stieg. Ich erkannte den Geruch. Sylvi ebenfalls. Sofort stand sie vor mir. Schwach war sie nicht, nicht wenn es um ihre Tochter ging.
"Sie ist nicht bereit für die Schattenwelt! " Ihre Stimme klang bedrohlich. Ihre Augen funkelten.
"Und warum kommt sie dann immer zurück?", fragte ich amüsiert und stieß sie zur Seite. "Verschwinde von hier, wenn du willst, dass sie nicht von deinem Dasein erfahren soll!"

Der Wald rauschte an mir vorbei, als ich mich auf die Suche nach dem Mädchen machte. Sie war schnell gefunden, weinend stand sie da. Armes Ding, ja, und schön war sie auch, sie erinnerte mich an jemanden, den ich einmal kannte.

Sie hörte mich nicht kommen. Sie hatte keine Chance mich zu sehen. Ich stand hinter ihr, so nahe, dass sie meinen Atem in ihrem Nacken spüren konnte. Ich hörte, wie sie ihre Luft anhuelt. Sie hatte Todesangst. Ich konnte es spüren, das konnte ich schon immer. Ich liebte es die Macht zu haben, die Macht über Leben.

"Wirst du mich töten?", fragte sie mit zitternder Stimme. Ich fand es aber schon mutig von ihr, überhaupt zu reden. Ich war der Böse, ich hatte ihre Freunde getötet. Wie kam sie auf den Gedanken, dass ich sie nicht töten werde?
Alles in mir lechzte nach ihrem Blut, ich könnte einfach von ihr trinken. Aber das würde mir Sylvi niemals verzeihen. Und aus irgendeinem Grund war sie mir wichtig.

Meine Fangzähne schossen heraus, ich setzte sie an ihren Nacken, doch ich konnte nicht. Auch wenn jede kleinste Faser meines Körpers verlangte sie auszutrinken, musste ich wiederstehen. Es war eine Qual für mich sie nicht töten zu können.

"Du bist viel zu besonders für den Tod.", antwortete ich ihr und zog meine Fangzähne ein.

Ich fasste sie an den Schultern. Einen Menschen zu berühren, ohne ihn zu töten, war eigenartig. Ich spürte ihr Wärme und wie sie wich. Meinetwegen. Ich grinste.
"Geh nach Hause und verabschiede dich von deinem Vater, wir haben eine lange Reise vor uns."

Mit diesen Worten verschwand ich zwischen den Bäumen. Ich verschwand im Schatten. Da, wo ich hingehörte.

Twixt beauty & darknessWhere stories live. Discover now