Kapitel 34

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Die Atmosphäre hier war immer noch genauso bedrückend wie damals. Langsam steuerte ich auf die Dame zu, die sich in einem kleinem Raum aufhielt. Dieser war mit Kugelsicherem Glas ausgestattet und sprechen musste man in einen Monitor, der sich davor befand.
"Nächster!" sagte sie monoton und ich trat an das Pult heran.
"Hi. Ich möchte gern einen Häftling besuchen."
"Ihr Name." sagte sie wieder ohne mich dabei anzusehen. Nachdem ich ihr alle Daten, sowohl von mir, als auch Kitkat genannt hatte, musste ich kurz warten.
"Der Häftling wurde bereits entlassen. Nächster!" rief sie wieder lautstark. Ein Mann schob mich zur Seite, als wäre ich eine lästige Fliege, wobei ich fast über meine eigenen Füße stolperte. Was hatte sie da eben gesagt? Das kann nicht sein! In mir brach eine Welt zusammen. Meine Gefühle fuhren Achterbahn und ohne zu überlegen, stieß ich den Mann weg und drängte mich wieder an den Bildschirm.
"Was soll das heißen entlassen? Das kann nicht sein. Er müsste noch etwa vier Monate sitzen!" Meine Stimme klang zittrig. Mein Puls raste so laut, dass ich mein Blut in den Ohren rauschen hören konnte.
"Ich sagte doch, er wurde entlassen und jetzt entfernen sie sich."
"Nein!" schrie ich voller Wut "Sie sagen mir jetzt gefälligst, wann genau er entlassen wurde und warum!" Genervt sah mich die Frau an. 
"Sie sind keine Familienangehörige, also muss ich ihnen gar nichts sagen und wenn sie sich nicht freiwillig entfernen, dann werde ich sie entfernen lassen."
Und schon kam einer der Sicherheitsleute auf mich zu gelaufen. Doch hier konnte ich meine Wut nicht raus lassen. Also stürmte ich zurück auf den Parkplatz, schwang mich auf mein Bike und gab Vollgas. Beim Anfahren drehte der hintere Reifen durch, etwas Qualm bildete sich und dann war ich weg. Die Tränen kullerten nur so meine Wange herab und befeuchteten meinen Helm.  Doch egal wie sehr ich dagegen ankämpfte, sie wollten nicht aufhören. In meinem Kopf stellte ich mir immer wieder die gleichen Fragen. Warum ist er nicht zu mir gekommen? Hatte er meine Notiz mit der Adresse verloren? Suchte er mich gerade vergebens? Oder hatte er mich schon vergessen? Genießt er seine Freiheit jetzt ohne mich und ist dabei glücklich? Oder aber er ist sauer auf mich. Bestraft mich, weil ich ihn nicht früher besucht hatte...
Meine Trauer machte mich nun wütend auf mich selbst. Ich gab mir die Schuld daran. Nein ich war mir sogar sicher, dass es meine Schuld war. Ich war zu sehr mit mir beschäftigt... mit all den Dingen die passiert sind.

Ich parkte mein Bike ab, marschierte in einen Laden, stellte dem Verkäufer eine Flasche Schnaps auf den Tresen und wartete darauf, dass er mich abkassierte. Alkohol würde meine Fehler zwar auch nicht wieder gut machen, aber ich wollte mich mit etwas betäuben, um den Schmerz los zu werden, der sich immer tiefer in mich hinein fraß. Mit einem fragwürdigem Blick schaute mich der ältere Mann hinter der Kasse an. Ich legte ihm, ohne etwas zu sagen, einen schönen Schein vor die Nase und betrachtete ihn, wie eine Made die ich gern töten würde. Er hob eine Augenbraue, als er sich den Schein ansah, nickte dann und wedelte mit der Hand. Lächerlich wie einfach es sein kann, an das zu kommen was man will, wenn man nur die Mittel dafür hat. Ich nahm einen tiefen Schluck der klaren Flüssigkeit. Das Brennen in meiner Kehle ließ mich etwas anderes spüren, als meinen Hass und meine Wut. Auf dem Weg zurück zu meinem Bike bemerkte ich zwei schmierige Kerle, die sich beim Anblick meines Babys fast vergaßen. Ohne sie zu beachten, schubste ich einen von beiden weg und schwang mich auf den Sitz. Gerade als ich den Helm aufsetzen und mit der Flasche in der Hand los fahren wollte, pöbelte mich dieser Abschaum an.
"Ey du kleine Göre. Was bildest du dir eigentlich ein!" schrie der eine. Während der andere mir lässig drohte, ihnen doch das Bike zu überlassen, dann würde mir auch nichts passieren. Die Ader an meiner Schläfe pulsierte. Meine Finger krallten sich noch fester um den Hals der Vodkaflasche und alles was ich hören konnte, war das ohrenbetäubende Rauschen meines Blutes durch meinen Körper. Ohne die beiden wirklich wahrzunehmen, stieg ich ab, holte aus und schon zerbrach das Glas an einem Kopf. Den Kerl den ich traf sackte vor mir zusammen und war nun genau da, wo er hin gehörte. Im Dreck. Der andere steuerte direkt auf mich zu, doch wie aus Reflex stach ich ihm den abgebrochenen Flaschenhals, den ich noch in der Hand hielt, direkt in seinen Oberschenkel. Seine Schreie klangen wie Musik in meinen Ohren. Ich drehte an dem Stück Glas und genoss es, wie es sich weiter in sein Fleisch bohrte. Dann verpasste ich ihm noch ein paar Schläge, doch ich bekam nicht wirklich mit was ich tat. Erst als ich fertig war, sah ich auf.
"Klasse. Der schöne Alkohol." gab ich genervt von mir.

Broken Souls/ Mikey x OCWhere stories live. Discover now