„Könnt ihr bitte einfach losfahren? Danke. Und am besten zu mir nach Hause, vielen Dank." Ich setzte mich von Taehyungs Schoß herunter und schnallte mich an, während ich mit meinem hochroten Gesicht aus dem Fenster auf die Straße starrte.

Oh verdammt, das war unangenehm. Das war mehr als nur unangenehm. Das war so unangenehm, dass ich mir am liebsten ein Grab schaufeln wollte. Nein, besser noch, ich sollte meine Beerdigung direkt jetzt ansetzen. Scheiße, Scheiße, Scheiße.

Aus meinen wirren Gedanken wurde ich plötzlich gerissen, als Taehyungs Handy klingelte. Er nahm sofort ab.

„Yoongi-hyung, was gibt's?" Mein Herz blieb plötzlich stehen. Yoongi. Dieser Name... mein damaliger Hyung, der mir heute immer noch klarmachte, dass ich niemals bereit sein würde, wieder Musik zu machen oder mit jemandem wie Taehyung zusammen zu sein. Seine Worte saßen tief in mir. Sie hatten sich eingebrannt.

„Jungkook! Jungkook?" Taehyung riss mich aus meinen Gedanken.

Ich blickte zu ihm herüber. „Wir müssen leider ins Entertainment. Ich habe aber Hyung gefragt, ob du mit darfst, und er meinte, natürlich ja."

Ich verkrampfte mich. Wollte ich wirklich mit? Wollte ich wirklich an den Ort zurück, an dem Yoongi und ich uns so heftig gestritten hatten? Wollte ich wirklich dort hin, wo er mir klargemacht hatte, dass das alles nicht meine Welt war?

„Ich weiß nicht so recht, Hyung. Vielleicht ist es besser, wenn ich nach Hause gehe. Ich meine..."

„Ach komm, Jungkook, bitte." Taehyung sah mich flehend an. „Es wird nicht lange dauern, es ist nur eine Besprechung, und danach fahren wir direkt zu mir nach Hause, okay?"

„Na gut", gab ich mich eher unwillig geschlagen. Aber aus Liebe zu ihm konnte ich nicht Nein sagen. Bevor ich es wusste, waren wir auch schon am Entertainment angekommen. Wir stiegen alle aus und nahmen den Aufzug nach oben. Als die Türen sich öffneten, stiegen wir aus, und Namjoon öffnete sofort die Tür zum Besprechungsraum.

Ich fühlte mich wie ein Außenseiter. Ich wollte keinen der Drei ansehen. Ehrlich gesagt konnte ich einfach nicht.

Nicht nach Jimins Worten. Nicht nach Jimins Schlägen. Nicht nach Yoongis harten Worten. Nein.

Ich saß still da, umgeben von einer negativen Energie, die mich erdrückte. Ich merkte nicht einmal, dass Taehyung meine Hand ergriff und über diese strich, um mich zu sich zu holen. Aber auch er musste schnell feststellen, dass es nicht funktionierte, wie er es sich erhofft hatte.

„Ich würde gerne mit Jungkook allein reden, wäre das möglich?", fragte Yoongi.

Ich blickte zu ihm. „Klar", sagte ich, und sie verließen tatsächlich alle den Raum. Es war nur noch Yoongi und ich. Dann hörte ich Schritte, die nur von ihm kommen konnten. Er nahm Platz, wo Namjoon eben noch gesessen hatte und blickte regungslos in mein Gesicht.

„Es tut mir leid, Jungkook. Wollen wir uns nicht vertragen und Frieden schließen?"

„Frieden?", wiederholte ich belustigt, mehr als beabsichtigt. „Du willst Frieden mit mir schließen, als hätten wir einen Krieg geführt? Dabei war diese Diskussion mehr als einseitig. Angefangen bei meinem kindlichen Verhalten, aufgehört bei meinem Schweigen und dem Gefühl, einfach nichts richtig zu machen."

„Du willst dich entschuldigen?", fragte ich scharf. „Bitte tu es. Ein einfaches ‚Es tut mir leid' wird nicht reichen. Deine Worte waren zu hart, zu scharf, und vor allem: persönlich. Du hast mich beleidigt, du hast mich als etwas angesehen, das in deinen Augen keinen Respekt verdient."

„Du willst, dass ich dir verzeihe? Gib mir Gründe dafür. Denn ich bin kein kleines Kind, das du einfach manipulieren kannst. Ich bin nicht der Junge, den du vor deinen Augen siehst." Ich konnte den Zorn in meiner Stimme kaum zügeln.

„Ja, ich habe Probleme. Wer hat die bitte nicht? Huh? Muss ich dich daran erinnern? An Jimin? An Taehyung? An Namjoon? An Jin? Hobi? Jeder von uns hat mit seinen eigenen Dingen zu kämpfen, im Laufe des Lebens, im Laufe unserer Zeit. Und das macht uns zu dem, was wir sind. Den einen positiver, den anderen eben negativer. Das sehen wir ja, oder?"

Ich atmete tief ein, bevor ich weitersprach: „Und weißt du noch etwas? Ich werde eben nicht immer der Brave sein. Ich werde auch mal kindisch reagieren, na und? Das ist mein Leben. Und weißt du was, ich weiß nicht immer, wie ich dem Mann, den ich liebe, sagen soll, dass ich ihn liebe. Aber das ist mein Weg. Das Leben ist kein einfacher Plan. Und du hast mir das alles nicht erlaubt, du hast mich von vornherein abgewiesen."

Ich holte tief Luft und warf ihm einen letzten wütenden Blick zu. „Mit einem ‚Es tut mir leid' ist das hier nicht getan. Du hast mir so viel angetan, mit deinen harten Worten und deinen Anschuldigungen. Du hast mich behandelt, als wäre ich nichts. Du hast mir nicht zugehört, du hast mich einfach weggeschickt, als wäre ich nichts. Und dann fragst du, warum ich gehe. Warum ich meinen eigenen Weg gehe."

Ich stand auf, schrie ihm entgegen: „Ich bin schon lange kein Kind mehr. Ich habe so viel über mich ergehen lassen, was keiner von euch weiß. Und ich werde es nicht noch einmal zulassen, dass ihr mir das antut!"

Ich stürmte aus dem Raum, riss die Tür auf und ging hinaus. Meine Jacke zog ich mir an.

„Ich möchte jetzt allein sein. Wir sehen uns später oder ich melde mich, Hyung." Ich drückte den Knopf für den Aufzug und fuhr nach unten. Als ich draußen war, zündete ich mir eine Kippe an, atmete den Rauch tief ein und lief nach Hause.

A Song Without a Name -TAEKOOKWhere stories live. Discover now