26.

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Ich presste meine Lippen auf Damians. Hoffentlich würde ihm das genug Zeichen sein, dass er auch in seinem lädierten Zustand verstand, dass er mitspielen sollte. Wenn er mich jetzt nochmal wegschubsen würde, dann wäre die Tarnung dahin.

Glücklicherweise tat er es nicht. Stattdessen legte er eine Hand an meine Wange und zog mich zu sich. Ich gab dem nach und ließ mich in den Kuss sinken, bevor ich Zeit hatte, zu reflektieren, was ich hier gerade tat.

Schämen konnte ich mich auch später noch.

Beinahe ohne mein Zutun wanderten meine Finger in Damians Locken. Sie waren weich unter meinen Fingern, viel weicher, als ich sie in Erinnerung hatte. Für einen Moment ließ ich mich ganz fallen und mir entkam ein wohliges Seufzen, bis ich bemerkte, dass es gar nicht notwendig war, so viel zu schauspielern. Die Krankenschwester würde nun hoffentlich glauben, dass wir wirklich ein Paar und unsterblich ineinander verliebt waren.

Ich wollte mich langsam zurückziehen – so viel musste unsere Beobachterin nun auch nicht sehen. Aber Damians Hand lag noch auf meiner Taille und er ließ mich nicht los, sondern zog mich näher zu sich.

Obwohl die Situation eigentlich nichts Komisches hatte, musste ich lächeln, gab seinem Zug dann aber nach und fuhr mit dem Schauspiel fort. Denn das war es doch, was hier geschah. Ein Schauspiel und nichts anderes.

Meine Hand strich über seine Wange und ich spürte raue Bartstoppel an den Fingerspitzen und einige Kratzer, die er sicherlich von dem Unfall im Auto davongetragen hatte. Ein sanfter Funken an Wärme entzündete sich irgendwo tief in mir, wo ich ihn nicht einfach wieder zum Ersticken bringen konnte – und registrierte, dass ich es auch gar nicht wollte. Jedenfalls im Moment nicht.

Schließlich zog ich mich aber doch zurück. Ich hatte das vage Gefühl, dass das hier weiter führen konnte, als ich mich wagen wollte – vor allem in einem Krankenhaus mit einer Zuschauerin.

»Ich bin so froh, dass du noch lebst«, hauchte ich und zwang mir einige Tränen in die Augen. Ich fiel ihm um den Hals und brachte ein Schluchzen hervor. »Ich dachte schon, dass ich dich niemals wieder sehen würde.«

Eine seiner Hände lag auf meinem Rücken, die andere auf meinem Kopf, als er sich an mich zog. Er murmelte etwas Beruhigendes, das ich nicht verstehen konnte, auch wenn seine Stimme förmlich durch mich vibrierte.

»Ich lasse Sie kurz allein«, murmelte die Krankenschwester, offenbar peinlich berührt, und zog die Tür hinter sich zu.

Kaum ertönte das Klicken, als die Tür ins Schloss fiel, löste ich mich nicht nur aus der Umarmung, ich sprang zusätzlich noch einen Schritt zurück und konnte mich glücklicherweise auf meinen Beinen halten.

»Wir müssen hier weg«, sagte ich schnell und ignorierte Damians fragenden Blick. »Die Polizei ist auf dem Weg und wird Fragen stellen, die wir nicht beantworten wollen.«

Der kleine, fiese Funken, der sich in meinem Bauch entzündet hatte, brannte leider immer noch und drängte mich dazu, mich zurück in die Umarmung zu begeben, aus der ich mich gerade erst befreit hatte. Ich wollte wissen, wie es sich angefühlt hätte, wäre ich nicht zurückgetreten, hätte ich mich stattdessen fallen lassen und –

»Am besten jetzt«, sprach ich weiter und nicht nur, um mich von dem Gefühl abzulenken.

Damian sah mich weiterhin mit einem unverständigen Blick an. Offenbar hatte er nicht verstanden, dass alles nur Schauspiel war, oder vielleicht war seine Sauerstoffzufuhr im See doch zu lange unterbrochen gewesen.

Ich rollte mit den Augen und wedelte mit den Händen vor seinem Gesicht herum. »Hallo?«

Das endlich schien Wirkung zu zeigen, denn Damian blinzelte einige Male und setzte sich dann aufrechter hin. »Wohin willst du gehen?« Seine Stimme war rau und für einen Moment war ich fast etwas wie zufrieden, bis ich mich daran erinnerte, dass er wegen seines angeschlagenen Zustandes die Rauheit in der Stimme haben könnte.

