Luft. Ich brauche Luft.
Ich schaff das, ich werde es hinkriegen. Es ist nur eine Panikattacke, nur eine Panikattacke, das wird wieder. Ich zwang mich, mit verschwommener Sicht in mein Bett zu fallen und bemerkte einen kleinen Zettel. Hastig, atmend, riss ich ihn ab und las ihn durch.
„Hey Jungkookie, danke für die Sachen. Könntest du meine vielleicht waschen? Danke dir."
Ich zog Taehyungs Klamotten förmlich an mich, klammerte mich an ihnen fest und nahm nur noch seinen Duft war, als alles um mich herum verstummte.
Er liebte mich.
Er liebte mich noch immer. Und ich, ich liebte ihn auch. Aber würde es jemals funktionieren? Ist ihm überhaupt bewusst, dass er mir dieses Geständnis gemacht hat? Ist ihm bewusst, wie sehr es mir schmerzt, nicht diese Art von Nähe mit ihm zu haben, zu teilen, zu spüren, zu bekommen?
Ich drückte sein Hemd an meine Brust und zog den Duft immer wieder ein.
Ich spürte eine Hand an meinem Kopf. Ich drehte meinen Kopf, wischte mir die Tränen weg und sah meine Managerin, Soyeon.
„Jungkook... Hey, Namjoon hat nach dir gefragt. Er möchte dir zuhören."
„Nein, keiner soll mir zuhören. Keiner soll herkommen. Alle sollen mich in Ruhe lassen. Ich möchte einfach nur allein sein und weinen, bis selbst die Gläser gefüllt sind mit meinen Tränen", schluchzte ich bitterlich. „Ich habe alles versaut... Soyeon, Taehyung hat mir seine Liebe gestanden, und ich weiß einfach nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich fühle mich so schrecklich."
Meine Worte stauten sich in meinem Hals, als ich fortfuhr: „Mein damaliger Freund, mein Hyung, hat mir gesagt, ich sei nicht für die Musik gemacht. Stellt mich als den Bösen dar. Und Jimin... Jimin schreit mich an. Er hasst mich und sagt, ich sei undankbar. Warum? Weil ich mich nie gemeldet habe? Weil ich wusste, dass es so kommen würde?"
Ich schluchzte erneut, verzweifelt. „Sie haben nie gewusst, wie ich mich fühle, wie ich mit diesem Druck, diesem Schmerz, diesem ganzen Scheiß umgehe. Ich war allein, als ich am Boden war, weil ich niemanden belasten wollte. Nur deine Mutter war da. Sie war immer bei mir. Sie hat mich unterstützt, Tag für Tag. Aber ich war immer allein. Weil ich... immer im Fokus stand.
Du musst perfekt sein. Jeder muss dich lieben. Jeder muss sehen, dass du ein Star bist. Doch ich bin doch ein Mensch! Ich habe Gefühle. Ich habe Schmerz in mir getragen. Ich war fertig, Soyeon. Fertig von allem. Fertig davon, einen Mann zu lieben, den ich wegen meines Managements niemals haben dürfte."
Ich ballte die Fäuste, weinte noch lauter. „Ich war zerstört von dem Bild, das mir eingetrichtert wurde: ‚Du darfst keine Fehler machen, Jungkook. Du bist der beliebteste. Du bringst das meiste Geld. Du bist unglaublich gefragt. Du musst dich immer von deiner besten Seite zeigen.' Aber was wollen wir wirklich? Keine Skandale! Ich darf privat lieben, aber niemals öffentlich. Einen Mann? Das wäre eine Schande! Ich würde alles verlieren. Alles. Mein Image, meine Anfragen..."
Ich weinte bitterlich. „Ja, ich habe Geld. Ja, ich bin berühmt. Aber war ich glücklich? Nein. Niemals war ich glücklich. War ich glücklicher, als ich bei deiner Mutter gelebt habe? Ja. Aber trotzdem unglücklich. Ja. Und unendlich verliebt in meinen besten Freund, ja. Aber so konnte ich akzeptieren, dass wir nie zusammen sein könnten. Aber das hier... was heute passiert ist, hat mich zerstört."
„Das sieht aber niemand", flüsterte ich. „Niemand... wie damals schon."
Ich schnappte nach Luft, während ich die Stimme von Namjoon hörte, die mich sanft erreichte.
„Jungkook, was möchtest du wirklich? Sag es mir. Ich möchte es hören."
Ich schluchzte auf. „Ich möchte allein sein. Lasst mich alle in Ruhe!" schrie ich, doch seine Worte hielten mich fest.
„Nein, du willst nicht allein sein. Was möchtest du wirklich, Jungkook?"
„Ich möchte in Taehyungs Arme... und hören, dass wieder alles gut wird."
Ich spürte, wie Namjoon die Luft anhielt, als er meinen verletzten Blick sah. Er seufzte.
„Dann bringen wir dich jetzt genau dahin."
„Soll das auch mit...?"
