1. Im Jetzt

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Vorsichtig blinzelte ich mit den Augen. Ich wachte auf. Ich hörte ein sanftes Lied erklingen, gefolgt von einen virtuellen Sonnenaufgang. Es kam von meinen IBook an meiner Wand.

Langsam setzte ich mich auf, rieb mir die Augen und streckte mich ausgiebig. Ein neuer Tag begann, auch wenn er immer gleich anfing. Er endete auch immer gleich. Eigentlich lief der Tag immer ähnlich ab. Doch ich stand trotzdem auf. Ich musste wohl.

Ich deaktivierte meinen Wecker vom IBook und ging ins Badezimmer, das an meinen Raum angrenzte. Dort putzte ich mir die Zähne, wurde gewaschen und geföhnt und auch angezogen.

Meine Kleidung tippte ich am Abend zuvor ein. Doch wie jeden Morgen in der Schulzeit, stand auch heute wieder nur meine gewöhnliche Uniform zur Auswahl. Nur am Wochenende durften wir tragen was uns gefiel.

Es war recht nervig, doch man gewöhnte sich mit der Zeit dran. Ich kannte es aber auch nicht anders. Es war halt normal für mich.

Weiter gings in den Aufenthaltsraum unseres Abteils. Es beinhaltete eine Küche mit integrierten Esszimmer und einem Wohnraum für alle von uns. Also meine Mutter, meinen Vater und natürlich auch für Collin und mich.

Wie auch der Rest der Anlage, war auch dieser Raum in einem sterilen weiß gehalten. Der einzige Farbklecks in diesem Raum war das Bild von Großmutter, das über den Tisch hing.

,,Guten Morgen, Mia", begrüßte mich meine Mutter freudig.

,,Morgen", nuschelte ich noch etwas verschlafen und setzte mich zu den anderen an den Tisch.

Mit meinen Handgelenk fuhr ich über den Scanner und wählte mein Frühstück aus. Ein Müsli, ein Kakao und ein Ei.

Sofort wurde es, von mir auf unerklärliche Weise, hergebeemt. Natürlich erklärte man mir es bereits hundert Mal in der Schule, doch so richtig hatte ich es immer noch nicht verstanden.

,,Was hast du gleich für Unterricht?" Fragte mich mein kleiner Bruder ebenfalls gut gelaunt.

Ich aktivierte kurz meinen Stundenplan auf meiner Applewatch und antwortete dann: ,,Entwicklungskunde, dann Spanisch, Latein und Deutsch".

Er nickte mir einmal zu. ,,Meine erste Stunde ist auch Entwicklungskunde".
Wieder lächelte er mir entgegen.

Es war eigentlich klar, dass er auch dieses Fach hatte, denn da wurde ein das System praktisch in den Kopf eingehämmert. Außerdem hatten es alle Stufen. Man überprüfte die Loyalität, das wusste ich.

Aus diesem Grund musste man gut aufpassen, was man sagte. Auch Collin konnte ich nicht vorm System warnen, aus Angst das er was vor seinen Lehrern ausplauerte. Ich wollte ihn nicht in der Reparatur wiedersehen.

Ich könnte es nicht ertragen. Also schwieg ich.

Nachdem wir alle aufgegessen hatten, stand ich auf und ging mit Collin zusammen in die Schule.

Meine Eltern arbeiteten beide im Labor. Wie jeden Morgen verließen sie nach uns das Abteil.

Bevor ich zu meiner Stufe ging, verabschiedete ich noch Collin.
Ich kniete mich vor ihm hin und wünschte ihn einen schönen Tag.

,,Dir auch!" Er gab mir einen Kuss auf die Wange und ging dann weiter zu seinen Freunden.

Schweren Herzens schaute ich ihn noch nach.

Er war noch so klein, er hatte so viele Dinge noch gar nicht verstanden.
Aber er liebte es hier, sagte er mir oft.

Manchmal zweifelte ich an seinen Aussagen, denn es kam nicht selten vor, das er die Dinge aus der Schule einfach nachplapperte.

Und wenn er sagte, er liebte es hier, wurde ihn das vielleicht auch nur wieder eingeredet. Doch ich wusste es nicht mit letzter Gewissheit. Vielleicht mochte er es wirklich hier. Schließlich war es noch so klein und unschuldig.

Er hatte ja alles. Ein Zuhause, eine Familie, Freunde, ein gesichertes Leben.
Er hatte alles, er konnte gar nicht unglücklich sein, doch wieso war ich es dann?
Ich hatte ja auch alles was man sich nur wünschen konnte.
Was also stimmte nicht mit mir?

Wieso konnte ich nicht einfach damit zufrieden sein was ich hatte, was sie mir alles ermöglichten?! Wieso?

Das SYSTEMWhere stories live. Discover now