Kapitel 10

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PoV Tim



Gefühlt war außer mir niemand mehr im Wohnheim. Tobi und Rafi waren am Meer, Stegi war mit Silja am Strand und ich saß alleine auf meinem Bett und starrte auf meine Füße. Ich wusste nicht mal wie lange die drei weg bleiben würden. Ich fuhr mir durch meine vom duschen noch nasse Haare und erhob mich vom Bett um meine Schuhe zu holen. Ich schloss die Tür hinter mir und verließ das Wohnheim. Nachdem ich mich auf die Wiese am See fallen gelassen hatte, kramte ich meine Kopfhörer aus der Tasche und begann Musik zu hören. Mit geschlossenen Augen sang ich leise mit, als ich merkte dass sich jemand neben mich setzte. Augenblicklich verstummte ich und öffnete etwas beschämt die Augen und sah kurz darauf in die Augen von einer grinsenden Chrissy. „Sehr schön, Tim" meinte sie schmunzelnd und ich sah peinlich berührt zu Boden. „Was machst du so alleine hier? Willst du alleine Sein oder wurdest du alleine gelassen?" fragte sie. Ich lachte kurz auf. „Ich wurde alleine gelassen, Stegi ist weg, Tobi ist weg, Rafi ist weg und keiner von denen hat mich mitgenommen. Ich weiß nicht mal, wann die wieder kommen." - „geht mir genauso" lachte Chrissy. „Meine Freunde sind alle für ein paar Wochen nach Hause gefahren." Ergänzte sie ihre Aussage. „Und du nicht? Wie kommts?" - „naja, du bist doch auch hier, oder? Ich hab zu meiner Familie kein besonders gutes Verhältnis, ich bleib lieber hier." Ich nickte, wollte nicht weiter nachfragen, sie wirkte nicht so, als wäre es ein Problem für sie hier zu bleiben oder dass sie ein schlechtes Verhältnis zu ihrer Familie hatte. „Warum bist du noch hier?" fragte sie mich nach einiger Zeit zögerlich. „Ich will nicht nach Hause, ich glaube momentan komm ich hier besser klar als dort. Um ehrlich zu sein möchte ich aber gerade nicht darüber reden, wenn das in Ordnung ist." - „na klar, kein Problem. Wo ist Stegi eigentlich hin, der war doch gestern noch da oder?" - „ja, seine..." Ich kam ins Stocken. War Silja seine Freundin? Das hätte er mir doch erzählt. Vielleicht wusste er bis jetzt selbst nicht, was sie für ihn war. „Seine was?" riss Chrissy mich aus meinen Überlegungen. „Er ist mit Silja zum Strand gefahren, ich weiß nicht mal, ob sie seine Freundin ist. Sie hat ihn heute morgen abgeholt und dann sind die beiden los gefahren." Erzählte ich während ich einen Grashalm nach dem anderen abriss.

Wir lagen im Gras und sahen den Wolken dabei zu, wie sie vorbei zogen. Wir sprachen beide eine ganze Weile nicht, bis Chrissy das Wort erhob: „machst du dir manchmal auch so viele Gedanken darüber, was später kommt? Vielleicht in fünf Jahren, vielleicht in zehn Jahren. Was kommt, wenn diese ganzen Jahre vorbei sind, wenn wir vielleicht die Entscheidungen nicht mehr nur für uns treffen, sondern für unseren Partner, vielleicht unsere Kinder?" Geräuschvoll atmete ich aus, ehe ich dazu ansetzte ihr zu antworten: „ich weiß nicht, was in einigen Jahren sein wird. Ich hab allerdings auch aufgehört mich das zu fragen, als ich gemerkt habe, dass all meine Pläne bedeutungslos gegen das Schicksal, wenn du es so nennen magst, sind. Egal was ich mir vornehme, wenn irgendetwas an meinen Plänen was ändern möchte, dann kann das jeden Tag passieren. Deshalb will ich jeden Tag erleben, jeden Tag so intensiv wie möglich fühlen. Nicht daran denken, was morgen passiert, nicht daran denken, welche Fehler ich machen könnte. Ich will alles so machen, wie ich es in dem Moment für richtig halte, unabhängig davon was andere dazu sagen. Vielleicht mach ich dadurch mehr falsch, als jemand der jeden Schritt dreimal überdenkt, aber ich habe das Gefühl zu leben, mit jeder Faser meines Körpers." - „das hast du wahnsinnig gut gesagt, Tim. Aber glaubst du nicht, dass du mit dieser.. Ich will nicht Gleichgültigkeit sagen, das klingt so negativ.. Ich hoffe du verstehst, wie ich das meine.. Meinst du nicht, dass du mit dieser Art zu leben viele Menschen, die dir etwas bedeuten, verletzen kannst?" ich nickte „Doch, mit Sicherheit. Ich hoffe natürlich, dass ich Menschen, die ich liebe, damit nicht verletze, aber zurzeit muss ich daran denken, wie es mir geht. In erster Linie zumindest. Ich muss mich gut fühlen, um gut für andere zu sein. Wenn ich nicht mit mir im Reinen bin, kann ich auch mit niemand anderem gut zurecht kommen. Ich denke, Zufriedenheit mit sich selbst überträgt dich auf andere, weißt du?" - „ich denke, ich weiß was du meinst." Erwiderte sie.

Nach diesem Gespräch herrschte wieder Schweigen, allerdings ein angenehmes. Chrissy war ein Mensch, genau wie Stegi, mit dem man gut schweigen konnte.

PoV Stegi

Völlig erschöpft vom Zeltaufbau ließ ich mich auf den Boden fallen und Silja sank neben mir auf den Boden. „Jetzt haben wir mal nur Zeit für uns und es kann nicht ständig jemand stören." Flüsterte sie mir ins Ohr. „Wer hat dich denn gestört?" fragte ich daraufhin. „Naja, du bist ständig mit Tim unterwegs, wir haben kaum Zeit füreinander.." erwiderte sie. „Tim ist mein bester Freund, natürlich verbring ich viel Zeit mit ihm. Wir kennen uns doch auch kaum, Silja." Antwortete ich mit fester Stimme, als Zeichen, dass sie nicht schlecht über Tim reden sollte. „Aber wir können uns auch nicht kennen lernen, wenn wir keine Zeit miteinander verbringen. Es war doch echt schön zwischen und oder nicht?" Ich nickte schwach und sie lehnte ihren Kopf gegen meine Schulter. Ich legte einen Arm um sie und streichelte ihren vorsichtig.

Was machst du nur mit mir? | Stexpert FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt