Kapitel 38

278 14 0
                                    

Als würden Mikey und ich das gleiche denken, ließen wir voneinander ab und rannten in Richtung der Stimme. Dabei ließen wir einfach alles auf dem Hügel liegen. 

Kaum hatten wir ein Stück des Weges zurück gelegt, trafen wir auf Fuyu. Sein Gesicht hatte jegliche Farbe verloren. Und in mir läuteten die Alarmglocken. Mikey packte ihn an den Schultern.
"Was ist los Chifuyu? Los spuck's aus!" 
"Wo zur Hölle wart ihr beiden??? Fuck eh... Irgend so ne neue Gang ist plötzlich aufgetaucht. Sie haben sich Draken und Emma geschnappt... aus einem Hinterhalt heraus. Ich weiß auch nichts genaues, weil ich direkt los bin um dich zu suchen, aber es sieht nicht gut aus Mikey... Draken.. er.."
Mir lief es eiskalt den Rücken herunter... und nicht nur meine grauen Augen verfinsterten sich bei Chifuyus Worten... Ein Blick zu Mikey reichte und ich wusste, dass in ihm ein Schalter umgelegt wurde. Denn diesen Ausdruck... den kannte ich nur zu gut. Ohne etwas zu sagen, stürmten wir los. In diesem Augenblick zählten nur die beiden. Und ich wusste, dass ich diesen Pennern die Seele aus dem Leib prügeln würde. Doch wie sich heraus stellte, sollte das nicht ganz so einfach werden, wie ich es mir vorgestellt hatte. Auf dem Parkplatz etwas abseits des Festes, trafen wir auf unsere Gegner. Mein Blick schweifte über die unzähligen Kerle. Grob geschätzt, mussten es an die achtzig Leute sein. Weiße Jacken mit einem schwarzen Engel und der Aufschrift 'Valhalla' zierten ihre Körper. Aber diese Tatsache war nebensächlich, denn Emmas Schrei ließ mich alles andere vergessen. Sie wurde von zwei schmierigen Kerlen festgehalten. Einer hatte ein Messer in der Hand und schnitt ihr Stück für Stück einen Teil ihres Kimonos ab... Die Angst stand ihr ins Gesicht geschrieben, Tränen liefen über ihre Wangen und man konnte schon einen Teil ihres Dekolletés sehen. Diese widerwärtigen Schweine... das würden sie bezahlen. Ich wollte gerade los stürmen, da trat Mikey einen Schritt vor mich. Seine Augen waren auf den Boden gerichtet und erst jetzt fiel mir das Blut auf... viel Blut. Und es war, als würde ich nicht ganz verstehen, was sich da gerade vor meinem Auge abspielte. Der Riese bewegte sich nicht mehr. Sein Körper wirkte leblos...kalt. Noch bevor ich die Situation voll verstehen konnte, traten zwei Gestalten hervor. 
"So sieht man sich also wieder." und sein hämisches Grinsen ließ meine Wut zu einem lodernden Feuer werden... Verständnislos blickten mich die anderen an. Mikey. Fuyu. Baji. Hakkai. Mitsuya. Sie alle verstanden nichts...genauso wenig wie ich und trotzdem konnte ich aus ihren Blicken lesen, dass sie eine Erklärung von mir verlangten. Doch ich hatte selbst keine.
"Was wollt ihr?" presste Mikey hervor, als er bemerkte, dass ich keinen Ton heraus bekam.
Neben dem Brillenhainityp von damals tauchte auch der Kerl mit dem Psycho Grinsen auf.
"Oh wir sind auf Anweisung unseres Bosses hier. Wir 'Valhalla' erklären euch den Krieg." provokant trat er den bewusstlosen Draken und zeigte dann auf ihn.
"Und das hier... das ist unser kleines Zeichen dafür, dass wir es ernst meinen." Er schob seine Brille nach oben, schaute mich kurz an und zwinkerte mir zu.
"Ihr Arschlöcher. Ich hätte euch damals schon kalt machen sollen." rief ich wütend, aber Mikey legte nur seine Hand auf meine Schulter und sprach dann zu mir "Das machen wir gemeinsam." erst danach richtete er sein Wort an die beiden. 
"Das werdet ihr bereuen."
"Ach ja?" lachte Brillenhaini. "Und jetzt? Wollt ihr uns mit... 5 Leuten und ..." sein Blick glitt über meinen Körper... "Einem süßen kleinen Mädchen in Kimono fertig machen? Das ich nicht lache." Wieder wollte ich etwas sagen, aber schon stand Fuyu neben mir, nickte mir zu und ich wusste, dass ich auf die anderen zählen konnte. Ich schnappte mir mein Messer, dass ich in meinem Schuh verstaut hatte, machte ein paar Schnitte und schon fiel der Stoff des Kimonos zu Boden. Jetzt war er nur noch so lang, dass er mir bis zur Mitte meiner Oberschenkel ging und die Arme hatte ich vollständig abgetrennt.
"Ich hab dir schon mal gesagt, dass du mich nicht so nennen sollst." und dann stürmten wir alle los. Ich wollte gerade den ersten Typen ausknocken, da prallte mein Schlag an einer Hand ab. 
"Endlich sehe ich dich wieder in Aktion." und sein Psychopatisches Grinsen wurde nur noch breiter.
"Ich hätte gut darauf verzichten können." gab ich zurück und wir lieferten uns einen heftigen Schlagabtausch.
"Aber ich hab dir doch versprochen, dass ich dich beim nächsten mal faszinieren werde." Und schon hatte ich seine Faust in der Magengrube. Der Größen und Kraftunterschied war enorm, aber das war mir egal. In meinem Kopf stellten sich all meine Gefühle ab.
'Er nimmt dich nicht ernst.' flüsterte die Stimme mir wieder zu. So lange war sie stumm geblieben, doch jetzt wurde sie immer lauter und lauter...
'Spürst du den Schmerz? Ist er nicht wunderschön? Gib dich ihm hin. Vergiss alles andere um dich herum. Alles was du willst, ist es doch... ihm diesen Schmerz zurück zu geben. Du willst, dass er dafür leidet. Qualvoll und Langsam... Du willst, dass sein Blut den Boden rot färbt. Das er um Gnade winselt. Du willst sehen, wie in den letzten Momenten seines Lebens, seine Augen seine Angst widerspiegeln. Also lös dich von all dem. Gib dich dem Verlangen hin...'

