Kapitel 43

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Der stumpfe Klang des Eisens, der gegen seinen Schädel knallte, hallte über den Schrottplatz. Meine Augen betrachteten das Blut, dass aus seinem Kopf ran und seine Schläfe hinunter lief. Ganz intuitiv hatte mein Körper reagiert. Äußerlich leer wie eine leblose Hülle. Zu mindestens hatte ich das Gefühl so auszusehen. Aber innerlich war ich gebrochen. 
KitKat.
Mochi.
Fuyu...
den ich nur geistesabwesend im Augenwinkel sehen konnte.
Was passierte hier eigentlich gerade? Warum musste es ausgerechnet Mikey sein? Warum konnte es nicht so kommen, wie ich es mir gewünscht hatte? Und wieso ist da dieser stechende Schmerz in meiner Brust?
Ich wollte doch nichts mehr, als KitKat zurück zu haben. Ihn wieder lachen zu sehen. Leuten Streiche zu spielen, genau wie wir es in der Anstalt getan hatten. Oder gemeinsam ein paar Stümper aufzumischen. Ich hatte doch schon genau vor Augen, wie gut er sich mit den anderen verstehen würde. Wie wir gemeinsam wieder anfangen richtig zu leben. Und jetzt ist er wieder bei mir. Glück durchströmt meinen Körper und doch... zerreißt es mich. Ich hatte die ganze Zeit den falschen Menschen vertraut. Habe mich manipulieren lassen. Dabei ist das alles nur eine Lüge. Wieder holte ich aus und schlug Mikey noch heftiger als zuvor. Und wieder tat es weh. Doch zugleich befriedigte es mich, ihn leiden zu sehen. Denn ich würde ihm niemals verzeihen. Er würde mir KitKat nicht weg nehmen. Nur über meine Leiche.
Und dann erhob sich Mikey. Trotz der Platzwunde am Kopf. Wieder wollte ich ausholen, doch aus irgendeinem Grund war die Stimme in meinem Kopf verstummt und ich hielt inne. Die die mich sonst immer weiter trieb. Warum war sie ausgerechnet jetzt still? Mein Arm schwer wie Blei, als ich in Mikeys Augen sah. In denen ich nicht nur seinen Dämon, sondern auch meinen sah. In seinen schwarzen Iriden spiegelten sich meine kalten grauen Augen wieder. Mein Gesicht bleich und ich konnte nichts menschliches mehr darin sehen. So als hätte man mir all meine Gefühle geraubt. Ohne mich weiter zu beachten, blickte Mikey einfach durch mich hindurch.
"Verrat mir eines, Kazutora." Immer noch konnte ich einfach nur in seine Iriden blicken. Doch das Gefühl von Geborgenheit blieb aus. Trotzdem konnte ich mich nicht bewegen.
"Bin ich... wirklich dein Feind?" 
"Ich musste deinetwegen so viel durchmachen. Ich musste deinetwegen in den Knast! Und du stellst mir so eine Frage?"
"Hä...Was faselst du da für ne Scheiße?" 
"Wie könntest du nicht mein Feind sein!? Das wäre doch die viel passendere Frage oder... Mikey!!! Und ich sag dir eines, die Menschen denken, wer Leute tötet ist ein Bösewicht. Aber weißt du, wenn man seine Feinde tötet, dann ist man ein verdammter HELD!"
KitKats Stimme brachte mich zurück in die Realität. Und ich musste an mein Versprechen denken.

Rückblick

"Sag mal wieso sitzt du eigentlich ein Kazutora?"
"Ich?"
"Ja. Du hast mir das nie erzählt."
"Oh stimmt. Ich rede nicht gern darüber, denn es ist alles seine Schuld."
"Mh? Wessen Schuld?"
"Ich hatte früher Freunde. Ich war in einer Gang. Sie waren meine Familie. Denn meine war... naja sagen wir so... meine Eltern waren zum kotzen. Die Jungs waren alles für mich. Vor allem unser Anführer. Ich hab zu ihm aufgesehen. Ihn bewundert. Also wollte ich ihm zum Geburtstag das beste Geschenk aller Zeiten machen. Ein Motorrad das ihm würdig war. Es war ein ganz besonderes Modell und ich hatte lange gesucht, bis ich einen Laden gefunden hatte, der eins verkaufte. Aber ich hätte es mir niemals leisten können. Trotzdem wollte ich das Glänzen in seinen Augen sehen, wenn er es bekommen würde. Also entschied ich mich es zu stehlen."
"Und dabei wurdest du erwischt?"
"Mh...fast."
"Das heißt?"
"Ich bin mit meinem besten Kumpel eingebrochen. Wir hatten es schon fast geschafft, das Bike hätte nur noch raus gerollt werden müssen. Ich bin vorgegangen, um zu schauen ob die Luft sauber ist, aber der Freund kam nicht hinterher, also bin ich wieder zurück. Und da stand plötzlich jemand vor ihm und hatte ein Werkzeug in der Hand. Wir wurden erwischt, aber ich wollte mir das Bike nicht nehmen lassen. Ich wollte mehr, als alles andere das beste Geschenk aller Zeiten für unseren Anführer haben. Denn er sagte mal zu mir 'Du gehörst mir. Wenn du also Probleme hast oder es dir schlecht geht. Dann ist das alles genauso mein Problem' Er reichte mir seine Hand und ich nahm sie. Deshalb stürmte ich ohne nachzudenken los. Holte aus und schlug dem Kerl den Bolzenschneider gegen den Schädel. Er fiel um und das Blut tränkte den Boden rot. Er starb... In dem Moment wurde alles wieder dunkel. Ich tat das doch alles nur für ihn... Immer... Ich hatte nur noch für ihn gelebt. Deshalb war es auch seine Schuld. Wenn er nicht gewesen wäre, dann hätte..."
Ich nahm Kazutora fest in den Arm.
"Er hat dich verraten?"
Er nickte nur.
"Du bist wegen ihm in den Knast gegangen?
Wieder ein nicken.
"Er hat nicht zu dir gestanden, obwohl er dein Retter war?"
Er schüttelte den Kopf.
"Seine eigene Familie zu hintergehen. Kazutora? Willst du Rache?"
"Ich will ihn umbringen."
Ich biss mir in den Finger, bis er blutete.
"Du wirst nie wieder jemanden umbringen. Lass mich dein Werkzeug sein. Ich schwöre dir, dass ich dich rächen werden und dich vor jeglichem Unheil bewahren werde." 
"Wirklich?"
"Natürlich. Schließlich bist du jetzt meine Familie."
Er tat es mir gleich und wir besiegelten mein Versprechen mit unserem Blut.

