Epilog

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[Louis]

1 Jahr später

Ich sah aus dem Fenster und beobachtete die Schneeflocken, die dicht auf den Boden fielen und den Morgen in ein kühles Blau tauchten.
Es war der 24. Dezember und damit auch mein Geburtstag. Zum ersten Mal seit mehreren Jahren hatte ich das Gefühl, angekommen zu sein.
Vor etwa einem halben Jahr waren Harry und ich in eine größere Wohnung gezogen in einem Vorort von London, denn wir brauchten einfach mehr Platz. Die Wohnung war auch deutlich näher am Kinderheim, dennoch konnte ich die Uni noch sehr gut erreichen und auch Harry das Burgerrestaurant, bei dem er mittlerweile seit gut drei Monaten die Filialleitung übernommen hatte und somit der Chef war. 

Die Wohnung war im Erdgeschoss gelegen und verfügte über einen kleinen Garten, in dem eine Tanne stand, die ich mit Lichterketten versehen hatte. In dem trüben Licht sah ich sie leuchten, es war noch nicht ganz hell und ich lächelte selig. 
Harry schlief noch und ich bereitete das Frühstück vor. 
Als mein Handy klingelte, musste ich lächeln. Ich wusste, wer es war. Schnell griff ich es und nahm den Anruf an.
"Hallo, Mom." 
"Louis, mein Schatz! Alles Gute zum Geburtstag! Ich wünsche dir den schönste Tag überhaupt und dass du weiterhin so glücklich und gesund bleibst, mein Engel." Meine Mom war ganz aufgeregt und ich lächelte.
"Herzlichen Glückwunsch, Louuu!" trällerte auch meine Schwester Lottie in das Telefon, was mich leicht lassen ließ.
"Danke, ihr Beiden! Wann seid ihr morgen da?"
"Wir kommen gegen 12 Uhr an, Liebling. Ich freue mich so auf euch! Sag, wie geht es euch denn?" 
Ich lächelte sofort. "Uns geht es bestens, Mom." 
Und es war nicht gelogen. Im vergangenen Jahr war ich immer mehr aufgeblüht und sicherer geworden. Ich hatte die Trauerphase für meinen Dad mit Hilfe von Harry gut überstanden, ich liebte mein Studium und die Arbeit bei Charlotte im Kinderheim. 
Mittlerweile war ich für die Jugendlichen zuständig, die zu ihr kamen und meist mit Drogenproblemen zu kämpfen hatten. 
Ich hatte es mir auf die Fahne geschrieben, gerade diesen jungen Menschen zu helfen und sie dabei zu unterstützen, zurück auf die richtige Bahn zu finden. 

Von oben hörte ich Gepolter und musste schmunzeln. 
"Mom, ich muss jetzt auflegen. Jemand ist wach geworden." sagte ich und wir verabschiedeten uns. 

Kurz darauf rannten zwei kleine Mädchen in die Küche auf mich zu.
"Alles Gute zum Geburtstag!" riefen sie laut und fielen mir um den Hals. Lachend schloss ich Leslie und Lilly in die Arme.
"Danke, meine Süßen." Ich küsste beide auf den Kopf und drückte sie an mich. "Habt ihr Lust auf Kakao?" 
"Ja!" riefen sie beide begeistert und klatschten in die Hände. 
Grinsend bereitete ich die Tassen vor, als Lilly an meinem Shirt zupfte. Sofort sah ich runter zu ihr und sie hielt mir ein Blatt hin.
"Das ist für dich." Ich nahm es und faltete es auseinander.
Es war eine Zeichnung, darauf zu sehen waren Lilly und Leslie, außerdem noch Harry und ich. 
In krakeliger Schrift stand über meinem Kopf das Wort Daddy und über Harry's Kopf das Wort Papa. 
Mir wurde ganz warm ums Herz und ich sah zu ihr. 
"Hast du das selbst geschrieben?" 
Sie nickte. "Leslie und ich." 
"Da steht Daddy." sagte ich lächelnd. 
Wieder nickte sie und Leslie tauchte neben ihr auf. "Ihr seid doch unsere Daddy's. Das wollten wir schon lange sagen und dann dachten wir, dass das ein Geburtstagsgeschenk wäre." sagte Leslie mit fester Stimme und Lilly nickte enthusiastisch.
"Das ist das schönste Geschenk, was ich jemals bekommen habe." sagte ich gerührt und umarmte die zwei ganz fest. "Danke." flüsterte ich. 

"Was für ein Geschenk?"
Harry erschien in der Küche, kam auf uns zu und schloss mich fest in die Arme. 
"Alles Gute zum Geburtstag, Liebes meines Lebens." 
"Danke, Haz." sagte ich während ich mich an ihn kuschelte. 
"Das Geschenk da!" rief Leslie aus und zeigte auf das Bild. "Es ist eigentlich auch für dich." 