»Weg«, sagte ich. »Erstmal weg und danach sehen wir weiter.«

Er nickte langsam. Dann richtete er sich auf. Nur ein kurzer Anflug von Schmerz durchzuckte sein Gesicht, ehe er seine Miene wieder in den Griff bekam und ganz der Mafiaboss war, den ich kennengelernt hatte.

Mein Blick zuckte durch den Raum. Wohin konnten wir gehen?

Vor der Tür stand die Krankenschwester, ihr konnte ich nicht erklären, warum wir plötzlich das Zimmer verlassen wollten.

Blieb eigentlich nur ...

»Das Fenster«, bestimmte Damian, der im gleichen Moment zu diesem Schluss gekommen war. Der einzige Ausweg, der blieb.

Ich hastete so schnell, wie mich meine wackeligen Beine trugen, zu dem Fenster und riss es auf. Glücklicherweise war kein Gitter davor und auch kein Sperrmechanismus hinderte mich daran, es weit zu öffnen.

Das Zimmer befand sich nur wenige Meter vom Boden entfernt im ersten Stock des Krankenhauses. Einmal in diesem ganzen Irrsinn hatten wir Glück – unter dem Fenster verlief ein schmaler Grünstreifen, der auf einen Parkplatz führte. Wir würden vor ungewollten Blicken verborgen sein und trotzdem schnell fliehen können.

»Ladies first«, sagte ich trocken und deutete in Richtung des Fensters. »Und brich dir keinen Fingernagel ab.«

Damian warf mir einen bösen Blick zu, trat dann aber ebenfalls an das Fenster. Er legte die Hände auf den Rahmen und sah nach unten. Aber für einen Moment rührte er sich nicht.

»Brauchst du Hilfe, Prinzessin?«, fragte ich und reichte ihm eine Hand. Normalerweise hätte ich mir einfach angesehen, was passierte, aber wir waren gerade dabei, aus dem Krankenhaus zu entkommen, nicht dabei, uns wieder zurück hinein zu manövrieren.

Damian rang länger als nur ein paar Sekunden mit sich, schließlich ergriff er aber tatsächlich meine Hand und ließ sich von mir stützen, während er über den Rahmen stieg und sich langsam ins Freie hinunterließ.

Ich hielt ihn so lange, wie ich konnte, aber das letzte Ende musste er trotzdem in das Gras springen. Er landete leichtfüßig, als wäre er nicht gerade frisch aus dem Krankenhausbett aufgestiegen. Offenbar hatte er seine Mafiaboss-Identität mittlerweile wiedergefunden.

Er sah zu mir nach oben, während ich noch überlegte, wie ich ein ähnliches Maß an Eleganz an den Tag legen konnte.

»Brauchst du Hilfe, Prinzessin?«, rief Damian. Allein das hätte beinahe gereicht, dass ich einfach einen Hechtsprung aus dem Fenster gemacht hätte.

Ich entschloss mich dann aber doch zu der vernünftigen Variante und ließ mich an dem Fensterrahmen nach unten sinken. Am Ende musste ich mich ebenfalls fallenlassen und landete ...

... direkt in Damians Armen. Die Wärme seiner Haut drang durch das dünne Krankenhaushemdchen, das ich am Leib trug, und mein Herz machte einen kleinen Hüpfer. Schnell schubste ich mich von ihm weg und damit aus seinen Armen.

»Was sollte das?«

Er antwortete nicht, sondern ging mit Schritten, die deutlich zielstrebiger waren als das, was ich gerade zustande gebracht hätte, in Richtung Parkplatz. Ich stolperte hinterher und versuchte ... weniger zu stolpern.

»Was für ein Auto hättest du gerne?«, fragte er und machte eine ausladende Bewegung zu den Autos. Ein schwarzer Jeep mit getönten Scheiben, ein weißer, tiefergelegter Sedan und ein rotes Cabrio.

Auf meinen Lippen zeichnete sich ein breites Grinsen ab. »Ich bin ein wenig enttäuscht, dass du überhaupt fragen musst.«

The Mafia King and the Ice Queenजहाँ कहानियाँ रहती हैं। अभी खोजें