Rückblick Ende

Meine Arme waren wieder leicht. Und ich wusste wieder, was ich zu tun hatte. Wieder holte ich aus, aber Mikey blockte den Schlag ab. 
"Diese Sache geht dich nichts an!" schrie er mich an.
"Oh da liegst du falsch Mikey." gab Kazutora lachend zurück. Ich setzte erneut an, aber Mikey hatte trotz seiner Verletzungen noch genug Kraft, um mich zu parieren.
"Weißt du.... Yumi hat es mir geschworen."
"Was?" zischte Mikey ihn sauer an.
"Na das sie dich umbringen wird."
Und dann traf mein Schlag. Direkt in seine Seite und er schwankte kurz, fasste mit seinem Arm um seine Taille und verzog das Gesicht.
"Ist das wahr?" fragte er mich gequält.
"Ich werde dir niemals verzeihen, was du ihm angetan hast." gab ich nur kühl zurück und schaute ohne einen Hauch von Mitleid auf ihn herab! Doch dann hörte ich Bajis Stimme direkt hinter mir.
"Was Mikey ihm angetan hat? Was für eine Scheiße hast du ihr erzählt Kazutora?" und schon hatte er ihm einen Schlag verpasst. Meine Beine wollten zu ihm stürmen, doch plötzlich kam wie aus dem nichts ein Tritt. Mikey hatte sich wieder aufgerafft und stand mir wieder gegenüber.
"Die Wahrheit hab ich ihr erzählt du Verräter!" rief KitKat. Doch Bajis darauffolgende Worte trafen mich, mehr als Mikeys Tritt, der direkt in meinem Magen landete.
"Hat er dir auch gesagt, dass er Mikeys Bruder umgebracht hat!"
Nicht nur mein Magen verkrampfte von dem Tritt, sondern mein ganzer Körper. Ich sank auf die Knie. Die Übelkeit übermannte mich und mir fielen Mikeys Worte wieder ein. Was er über seinen Bruder gesagt hatte, was für einen traurigen Ausdruck er immer auf dem Gesicht hatte, wenn er von ihm sprach. Wie sehr es ihn innerlich kaputt gemacht haben musste, ihn zu verlieren. Genau das dachte ich immer. Und dann musste ich an den Abend auf dem Fest denken. Und unseren Kuss... Wieder traf mich etwas. Diesmal im Gesicht. Es war Mikeys Faust. Und gerade war ich dankbar dafür, dass er mich nicht verschonte. Was wog mehr auf? Der Verrat eines Freundes oder das man seinen Bruder umgebracht hatte? Wie sehr mussten beide gelitten haben? Kurz musste ich daran denken, wie mir es anstelle von Mikey ergangen wäre und ich wäre fast eingeknickt. Hätte fast mein Versprechen vergessen. Und was KitKat alles für mich getan hatte. Ich stand wieder auf. Und als wäre das alles nicht genug. Genug seelischer Schmerz. Das hin und her. Das Gefühlschaos. Nein.. Plötzlich sah ich nur noch Bajis Gesicht. Bleich. Und das Messer in seinem Bauch. Und KitKat... der wie erstarrt da stand. Ich rannte einfach. Rannte los. Hörte nicht auf Chifuyus Schreie. Auf das Wirrwarr um mich herum. Hörte nicht wie die Polizeisirenen immer näher kamen. Ich stieß KitKat zur Seite, legte meine Hand an das Messer und sah Baji in die Augen.

"Zieh es ja nicht raus. Sonst verblutest du." Flüsterte ich ihm ins Ohr. Nahm meine Hand dann weg und schnappte mir einfach nur Kitkats Arm. Ich zog ihn einfach nur hinter mir her.
Weg.
Weg von all dem...

Doch Mikeys Ausdruck würde mich verfolgen. Sein Blick... als er Baji sah und wie er mich danach angesehen hatte.

Das würde ich dir niemals verzeihen.
Genau das, sagten mir seine Augen.

Broken Souls/ Mikey x OCWhere stories live. Discover now