33.

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Wir wurden von zwei Wachen begleitet. Sie nahmen die Vordersitze ein, Damian und ich saßen auf den Hintersitzen. Vor den Fenstern zog Tallahassees Nobelviertel an uns vorbei.

Damians Blick war starr nach vorne gerichtet, seine Augen so eisig, wie ich sie schon lange nicht mehr gesehen hatte. Jeder Muskel seines Körpers war angespannt.

Sowohl vor als auch hinter uns waren weitere von Marks Wagen eingereiht. Wenn wir es wagen sollten, aus unserem Wagen zu fliehen, setzten wir uns nicht nur dem Risiko aus, überrollt zu werden, wir konnten uns auch sicher sein, dass irgendjemand bremsen und uns einfangen würde. Es sei denn ... »Wenn wir warten, bis wir aus der Stadt draußen sind, sind wir vielleicht zu schnell, als dass sie sofort anhalten könnten.«

Damian zog eine Augenbraue hoch. »Das ist eine der lebensmüdesten Ideen, die du je hattest. Wenn wir dann aus dem Auto springen, werden wir überfahren und brechen uns alle Knochen. Dann wäre es mir doch lieber, erschossen zu werden.«

Ich schnitt eine Grimasse. »Ich würde mich auf dich fallen lassen.«

Damian schnaubte nur leise. »Wir könnten die beiden überwältigen«, flüsterte er dann und nickte mit dem Kinn zu den beiden Schergen. »Wir hätten das Überraschungsmoment auf unserer Seite.«

Ich rollte mit den Augen. »Ja, lass uns mit gefesselten Händen ein Auto lenken«, erwiderte ich. »Aber meine Ideen schlecht nennen.«

Einer der beiden Wachen warf uns im Rückspiegel einen Blick zu. So viel zum Überraschungsmoment.

»Wenn du eine bessere Idee hast, höre ich sie mir gerne an«, giftete Damian leise.

Ich biss mir auf die Unterlippe und senkte die Lautstärke noch weiter. »Wenn wir die Fesseln loswerden könnten, wäre deine Option wieder im Rennen.«

Natürlich erntete ich nur einen düsteren Blick. »Ja, grandios. Ich breche nur schnell diese Eisenringe auf und schon kann es losgehen.«

»Gibt es da nicht irgendwie einen Weg, wie du ...« Ich brach ab, als ich Damians Blick sah.

»Du willst, dass ich mir den Daumen breche.«

»Machen das Mafiosis in Filmen nicht immer so?«, verteidigte ich mich. »Irgendwas Wahres müssen die Leute in Hollywood doch über euch herausgefunden haben.«

Vor den Fenstern lichteten sich die Häuserreihen langsam. Bald würden wir die Stadt hinter uns gelassen haben.

»Brich du dir doch den Daumen«, konterte Damian.

»Das beantwortet meine Frage nicht.«

»Was ist aus ›Wir warten ab‹ und ›Es gibt andere Wege, das hier zu gewinnen‹ geworden?«

Ich stockte und murmelte dann: »Mein Vorschlag wäre ein anderer Weg.«

Damian stieß ein Schnauben aus, das uns einen weiteren Blick über den Rückspiegel einbrachte. »Das ist nicht hilfreich.«

»Du auch nicht«, hielt ich dagegen und konnte gerade noch so verhindern, dass meine Stimme laut wurde. »Wenn du wissen willst, was ich wirklich denke: Als ich das vorhin gesagt habe, bin ich davon ausgegangen, dass sie uns zumindest die Augen verbinden würden. Tun sie aber nicht, wir können genau sehen, wohin wir fahren. Also erwarten sie nicht, dass wir den Ort, an den sie uns bringen, wieder verlassen werden.«

»Und das hätte dir nicht auffallen können, als wir noch eine Chance hatten, zu entkommen?«

»Wann soll das gewesen sein?«, hielt ich dagegen. »Lass mich dir das beantworten: nie.«

Kurz verfielen wir in Schweigen. Damian war derjenige, der es brach. »Ich lasse mich nicht einfach so zum Schlachter führen.« Seine Stimme war gefährlich ruhig geworden. »Ich hätte nicht auf dich hören sollen. Wir hätten zumindest kämpfen können, zumindest versuchen können, uns zu widersetzen.«

Ich erwiderte nichts. Wenigstens hatte er nicht gesagt, dass er mir nicht hätte vertrauen sollen. Mittlerweile zogen Bäume an den Fenstern vorbei.

»Hast du eine Ahnung, wohin sie uns bringen? Warst du vielleicht schon einmal da?«

Ich bekam keine Antwort.

»Damian!«, fuhr ich ihn an. »Sprich mit mir!«

»Ich weiß, wie wir entkommen«, sagte er tonlos. »Hör zu, wir –«

»Sh!«, machte ich, als wir einen weiteren Blick von vorne kassierten.

Er nickte und beugte sich näher zu mir. Mühevoll zwang ich mein Herz dazu, normal weiterzuschlagen. Wie konnte es sein, dass mir selbst in dieser Situation noch auffiel, welche Hitze Damian ausstrahlte? Wie konnte es sein, dass selbst in dieser Situation noch der Drang in mir hochkam, ihn zu mir zu ziehen und nie wieder loszulassen?

»Okay«, sagte Damian dann leiser. »Wie sicher bist du dir, dass wir lebendig bei Mark ankommen werden?«

Ich schluckte. »Also ... er wäre schon sehr dämlich, wenn er uns erst gefangen nehmen würde, um uns auf dem Weg umzubringen. Dann hätte er es doch auch gleich zu Ende bringen können. Oder?«

Damian brummte etwas Unverständliches und fuhr dann lauter fort: »Wenn wir also lebendig dort ankommen sollen, ist es doch unsere beste Chance für eine Ablenkung, wenn wir die beiden da vorne glauben lassen, dass dieses Ziel in Gefahr ist.«

Hitze kroch in meine Wangen, aber ich ließ ihn weitersprechen.

»Ich trage für den allergrößten Notfall immer eine Zyankali-Kapsel bei mir«, flüsterte er. »Ich kann es einnehmen.«


The Mafia King and the Ice QueenWhere stories live. Discover now