"Ja genau, diesen Blick wollte ich sehen." hungrig leckte er sich über seine Lippen. Ich antwortete gar nicht, sondern reagierte nur noch. Schneller als zuvor. Meine Sinne waren geschärft und ich landete mehrere Treffer, doch er schien es nur zu genießen. Ich wusste nicht mal, was um mich herum passierte. Bis ich Emmas Schrei wieder hörte. Wie benommen drehte ich mich um, es war nur kurz und doch wurde ich zu Boden gerissen. Seine Hand drückte meine Kehle... fester und immer fester. Er kam mir immer näher und sein Grinsen ekelte mich an. 
"Komm gib dir noch mehr Mühe. Ich will alles sehen." murmelte er mir in mein Ohr und sein Atem an meiner Haut zu spüren, ließ mich verkrampfen. 
"Hanma! Wenn du so weiter machst, dann bist du später deine Hand los." rief eine Stimme und kurz schien er abzuwägen, was er tun soll, bis er meinen Hals los ließ und aufstand.
"Schade. Dabei wurde es gerade erst richtig lustig."
"Was soll die Scheiße! Bring es wenigstens zu Ende du Feigling!" Doch er zuckte nur mit den Achseln.
"Dann wäre aber jemand wirklich böse auf mich und ich will doch ein so nettes Spielzeug nicht kaputt machen."
Ich wollte wieder auf ihn los stürmen, da wedelte er mit der Hand herum.
"Na na na... du solltest wohl besser deinen 'Freunden' helfen." und deutete in die Menge. Alle waren am Ende ihrer Kräfte, aber keiner gab auf, egal wie schlimm zugerichtet sie aussahen. 
"Fuck.." presste ich hervor, eilte zu Emma und schlug die Typen neben ihr weg.
"Jungs. Wir ziehen uns zurück." Ertönte es im Hintergrund und dann verpissten sich diese elenden Arschlöcher endlich. Emma stürmte zu Draken. Sie weinte bitterlich. Vorsichtig legte ich meine Hand an seinen Puls. Ich versuchte zu spüren, ob er noch lebte, aber Emma hörte nicht auf herum zu jammern. Ein lauter Knall ließ alle zusammen zucken und plötzlich wurde es still. Emma schaute mich entsetzt an, doch ich fuhr einfach fort. Legte mein Ohr auf seine Brust und hörte einen schwachen Herzschlag, doch er brauchte dringend Hilfe.
"Was soll die Scheiße Yumi? Wieso zur Hölle schlägst du Emma?" fuhr mich Baji an. Ich holte mein Messer raus. Machte meinen Kimono noch kürzer und verband die Wunden grob, sodass nicht noch mehr Blut heraus fließen konnte. Dabei sprach ich teilnahmslos "Sie sollte aufhören zu schreien. Und jetzt helft mir. Ich kann den Riesen hier nicht alleine schleppen, wenn er nicht in den nächsten zehn Minuten medizinische Versorgung bekommt, dann könnt ihr ihm schonmal ein Grabe schaufeln."
Fuyu fuhr mich sofort wütend an. "Was soll das? Emma macht sich auch nur Sorgen und.."
"Sie hat recht." sprach Mikey kühl. Trat neben mich und half mir Draken hoch zu heben. 
"Packt gefälligst mit an oder wollt ihr ihn hier sterben lassen?" 

