„Können Sie bitte noch wohin fahren? Ich habe etwas vergessen", bat ich den Fahrer.
„Aber natürlich." Somit fuhr er an meinem Haus vorbei.

„Du solltest vielleicht mit ihnen reden." Soyeon sah mich durch den Rückspiegel an. „Dein Handy brummt jede zwei Sekunden. Sieh wenigstens mal nach, was da steht, Jungkook. Komm schon."

Ich seufzte gequält. Will ich das wirklich lesen? Nein. Muss ich es? Nein. Aber sollte ich? Vielleicht.
Mein Herz setzte für einen Moment aus, als ich den Namen auf dem Display sah. Taehyung ruft mich an. Nein, nein, nein. Ich kann nicht rangehen.

Soyeon sah mich an. Ich sah sie an.
„Du gehst ran. Und wenn er fies ist, legen wir auf und gehen nicht mehr ran."

Ich schluckte. Dann nahm ich ab.

„Hallo, Taehyung", sprach ich trocken.

„Jungkook! Endlich kann ich dich erreichen! Ich... verdammt, was ich im Aufzug gesagt habe, tut mir unfassbar leid. Ich war nur so hin- und hergerissen von deinen Sätzen, dass ich— ach, vergiss das. Es tut mir wirklich leid.
Was ist passiert, dass du unserem Comeback plötzlich nicht mehr zugesagt hast? Wir haben nichts verstanden! Was ist passiert, dass du nicht mehr zurückgekommen bist und plötzlich dein eigenes Projekt gestartet hast? Und sogar bei einem anderen Management bist?"

Ich atmete tief durch, zwang meine Stimme zur Ruhe. „Ich möchte meinen eigenen Weg gehen, Hyung."

„Was?"

„BTS ist in meinem Herzen, und da wird es immer bleiben. Aber jetzt ist BTS nur noch eine Erinnerung für mich. Ich möchte ich selbst sein. Ich möchte meinen Weg gehen. Ich möchte anderen zeigen, dass ich mehr bin als nur Jungkook."

Ich spürte, wie mein Hals sich zuschnürte. „Es tut mir leid, falls es dich enttäuscht hat, dass ich nicht mitmache. Aber ich denke... ich bin auch nicht mehr willkommen in eurem Team, Hyung."

„Was sagst du da, Jungkook? Das stimmt doch überhaupt nicht! Ist es, weil ich gemein zu dir war? Ich sagte doch—"

Dann hörte ich es. Ein tiefes, schmerzvolles Schluchzen.
Mein Herz zog sich zusammen. Ich verkrampfte mich. Er sollte nicht weinen. Niemals sollte er weinen.

„Ich sagte doch, dass es mir leid tut. Es tut mir so leid. Bitte komm zurück! Wenn es meinetwegen ist—"

„Tae, bitte weine nicht." Meine Stimme war kühl, gefasst.
„Besonders nicht wegen mir. Du hast recht. Das Einzige, was ich kann, ist schweigen. Nur bei dir kann ich mit Worten nicht umgehen. Aber heute... werde ich es versuchen.

Ich holte tief Luft. „Wein nicht deinen Fehlern hinterher, wenn du meintest, was du gesagt hast. Es ist nicht deinetwegen. Ich will einfach meinen Weg gehen und mich selbst finden. Ihr könnt da weitermachen, wo ihr aufgehört habt.
Vielleicht bin ich eines Tages bereit, dir zu erzählen, was passiert ist... aber jetzt ist dieser Punkt noch nicht erreicht. Pass auf dich auf. Wir hören uns, okay?"

Dann legte ich auf.

Soyeon sah mich an, ihre Augen voller Mitgefühl. Ich spürte, wie meine Kehle brannte.
„Lass uns nach Hause fahren."

Tatsächlich waren sie weg, als wir ankamen. Doch als ich die Tür öffnete, blieb mir der Atem stocken.

Taehyung saß auf dem Sofa. Sein Gesicht war von dicken, roten, geschwollenen Augen gezeichnet. Er war eingeschlafen, aber sein Ausdruck war gequält.

„Der arme Junge." Soyeons Stimme war sanft. „Jungkook... er hat die ganze Zeit verzweifelt geklingelt. Ich konnte nicht anders und habe ihn reingeholt. Er saß ganz allein da. Es hat mir im Herzen wehgetan. Irgendwie... wie du. Ganz wie du."

Ich schluckte schwer.

„Ich und Soyeon gehen besser. Lass dir Zeit. Und vor allem – lass ihn schlafen."

Ich nickte kaum merklich, bevor ich mich ins Bad zurückzog. Die heiße Dusche brachte keine Erleichterung, aber wenigstens wusch sie den Tag von mir ab.

Als ich schließlich ins Zimmer trat, trafen mich zwei dunkle Augen.

Jungkook.

Tränen liefen über sein Gesicht.

„Verdammt..." Ich strich mir meine Haare nach hinten, kniete mich zu ihm. „Tae. Hey. Ganz langsam, okay? Beruhige dich erstmal."

Sein Körper zitterte. Seine Hände krallten sich ins Laken.

„Es tut mir so leid..." Seine Stimme brach. „Ich war so fies, weil mir deine Sätze viel zu sehr gefallen haben. Mein Herz... es explodierte förmlich. Du hast vor den anderen so selbstbewusst davon geredet, dass ich deine Klamotten trage. Ich habe mich so gefreut – aber ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren soll. Also habe ich es runtergespielt.
Aber dann hast du es so schmerzhaft abgetan... dass ich so wütend auf mich selbst war. Weil ich mir wieder Hoffnung gemacht habe."

Ich starrte ihn an. Mein Herz raste.

„Jungkook... verlass mich nicht noch einmal. Aber bitte – mach mir nicht all diese Komplimente, wenn du sie nicht ernst meinst. Vor allem nicht so, wie ich fühle.
Es tut so unglaublich weh. Weißt du...?"

Er stockte. Sein Blick verschwamm.

„Du bist betrunken." Ich seufzte. „War ja klar."

Aber dann sagte er etwas, das mich vollkommen aus der Fassung brachte.

„Hey... sieh mich an. Bitte."

Ich hob den Blick.

„Ich liebe dich, Jungkook."

Mein Atem setzte aus.

„Schon so unfassbar lange. Und jeden Tag schmerzt es mehr, dass du nicht mir gehören kannst. Dass du meine Liebe... und meine Gefühle nie erwidern wirst."

Stille.

Ich schluckte schwer.

Ohne nachzudenken, hob ich ihn hoch und trug ihn ins Auto. Ich musste ihn nach Hause bringen. Ich war mir nicht bewusst, was dort noch alles auf mich wartete. Oder besser gesagt... wer.

A Song Without a Name -TAEKOOKDonde viven las historias. Descúbrelo ahora