„Nein", sagte ich schnell. „Sonst möchte Taehyung es noch wieder haben."
Namjoon lachte herzlich, während wir uns in Bewegung setzten.
„Dir ist doch bewusst, dass er es dir nicht wegnehmen würde, wenn du so an ihm hängst, oder? Dafür liebt er dich viel zu sehr."
Ich nickte kraftlos und ließ mich von Namjoon ins Auto setzen. Während wir fuhren, fühlte ich mich wie ein hoffnungsloses Kind, das einfach nur zu seiner Mutter wollte – mit dem Unterschied, dass ich in die Arme des Mannes wollte, der meine Seele beruhigte.
Es verging nicht viel Zeit, bis wir ankamen. Namjoon öffnete die Tür, und ich stieg hastig aus. Der Regen prasselte auf mich nieder, als ich noch immer an Ort und Stelle stehen blieb.
„Jungkook, du wirst noch nasser. Komm, lass uns gehen", sagte Namjoon.
Ich schluckte und lief zu ihm. Der Geruch von Taehyung, den ich nun immer in der Luft roch, ließ mich für einen Moment alles um mich herum vergessen. Als wir das Gebäude betraten, öffnete Namjoon mir die Tür.
„Er wollte unbedingt zu dir. Ich konnte das nicht mit ansehen und musste ihn zu dir bringen."
„Er wollte zu mir?", hauchte Taehyung, und mein Herz machte einen Satz.
„Ja", antwortete Namjoon. „Er wollte zu dir und sich zuhause fühlen. Kannst du vielleicht jetzt gehen, Namjoon? Das soll nicht böse klingen."
Namjoon lachte herzlich. „Keine Sorge, ich lasse euch allein. Aber bitte nicht abhauen, okay?"
„Ganz bestimmt nicht", flüsterte ich. „Ich bleibe hier. Versprochen."
Namjoon verschwand, und ich stand nun mit Taehyung allein da. In seinen Augen lag ein Ausdruck, den ich kaum lesen konnte, aber ich wusste, dass er sich um mich sorgte.
„Dann wollen wir dich erstmal umziehen und dann ins Bett gehen. Viel kuscheln und du erzählst mir, was dir auf dem Herzen liegt", sagte Taehyung, während er mich sanft anlächelte.
„Okay, Hyung", murmelte ich und folgte ihm in den riesigen Schrank. Ich zog mich sofort vor ihm um, nahm seine Hand und zog ihn mit mir ins Bett.
Ich schmiegte mich an ihn und spürte, wie all die Last von mir fiel. Zuhause, das war er. Das würde er immer sein.
„Wieso ist dein Auge blau, Jungkookie? Wer hat dich geschlagen? Sag es mir sofort."
Sein Ton war so ernst wie nie zuvor, aber ich wusste, dass ich ihm nicht alles erzählen konnte.
„Lass uns heute nicht darüber reden. Lass uns das hier einfach genießen, Hyung. Ich möchte dem Regen lauschen, deine Nähe spüren und nicht weiter nachdenken", flüsterte ich.
„Okay", sagte Taehyung. „Lass uns diesen Moment genießen, Jungkookie."
Er zog mich noch näher an sich und atmete tief durch, genauso wie ich. Ich wollte schlafen, aber in diesem Moment starrte ich einfach nur auf sein friedliches, ruhiges Gesicht und fühlte das Bedürfnis, ihm über die Stirn zu streichen, über seine Nase, bis hin zu seinen Lippen.
„Könnte ich doch nur denselben Mut wie du haben und dir sagen, was ich für dich fühle", flüsterte ich. Doch ich hatte so viel mehr Angst vor diesem Moment, als ich eigentlich sollte.
Ich lehnte mich weiter vor, schloss meine Augen und spürte, wie meine Lippen sich fast gegen seine bewegen wollten. Doch bevor ich es tat...
Klingelte das Handy.
Ich zuckte zusammen, atmete hektisch und sah Taehyung an.
„Dein... dein Handy klingelt, Hyung."
Er gähnte und drehte sich dann zum Handy. Kurz schielte er auf den Bildschirm und stellte es dann auf stumm. Dann zog er mich wieder an sich, legte seine Arme sanft um mich. „Es wird nicht nochmal klingeln. Ich hab's stumm gestellt. Gute Nacht, Kookie."
„Gute Nacht, Hyung", flüsterte ich und spürte wieder seinen gleichmäßigen Atem, der mich langsam beruhigte.
Hat er mitbekommen, wie ich ihn küssen wollte? Die Frage nagte an mir. Ich hoffte doch sehr, dass er es nicht bemerkt hatte.
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A Song Without a Name -TAEKOOK
FanfictionDie Bühne ist leer. Die Stimmen verstummt. BTS - ein Name aus der Vergangenheit. Bis eine Fernsehsendung die Frage stellt, die keiner mehr zu hoffen wagte: „Wo sind sie jetzt?" Ein Restaurant. Ein BL-Drama. Und irgendwo im Schatten: Jungkook - der s...