Sofort wurde es leise, aber alle halfen mit, Draken ins nächste Krankenhaus zu transportieren. Ihm wurde sofort geholfen. Ich blieb mit den anderen im Wartezimmer sitzen, aber irgendwann hielt ich die Stille nicht mehr aus und ging einfach. Nicht einmal Chifuyus Rufe kamen bei mir an. Draußen sog ich einmal tief die Luft ein. Die Nacht war immer noch Sternen klar. Es war kalt geworden, aber das konnte ich nicht spüren. Meine Gedanken kreisten nur so umher.

Wie konnte es nur dazu kommen? War es meine Schuld? Wäre ich nur nicht mit Mikey weggegangen, dann hätten wir viel schneller reagieren können... Oder wäre es genauso ausgegangen? Weil ich immer noch zu schwach bin..? Weil ich die die mir am Herzen liegen nicht beschützen kann? Ist KitKat deshalb nicht zu mir zurück gekommen? Werde ich heute wieder einen Menschen verlieren, der mir nahe steht? 

Die Anwesenheit von jemandem brachte mich zurück in die Realität.
"Die Ärzte meinten, dass es sehr knapp war. Sie sagten, hätten wir ihm seine Wunden nicht so stramm abgebunden, dann wäre er wahrscheinlich an seinem Blutverlust gestorben."
Unglaubwürdig schaute ich in Mikeys schwarze Iriden.
"Danke." brachte er nur hervor.
"Wofür?" 
"Ohne dich wäre mein bester Freund heute von uns gegangen."
"Ohne mich wärt ihr gar nicht auf diesem Fest gewesen. Ohne mich wäre all das nicht passiert." gab ich kalt zurück.
"Es ist egal was hätte passieren können oder was nicht. Es zählt nur das, was du jetzt getan hast. Und ich will, dass du unserer Gang beitrittst. Ich will, dass du diese Arschlöcher mit uns zusammen erledigst. Seite an Seite. Als Team. Also tu mir den gefallen und sag einfach ja. Für Draken. Für Emma. Für...Mich."
Ohne groß zu überlegen nickte ich zustimmend. 
"Das werden sie bezahlen."
Wir blieben noch eine Weile schweigend sitzen, bevor wir uns gesammelt hatten und zu den anderen zurück gingen.

Broken Souls/ Mikey x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt