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~Virgilia~

Sie hatten mich erhört. Sie alle hatten mir zugehört und sie fanden meine Idee grandios. Wenn es den Wald nicht mehr gab, dann gab es das Böse darin auch nicht mehr. 

"Es ist gefährlich, was, wenn wir den Brand nicht kontrollieren können?", hatte Liz eingewendet, "unser ganzes Dorf könnte dadurch dem Erdboden glatt gemachtw werden. 

Doch ihr Mann hatte diesen Einwand einfach überhört. "Morgen treffen wir uns noch einmal für genaueres. Ohne Kinder" 

Er hatte mich dabei angeguckt, aber ich habe weggeschaut. Ich mochte seinen Blick nicht, in seinen Augen loderte, so glaubte ich, immer etwas Aggresives. Ich hatte Angst vor ihm, schon immer, aber Liz, die mochte ich. Wenn sie hier war, war ich auch gerne bei Benjamin zu Besuch, aber wenn sein Vater gerade nicht arbeitete und zu Hause war, trafen wir uns bei mir oder bei Tori.  Aber es war auch etwas Entschlossenes in seinen Blicken, also war ich sicher, dass sie meinen Plan in die Tat umsetzen würden. Und dann war ich sicher vor der Kreatur. 

Bevor wir uns auf den Heimweg gemacht hatten, hatte mich Liz noch mal zur Seite genommen, um mit mir zu sprechen. Ihre dürre Hand, hatte sich um mein Handgelenk gelegt und mich in die Küche gezogen. Ihre kugelrunden Augen lagen in tiefen Höhlen und manchmal hatte ich die Befürchtung, dass sie herausfallen könnten. 

"Du warst mit ihnen im Wald. Was ist passiert, Virgilia, wie ist mein Sohn gestrorben?"

Ich schluckte, was mir schwerfiel, als stecke ein Dorn in meiner Kehle. Die Wahrheit war, ich wusste nicht was mit Benjamin geschehen war, ich konnte es mir bloß vorstellen, mehr nicht.  Er wurde genauso getötet wie Tori. Ihre Schreie. Der Schmerz. Ich konnte ihr da nicht mitteilen, das würde diese zarte Frau nicht aushalten. 

"Es ging alles so schnell. Er hat es..." Ich atmete tief ein und aus, "nicht einmal gespürt"

Ihre strichförmigen Lippen pressten aufeinander.  Sie zitterten. "Und wie? Was hat ihn umgebracht?"

Ich konnte nicht. Ich konnte nicht mehr antworten, ich drehte mich einfach um und habe mit meinem Vater und Agatha das Haus verlassen. Ich habe mich nicht einmal mehr umgedreht. Ich konnte mir allzugut vorstellen wie sich Liz fühlte, ich habe es bei meinem Vater gesehen, der Schmerz, jeden verdammten Tag. 

Mein  Vater saß auf seinem Sessel und starrte mich an. Sein Blick war so leer, dass ich mich darin verloren fühlte. Ich wusste, dass er litt, ich litt ebenfalss. Aber ich wollte mit ihm gemeinsam leiden. 

"Es ist so still hier", wisperte ich der Gestalt zu

Er antwortete nicht. 

"Mama wird wiederkommen. Ganz bestimmt", versuchte ich ihn zu überzeugen, ich glaubte nicht daran, dass sie in den Wald gegangen war. Niemals. 

"Sie ist tot. Der Wald hat sich sie geholt", antwortete er. 

"Wälder können sich niemanden holen, das sind nur Bäume, die nebeneinanderstehen. Mehr nicht!" Ich wurde wütend. 

"Halt doch deinen Mund und geh! Geh weg von mir, ich will dich nicht sehen!" Das hatte mein Vater zu mir gesagt. Ich bin gegangen, von da an stand eine Mauer zwischen uns. 

Ich habe es nie vergessen, ich habe es ihm nie verziehen. Ich wusste, dass ich ihn jeden Tag an Mama erinnerte. Agatha nicht, Agatha erinnerte ihn an niemanden. 

Ich ging wortlos in mein Zimmer. Ich wollte nicht mit den beiden sprechen, ich wollte auch ihre Blicke nicht sehen. Ich war in meinem Zimmer und da fühlte ich mich wohl. Als es dunkle wurde und ich meinem Vater gute Nacht sagte, hatte ich das erste Mal keine Angst mehr ins Bett zu gehen. Bald würde ich nie wieder Angst haben brauchen. 

Eine kalte Hand riss mich aus meinem traumlosen Schlaf. Ich schnappte nach Luft, sie war kalt. Meine Blicke wanderten zu meinem Handgelenk, eine Hand umschloss sie. Ich sah auf. Mein Herz, ich hatte das Gefühl, dass es zu schlagen aufhörte. Sein Gesicht war so weiß, seine Augen so silbern. 

"Schreist du, stirbst du. Schweigst du, dann nicht", raunte er mir zu. 

Mein Körper zitterte vor Kälte, ich meine Zähne begannen zu schlottern. Ich hatte seine Zähne gesehen, seine Eckzähne, sie waren so spitz. Ich versuchte mich aus seinen Fängen zu befreien, doch seine Hand bewegte sich keinen Millimeter. 

"Was willst du von mir?", fauchte ich ihn an. 

"Dein Blut", antwortete er. 

Ich schrie leise auf, sofort schnellte seine Hand auf meinen Mund. 

"Ich hoffe du hast dich verabschiedet", sagte er und Wut schwang in seiner Stimme mit. 

"Ich geh nicht!" Ich brauchte eine Zeit um zu verstehen, dass dieser Mann, so jung und hübsch, derjenige war, der mir im Wald aufgelauert hatte. Ich hatte nicht geglaubt, dass es ein Mensch war. 

Er stöhnte. "Ich habe keine Lust auf dieses Auffentheater." Mit diesen Worten zog er mich unter der Bettdecke hervor und schwang mich über seine Schulter. Erschrocken hielt ich den Atem an. Ich begann zu schreien, doch der Schrei ging in einem lauten Rauschen unter. Die Welt raste an mir vorbei, ich bekam keine Luft mehr. Was war geschehen? Was passierte gerade? Aber bevor ich auf einen der Fragen eine Antwort fand, wurde es um mich herum schwarz. 







Twixt beauty & darknessWhere stories live. Discover now