"Für mich? Ich hab doch gar nicht Geburtstag!" rief Harry gespielt dramatisch aus und die Kinder fingen an zu kichern. 
"Schau's dir an." forderte ich ihn lächelnd auf. 
Er folgte meiner Anweisung und schaute sich das Bild genau an. Als er realisierte, was es zeigte, sah er erst mich und dann die Kinder mit großen Augen an. 
Lilly kicherte. "Was ist los, Papa? Hast du einen Geist gesehen?" fragte sie. 
"Kommt sofort her." sagte er mit belegter Stimme und zog die Mädchen und mich in eine feste Gruppenumarmung. 

Ich musste mich wirklich zusammenreißen, die Tränen zu unterdrücken, was mir nicht gelang. Doch es waren Tränen vor Freude und Dankbarkeit. 
Nachdem im letzten Jahr das Event im Kinderheim zwar wirklich viele Spenden eingeholt hatte, waren die Adoptionsanfragen leider nicht mehr geworden. 
Im Januar hatten Harry und ich dann beschlossen, unseren Traum wahr werden zu lassen und Leslie und Lilly zu adoptieren. Wir stellten den Antrag und es brauchte fast ein halbes Jahr und eine neue Wohnung, bis man uns schließlich die Erlaubnis gab. 
Meine Mutter war damals sofort begeistert von der Idee und hatte uns geholfen. 
Der Tag, an dem wir die Mädchen zu uns holen konnten, würde nun in unserem Haus jährlich gefeiert werden, das hatten wir uns fest vorgenommen. Denn es fühlte sich an wie ein ganz neues Leben.
Alles, was ich mir immer erträumt hatte, war Realität geworden. 

"Ich liebe euch alle so sehr." erklang Harry's Stimme an meinem Ohr und die Mädchen mussten kichern. 
"Daddy, können wir jetzt den Kakao haben?" fragte mich Lilly leise. 
Ich schluckte und atmete tief durch, damit ich nicht wirklich noch anfing, zu weinen. "Aber sicher doch." antwortete ich und löste mich von ihnen, um den Kakao weiter vorzubereiten. 
Ich gab ihnen die Tassen in die Hand. "Vorsicht, heiß!" mahnte ich und sie nickten, nahmen die Tassen vorsichtig in die Hände und liefen langsam damit zum Tisch und setzten sich. 

Harry legte die Arme von hinten um mich und legte das Kinn auf meiner Schulter ab. "Ich hab auch was für dich." flüsterte er und öffnete seine Hand. Ich sah nach unten und zog erschrocken die Luft ein. "Harry!" hauchte ich.
In seiner Hand lag eine kleine, schwarze Schatulle.
"Ist...ich..." stammelte ich und Harry lachte leise, löste sich von mir. 
Ich drehte mich um, da kniete er schon vor mir mit der Ringschachtel, auf einem Knie und sah mit einem nervösen Lächeln und funkelnden Augen zu mir auf. 

"Lou, du bist für mich die wichtigste Person in meinem Leben. Ich liebe dich so sehr, dass ich es nicht in Worte fassen kann, so sehr ich es auch versuche. Deine Stärke, die Liebe die du mir und den Mädchen entgegenbringst, dein Lachen" Er stockte einen Moment und blinzelte. "Ich kann mir kein Leben ohne dich vorstellen, wir haben in kurzer Zeit so viel gemeinsam gemeistert und ich war mir in meinem ganzen Leben noch nie so sicher bei einer Sache. Also frage ich dich jetzt ganz offiziell, willst du mich heiraten?" 
Er öffnete die Box und zum Vorschein kam ein schlichter, goldener Ring mit einem einzelnen kleinen Stein in der Mitte. Dezent und unauffällig, ich liebte alles daran. 

Ich starrte ihn ungläubig an, dann brannten die Tränen in meinen Augen. Überschwänglich fiel ich ihm um den Hals, so dass er beinahe nach hinten fiel. Lachend nahm er mich in die Arme. 
"Ja" hauchte ich kaum hörbar, doch sein Griff um mich verstärkte sich, ich war mir sicher dass er es dennoch gehört hatte. 
"Oh mein Gott, ich bin so glücklich!" sagte er sogleich und ich küsste ihn sofort innig. 
Ich vertiefte den Kuss und er tat es mir gleich, löste sich nicht von mir. 

"Bäh!" unterbrach Lilly den Moment und wir lösten uns lachend voneinander und sahen sie an. Sie kicherte wieder und hielt sich die Hände vor dem Mund. "Das macht man doch nicht vor anderen, sagst du doch immer Papa." 
Harry lachte und nickte, sah dann zu mir. "Also ja?"
"Aber sowas von!" antwortete ich strahlend. Harry strich mir eine Freudenträne von der Wange und steckte mir den Ring an. 

"Für immer" sprach er, küsste mich zärtlich.
"Und ewig" fügte ich hinzu.

Dann lehnte ich mich an ihn und wir saßen noch immer auf dem Küchenboden. Hätte mir jemand vor einem Jahr gesagt, wo ich heute wäre, ich hätte der Person kein Wort geglaubt.
Doch es hatte sich alles zum Guten gewendet. 
Ich hatte gefunden, wonach ich mich immer gesehnt hatte. Glück und grenzenlose Liebe.


ENDE 

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